Die Zwischenwelt (German Edition)
normal sei.
Mona schaute der erwachsenen Fiona tief in die Augen. „Setz dich doch neben die Kleine. Sie hat sehr gelitten und braucht dich jetzt dringend!“
Fiona wollte nicht: „Ich hasse Kinder!“
Aber irgendwie schien sie ihr Verhalten nicht unter Kontrolle zu haben, denn sie setzte sich trotzdem sofort neben die Kleine.
Mona blieb hinter den beiden stehen „Und jetzt sagst du der kleinen Fiona folgende Worte“, verlangte sie. „Kleine Fiona, du hast sehr gelitten. Du musst dir aber jetzt keine Sorgen mehr machen, denn ich liebe dich sehr. Du bist es wert, geliebt zu werden und ich werde für dich sorgen …“
„Ich kann das nicht“, protestierte die erwachsene Fiona.
Das Kind ignorierte die beiden Frauen, es starrte nur ins Feuer und summte vor sich hin.
„Sicher kannst du das“, meinte Mona. „Das bist ja du selbst als Kind. Siehst du nicht, wie traurig die Kleine ist? Sie ist von ihrem Vater verlassen worden. Sie ist alleine gelassen worden, auch von dir.“
Matilde, der kleine Hund, setzte sich an die Füße des kleinen Mädchens, das sich jetzt zu Wort meldete, ohne jedoch den Blick vom Feuer zu wenden. „Mein Vater hat mich nie wirklich geliebt, er hat mich abgelehnt. Ich war nie gut genug. Ich habe ihn enttäuscht.“ Bei diesen Worten tropften Tränen in den Sand.
Fiona konnte die Kleine jetzt nicht mehr ignorieren, sie musste antworten. „Es war ihm nicht möglich, dir seine Liebe zu zeigen“, sagte sie, „das kann ich nicht ändern. Aber dafür liebe ich dich und ich werde für dich sorgen. Ich werde dafür sorgen, dass du ab jetzt Geborgenheit und Sicherheit findest, ich verspreche es dir.“ Die kleine Fiona war so berührt, dass sie anfing, zu schluchzen. Fiona legte ihren Arm um die Schultern der Kleinen. „Schau mal in den Himmel – siehst du die vielen Sterne?“
„Ja“, antwortete das Kind.
„Ich glaube, da oben lebt ein noch größerer Vater als den, den wir hatten. Was meinst du?“
„Oh, ja! Das wäre wunderbar!“ Ein Lächeln machte sich im Gesicht des Kindes breit.
„Und weißt du, der Vater da oben wäre immer da.“ Nach einer kleinen Pause fügte sie hinzu: „Ist es in Ordnung, wenn ich dich in den Arm nehme?“
„Ja.“
Mona schaute zufrieden zu, wie sich Fiona und das Kind umarmten. Dies war der Beginn einer lange ersehnten Versöhnung.
Novemberstürme Teil 2
E rnst vermutete, dass er sich im All befand. Er hatte eine Beschleunigung gespürt, ähnlich wie beim Abflug eines Flugzeuges. Es war stockfinster und er sah nichts, nicht einmal seinen Körper.
„Verflucht! Es gibt also doch etwas nach dem Tod!“, kreisten seine Gedanken. Seine Tochter Fiona hatte sich schon oft mit ihm über dieses Thema unterhalten wollen, aber er hatte das nie gemocht. Er war der Meinung gewesen, dass es nach dem Tod nichts gebe, gar nichts. Danach wäre alles zu Ende, hatte er gedacht, schwarz, nichts, finito. Fiona hatte damals, als er auf der Intensivstation wieder ansprechbar gewesen war, argumentiert, es schade nicht, zu glauben, dass es doch etwas gäbe – dann hätte man wenigstens Hoffnung.
„Welche Hoffnung?“, hatte Ernst skeptisch gefragt.
„Na, die Hoffnung, dass man sich vielleicht wiedersieht“, hatte Fiona geantwortet, „dass der Tod kein Abschied für immer ist, sondern nur für eine bestimmte Zeit. Mit dieser Hoffnung verliert der Tod an Bedeutung und man fürchtet sich nicht mehr so sehr davor. Und sollte es so sein, dass es danach wirklich gar nichts mehr gibt, dann hatte man wenigstens ein Leben ohne Angst und danach wäre es dann sowieso zu spät, die Hoffnung aufzugeben, weil man ja nicht mehr existieren würde. Dann würde es sowieso keine Rolle mehr spielen.“
„Ich glaube nicht, dass es danach etwas gibt. Nein, ich bin davon überzeugt, dass es danach nichts gibt!“, hatte Ernst beharrt.
„Das ist aber eine schlechte Einstellung: Wenn es doch etwas gäbe, dann hättest du dein ganzes Leben falsch gelebt und dich gefürchtet.“
„So, mir reicht’s jetzt“, hatte Ernst abschließend gewettert. „Ich will nicht über solch ein blödes Thema sprechen.“
Fiona hatte ihn traurig angesehen. Sie hatte gewusst, dass er panische Angst vor dem Tod hatte. Als er im Koma gelegen hatte, hatte sie an seinem Bett gesessen und das erste Mal in ihrem Leben seine Hand gehalten. Er war nie der Schmuse-Typ gewesen, er hatte sie nie in die Arme genommen. Sie hatte in sein Ohr geflüstert: „Es gibt etwas nach dem Tod. Gott
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