Die Zwillingsschwestern
Polnik mit rauher Stimme.
»Aber so was wünscht man noch nicht einmal einem Hund!«
»Da
fanden wir ihre Handtasche.« Der Beamte zeigte auf eine etwa zwei Meter von der
Leiche entfernte Stelle. »Wollen Sie die Sache übernehmen?«
»Was
war darin?«
»Nicht
viel«, antwortete er. »Lippenstift, Kamm, Puderdose. Zehn Dollar achtzig in
bar. Ein Scheckheft, Sozialversicherungskarte, Kugelschreiber, Taschentuch —
das ist alles. Aber jemand hat ihre Handtasche noch vor uns durchsucht.«
»Sie
meinen, der Mörder?«
»Ich
glaube schon. Es sieht auch so aus, als hätte er die Leiche ebenfalls
durchsucht. Ihr Rock bedeckte ihr Gesicht, als wir sie fanden, und Sie können
selber sehen, daß ihre Bluse auf dem Rücken zerrissen ist. Er muß es sehr eilig
gehabt haben, um das zu finden, wonach er suchte. Vielleicht hat er es gar
nicht gefunden?«
»Vielleicht
war es einer von diesen Sexualverbrechern«, sagte Polnik.
»Das
wird uns der Arzt sagen können«, meinte ich. »War er schon hier?«
»Wir
erwarten ihn jede Minute, Leutnant«, sagte der erste Streifenbeamte. »Wir
riefen die Zentrale und die rief den Sheriff an. Sie bearbeiten doch auch den
Mordfall Davis, nicht wahr, Leutnant?«
»Ja«,
sagte ich.
»Und
das hier ist seine Frau?«
»Seine
geschiedene Frau«, sagte ich.
Er
schüttelte den Kopf. »Schlimm. Ich sehe es nicht gern, wenn eine Frau ermordet
wird. Besonders nicht auf diese Art.«
»Ja«,
sagte ich. »Vielen Dank — ich habe alles gesehen, was ich sehen wollte. Wir
werden nicht auf den Arzt warten, ich kann mir seinen Bericht später
durchlesen.«
»Wie
Sie meinen, Leutnant«, sagte der Streifenbeamte höflich.
Polnik
zwängte sich wieder in den Healy, und ich setzte mich hinters Steuer. Ich
beeilte mich ein bißchen auf dem Rückweg zum Park-Hotel, und Polnik
atmete auf, als wir vor dem Gebäude anhielten. Raschen Schrittes begab ich mich
ins Innere des Hotels, und Polnik holte mich erst ein, als ich dem
Geschäftsführer mitteilte, wer ich war, und ihm sagte, was sich ereignet hatte.
»Miss
Davis ermordet?« Sein fleischiges Gesicht begann zu zucken. »Sie war so nett,
eine richtige Dame.«
»Ja«,
sagte ich. »Ich möchte den Schlüssel zu ihrem Zimmer.«
»Sofort,
Leutnant.« Er griff hinter sich, nahm den Schlüssel vom Haken und reichte ihn
mir. Ich gab ihn an Polnik weiter und beauftragte ihn, das Zimmer zu
durchsuchen.
»Okay,
Leutnant«, sagte er mit forscher Stimme und trabte los. Kaum hatte er jedoch
sechs Schritte in Richtung auf die Treppe gemacht, als er plötzlich stehenblieb
und sich umdrehte. »Leutnant—«, sagte er mit dem Tonfall einer Entschuldigung,
»was suchen wir eigentlich?«
»Ich
weiß nicht«, antwortete ich. »Aber fangen Sie ruhig an. Ich komme in wenigen
Minuten nach und helfe Ihnen. Fallen Sie nur nicht aus dem Fenster, bis ich
komme.«
Nachdem
er auf der Treppe verschwunden war, konzentrierte ich mich wieder auf den
Geschäftsführer. »Wissen Sie, wann sie das Hotel verlassen hat?« fragte ich.
»Ja,
das weiß ich«, sagte er. »Ich befand mich gerade am Empfang. Dienstags bin ich
immer hier, weil an diesem Tag Joe, der Tagesportier, seinen freien Tag hat,
und ich...«
»Um
wieviel Uhr war das?«
»So
gegen halb zwei«, sagte er, »vielleicht zehn Minuten vor oder nach halb zwei.«
»Hatte
sie heute Besuch?«
»Ich
sah niemanden — außer Ihnen heute vormittag natürlich.«
»Ich
erinnere mich, hiergewesen zu sein«, sagte ich. »Hatte sie während der Zeit
ihres Aufenthaltes überhaupt Besuch bekommen?«
»Soweit
ich es weiß, nicht«, sagte er. »Aber vielleicht könnte Ihnen da Joe helfen—«
»Wenn
er hier wäre«, sagte ich. »Hat sie heute Telefonanrufe bekommen?«
»Das
kann ich Ihnen leider nicht sagen, Leutnant«, bedauerte er. »Wir haben keine
Zimmer mit Telefon. In jedem Stockwerk befindet sich ein öffentlicher
Fernsprecher.«
Ein
schwerfälliges Gepolter veranlaßte mich, mich urnzudrehen, gerade zur rechten
Zeit, um das rote Gesicht des die letzten Treppenstufen herunterstolpernden
Polnik zu sehen. »Haben Sie vergessen, weshalb Sie hinaufgingen?« herrschte ich
ihn an.
»Wir verschwenden
unsere Zeit, Leutnant«, keuchte er. »In dem Zimmer sieht’s saumäßig aus — jemand
hat es schon durchsucht.«
Der Tag
war eben verhext. Ich zündete eine Zigarette an und wandte mich ohne große
Hoffnung an den Geschäftsführer. »Hat irgend jemand nach Miss Davis gefragt?
Haben Sie irgendwelche Unbekannten durch die Halle gehen
Weitere Kostenlose Bücher