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Die Zwischenwelt (German Edition)

Die Zwischenwelt (German Edition)

Titel: Die Zwischenwelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filomena Nina Ribi
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wollte Christoph dort rauf. Tag 1: Aufstieg zur Mandara-Hütte auf 2.800 m. Tag 2: Aufstieg zur Horombo-Hütte auf 3.780 m. Tag 3: Aufstieg zur Kibo-Hütte? – Nein: Rückkehr für mich zur Mandara-Hütte …
    Schon beim Aufstieg zur Horombo-Hütte fühlte ich mich nicht wohl. Zuerst war ich noch von den Affen und dem Regenwald verzaubert. Als dieser aber verschwand und sich eine kahle Landschaft zeigte, war meine Begeisterung weg. Wenn man aufs Klo musste, konnte man wählen, hinter welchem 30 cm hohen Busch man das Geschäft erledigen wollte. Dabei war man aus zwei Kilometern Entfernung sichtbar – sehr entspannend. Dann bekam ich Kopfschmerzen, ganz andere als die normalen: Der pochende Schmerz war nicht wie üblich auf der Stirn oder hinter den Augen, sondern am Hinterkopf. Mein Hausarzt hatte mir ein Medikament mit auf die Reise gegeben, das eigentlich gegen Epilepsie war – nein, ich leide nicht daran, es wirkte auch gegen die Höhenkrankheit. Da ich jedoch misstrauisch wurde und der Meinung war, dass der Körper, wenn er „basta“ sagt, auch recht hat, habe ich es nicht eingenommen.
    Auf dem Weg hinauf begegneten uns zahlreiche absteigende Touristen. Sie waren ganz oben gewesen; viele waren blass und hatten erweiterte Pupillen. Die meisten sahen wahnsinnig und verwirrt aus und bei dem einzelnen schmalen Weg für Auf- und Abstieg konnte ich auch die afrikanischen Träger mit den Liegen nicht übersehen. Darauf lagen Wanderer, die sich liegend erbrachen. Manche waren angeschnallt worden, weil sie im Delirium versuchten, zu flüchten: Sie waren an der Höhenkrankheit erkrankt. „Pole pole“ (auf Deutsch: Langsam), empfahl Moses, unser afrikanischer Bergführer. Ja, vieles in diesem Land schien „pole pole“ zu gehen. Aber die Touristen, die waren nicht aus diesem Land und die wollten alle rauf auf den Kilimandscharo und zwar schnell – egal, was es kostete.
    „Gibt es hier manchmal Tote wegen der Höhenkrankheit?“, fragte ich Moses besorgt.
    „Nein, hier auf dem Berg stirb niemand. Hakuna matata.“
    „Aber die sehen schon ein wenig halbtot aus, die Leute auf den Liegen.“
    „Ja, das ist so. Auf dem Berg stirbt niemand, sie sterben dann später im Krankenhaus. Deswegen werden sie nicht als Kilimandscharo-Todesfälle registriert, das schadet dem Tourismus.“
    „Aha …“, erwiderte ich nur und schickte gleichzeitig einen bösen Blick zu Christoph, dessen Idee es gewesen war, auf den Kilimandscharo zu steigen.
    Bei der Horombo-Hütte angekommen war ein Tag Akklimatisation angesagt. Mir fielen die vielen Trageliegen auf, die vor dem Essraum deponiert waren. Das Programm war: In fünf Tagen rauf und runter, von 0 m auf fast 6.000 m und wieder zurück. Um sich zu akklimatisieren, braucht man jedoch viel länger, wie ich im Nachhinein herausfand. Aber das war eben das Programm, das vom Reisebüro angeboten wurde. In meiner damaligen Naivität hatte ich gedacht, dass das, was angeboten wurde, nicht schädlich sein könne. Ich war eben unerfahren.
    Die Hütten auf Horombo waren mikroskopisch. Geschlafen, oder besser gesagt gelegen, wurde auf etwa acht Quadratmetern zu viert. Einer davon schnarchte. Am Tag danach erzählten uns unsere zwei Mitbewohner, sie seien schon oben gewesen: Der eine habe seine Augen vor Kopfschmerzen nicht mehr öffnen können und der andere habe ihm jede Menge Aspirin in den Mund gesteckt. Manche Wanderer seien „oben“ nicht mehr fähig gewesen, alleine zu gehen und hätten sich an den Rucksack ihres Trägers geklammert. Sie hätten geröchelt, erbrochen und weitergeröchelt, seien aber immer noch fest entschlossen gewesen, aufzusteigen.
    Ich war immer weniger begeistert von dieser Reise, die anzutreten Christophs Idee gewesen war. Nach dem Frühstück, wo ich beim Kaffeetrinken die Aussicht genoss und leider wieder ein paar Halbtote sah, die auf den Liegen hinuntertransportiert wurden, war bei mir dann endgültig Ende mit lustig. Der Anstieg zur Kibo-Hütte war angesagt, aber mein Kopfweh war unerträglich geworden. Ich hatte zu wenig Blut, um den wenigen Sauerstoff in dieser Höhe zu meinen Organen transportieren zu können. Deswegen entschloss ich mich, wieder hinunterzusteigen, obwohl Moses meinte, nachdem ich bis dorthin gekommen sei, müsse ich jetzt auch weiter.
    „Mein Kopf klopft, ich gehe wieder runter! Christoph kann ja hinauf, wenn er will“, meinte ich.
    „Du musst mitkommen!“, hielt Moses dagegen. „Alle Touristen, die je mit mir auf Tour waren, haben

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