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Die Zwischenwelt (German Edition)

Die Zwischenwelt (German Edition)

Titel: Die Zwischenwelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filomena Nina Ribi
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Sommerabend, als ich wieder meine Runden auf dem Friedhof zog, dass ich plötzlich eine altbekannte Frau neben einem Grab mit wunderbaren rosaroten Lilien sah. Sie war soeben dabei, mit einer Wasserkanne den ausgehöhlten Stein, der sich auf dem Grab befand und als Vogelbad diente, mit Wasser wieder aufzufüllen. Anschließend goss sie die Blumen.
    „Das darf doch nicht wahr sein! Das ist ja Aurélie, Saras Mutter!“, schoss es mir durch den Kopf  – ein wenig magerer zwar, aber das war sie garantiert. Ich rannte zu ihr und begrüßte sie atemlos – sie war erstaunt.
    „Guten Tag. Kennen wir uns?“
    „Ja! Ich bin es, Laura – Saras Freundin!“, erwiderte ich aufgeregt.
    „Tut mir leid, aber ich kenne Sie nicht.“
    Enttäuscht gab ich es rasch auf, sie nach Sara zu fragen, da ich schon wusste, was kommen würde: Aurélie würde auch keine Ahnung haben, wer Sara war; es lohnte sich einfach nicht, auf diesem Thema herumzuhacken. Trotzdem versuchte ich, sie in ein Gespräch zu verwickeln – vielleicht …
    „Aber ich kenne Sie – Sie heißen Aurélie, oder?“
    Sie sah nun noch erstaunter aus. „Ja, das stimmt – aber wer sind Sie denn?“
    Als Sara noch existiert hatte, hatte ihre Mutter selbstständig einen Buchladen namens „Black Cat“ am Stadtrand geführt, sie war auf Esoterik spezialisiert. Dieses Geschäft gab es natürlich auch nicht mehr und Aurélie war im Telefonbuch unter dem Familiennamen, den ich in Erinnerung hatte, nicht mehr zu finden gewesen.
    „Ich heiße Laura. Ich glaube, wir haben uns schon einmal in einem Esoterik-Shop getroffen.“
    „Esoterik?“
    „Mmm … ja, in einem Buchladen“, erwiderte ich ziemlich verunsichert. Zum Glück wusste ich wenigstens ihren Vornamen. „Aurélie … also ich bringe Sie in Verbindung mit Büchern, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht.“
    Sie schien Mitleid mit mir zu haben. „Bücher … meinen Sie vielleicht die Bibliothek?“
    „Ja, das könnte auch sein – waren Sie oft dort?“
    „Vor ein paar Jahren ja: Ich recherchierte damals für ein Buch, das ich zum Thema ‚Seitensprung‘ schrieb. Ich bin Psychologin.“
    Darauf war ich nicht gefasst gewesen – sie führte keinen Buchladen mehr, sondern schrieb selber Bücher. Interessant! Ich war noch dabei, diese Information zu verarbeiten, als mein Blick von den wunderbaren Lilien angezogen wurde. Sie wuchsen vor dem kleinen Grab mit dem Vogelbad, dessen liegender Granitstein sich im Schatten von Bäumen befand. Darauf stand kein Name und es gab auch keine Fotografie wie sonst oft üblich, sondern es war nur ein Jahrgang in den Stein gemeißelt.
    „Ich bin übrigens Floristin“, erklärte ich „und solche schönen Lilien habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Für wen sind sie?“ Ich zeigte dabei auf das kleine Grab.
    Aurélies Gesichtsausdruck wurde traurig „Für mein ungeborenes Kind.“
    Vielleicht hatte auch Aurélie das Gefühl, mich schon lange zu kennen, denn sie erzählte mir ihre Geschichte. Sie war während ihres Psychologiestudiums schwanger geworden. Sie hatte das Kind behalten wollen, aber ihr Freund, ein Jura-Student, hatte das partout nicht gewollt und war der Meinung, das Kind würde seine zukünftige Karriere behindern. Es waren schon mehr als drei Monate vergangen, als er sie drängte, das Kind abzutreiben und im Glauben, dies sei die richtige Entscheidung willigte sie schließlich ein. Was ihr davon übrigblieb, war ein Trauma und der Mann verließ sie wenig später für eine andere.
    Als ich diese Geschichte hörte, konnte ich nur staunen. Sara hatte mir erzählt, dass ihr Vater sich aus dem Staub gemacht hätte, als ihre Mutter Aurélie zum zweiten Mal schwanger geworden sei. Aurélie sei es deshalb nicht mehr möglich gewesen, ihr angefangenes Studium zu Ende zu bringen. Das Datum auf dem Grabstein entsprach dem Geburtsjahr von Saras älterem Bruder.
    Es war nicht Sara, die verschwunden war, wurde mir plötzlich klar, sondern … ich selbst! Ich befand mich in einer Welt, in der Sara nie geboren worden war.

Novemberstürme
    A ls Fionas Vater Ernst zusammengesackt war, wusste er: „Jetzt ist es so weit“. Er wehrte sich nicht und plötzlich war alles schwarz. Er fühlte den Boden, die Kälte spürte er aber nicht. Sein Körper lag unbequem und in einer unnatürlichen Lage. Beim Versuch, den Arm oder ein Bein zu bewegen stellte er fest, dass dies nicht mehr möglich war. So lag er da, gelähmt und blind auf dem Küchenboden im Dunkeln. Es schien ihm

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