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Die Zwischenwelt (German Edition)

Die Zwischenwelt (German Edition)

Titel: Die Zwischenwelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filomena Nina Ribi
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Jahre später als ihre Rettung bezeichnen würde: Die ältere Dame mit Hut und in weißer Tunika, die schon in Fionas anderem Traum aufgetaucht war, tauchte wieder in Begleitung des Hundes am Horizont auf. Es sah so aus, als ob die Sonne von ihrem Rücken strahlen würde. Der Himmel war schwarz und trotzdem war die Sicht so gut wie bei Tageslicht. Zuerst schwebte die Gestalt in Fionas Richtung und wurde immer größer. Als sie noch etwa fünfzig Meter entfernt war, konnte Fiona sehen, dass sie gar nicht schwebte, sondern ging – ihre Tunika war so lang, dass nur die Fußspitzen sichtbar waren. Die ältere Dame war barfuß und man sah es den Zehen an, dass diese schon ein ganzes langes Leben lag gedient hatten. Ihre Hände hatten offensichtlich auch schon viel Arbeit erledigt. Sie schienen zufrieden dazuhängen, ganz entspannt, während sie ging. Die tiefen Falten in ihrem Gesicht deuteten auf einen zufriedenen Geist hin und die kleinen blauen Augen, die im Schatten des großen hellblauen Hutes blinzelten, strahlten Freude aus. Die alte Dame öffnete ihren Mund und eine sanfte Stimme wurde hörbar.
    „Es freut mich, dich zu treffen, Fiona, ich habe lange darauf gewartet. Mein Name ist Mona und meine kleine Freundin hier heißt Matilde, für Freunde Tilde. Wir werden deine Begleiterinnen sein hier in der Zwischenwelt.“ Sie lächelte und der kleine hellbraune Hund, der einem Reh mit großen schwarzen Augen glich, schwänzelte, als er seinen Namen hörte.
    Fiona war verblüfft. Zum ersten Mal in ihrem Leben war ihr, während sie träumte gleichzeitig bewusst, dass es ein Traum war. Und sie wusste, dass sie diesen Traum steuern konnte. Sie bemerkte, dass sie ihn bewusst erlebte, aber nicht nur das verblüffte sie. Verblüffend war auch die Tatsache, dass sie jemanden gefunden hatte, dem sie vertrauen konnte – jemanden, den sie irgendwie schon kannte.
    „Mona? Kennen wir uns denn schon?“
    Mona lächelte wieder. „Nein, wir kennen uns noch nicht.“ Dann hängte sie ihren Arm bei Fiona ein und fügte liebevoll hinzu: „Komm, gehen wir. Wir haben nur begrenzte Zeit zur Verfügung und du hast es bitter nötig.“
    Die Sonne stand tief am Horizont und war nun zu sehen. Fiona, Mona und der kleine Hund gingen zusammen in die andere Richtung, dorthin, wo es dunkel war. Irgendwann, Fiona schien es nach einer Ewigkeit, war es so dunkel, dass man gar nichts mehr erkennen konnte – sie sah nicht einmal mehr ihre eigenen Füße. Sie hörte die Wellen des Meeres, die nun nicht mehr so ruhig wie zuvor klangen und sie hörte das Knistern des nassen Sandes, wenn sie darauf trat. Trotz der Dunkelheit fühlte sie sich an Monas Arm wohl. Sie vertraute ihr. Sie wusste, dass sie nicht über Steine stolpern würde, weil es keine gab: Der Sand war fein und der Weg eben.
    Plötzlich blieb Mona stehen. „Halt!“
    Fiona erschrak. „Was ist los?“
    „Warte. Du wirst es sehen.“
    Fiona wartete, aber nichts geschah. Sie schaute in alle Richtungen und konnte nichts erkennen – alles war schwarz und das Meer klang jetzt sehr unruhig, als ob ein Unwetter sich anbahnte. Vom Ton her vermutete sie, dass die Wellen mindestens zwei Meter groß seien.
    „Schau“, sagte Mona ruhig.
    Zuerst sah Fiona nichts, aber dann wurde ein kleines flackerndes Licht immer deutlicher. Etwa zehn Meter vom Meer entfernt loderte ein winziges Feuer. Sie liefen dorthin. Als Fiona sich dem Licht näherte, erkannte sie eine kleine Gestalt, deren Rücken ihr zugekehrt war. Das kleine Wesen saß am Boden und schaute ins Feuer. Obwohl sie es nur von hinten sah, konnte sie feststellen, dass es sich um ein etwa fünfjähriges Mädchen handelte. Es hatte schwarze Haare, auf den Millimeter perfekt gerade geschnitten, und ihr helles Kleid war sehr schmutzig, als ob das Mädchen sich im Schlamm gewälzt hätte. Es sang ein bekanntes Kinderlied.
    „Hallo“, sagte Fiona zu dem Kind und war selbst überrascht, sich zu hören. Die kleine Gestalt drehte sich um, so dass Fiona nun ihr Gesicht sehen konnte.
    „Hallo Fiona“, erwiderte die kleine Fiona.
    Der erwachsenen Fiona stockte der Atem. Ihr Mund blieb offen und schien nicht mehr sprechen zu können. „So habe ich also ausgesehen, als ich ein Kind war“, dachte sie. „Irgendwie niedlich.“
    Mona stand zufrieden da und schaute amüsiert zu, wie die erwachsene Fiona und die kleine Fiona reagierten, als sie sich zum ersten Mal trafen. Das Kind schien nicht allzu sehr überrascht zu sein und verhielt sich, als ob alles

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