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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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ich glaube nicht, dass Olson einfach nur wirr dahergeredet hat. Ich bin in Kerrville in die Bibliothek gegangen und habe Bücher gewälzt. Da stand, es sei ein archaischer Begriff, und auch das musste ich nachschlagen: Es bedeutet im Grunde nur ›alt‹. In alten Zeiten waren diese Vertrauten so was wie Hilfsdämonen. Wie die Katze einer Hexe. Assistenten, sozusagen. Vielleicht war es das, wovon Olson geredet hat.«
    Peter nahm sich ein paar Sekunden Zeit, um das alles zu verarbeiten. » Du willst also sagen, Ignacio war Martínez’… Vertrauter.«
    Alicia zuckte die Achseln. » Okay, es ist eine Vermutung. Ich schustere das alles irgendwie zusammen. Aber noch etwas muss man berücksichtigen, nämlich das Signal. Ignacio hatte einen Chip im Nacken, genau wie Amy und die Zwölf. Das heißt, er hat etwas mit Projekt NOAH zu tun. Er war am Anfang dabei, auf diesem Berg vor siebenundneunzig Jahren.«
    » Hast du Apgar irgendetwas davon erzählt?«
    Sie schüttelte den Kopf. » Bist du verrückt? Ich hab so schon genug Ärger.«
    Daran hatte Peter keinen Zweifel, und er bezweifelte ebenso wenig, dass jeder Vorwurf, den man ihr wegen des gescheiterten Stoßtruppunternehmens in der Höhle gemacht hatte, auch auf ihn zukam.
    Alicia stand auf. » Wie auch immer– wenn ich aus Odessa zurückkomme, wissen wir mehr. Im Moment ist es sinnlos, sich den Kopf zu zerbrechen. Ich weiß, du hältst dich für unentbehrlich, aber ein paar Tage kommen wir auch ohne dich zurecht.«
    » Ich fühle mich nicht besser, wenn du so etwas sagst.«
    Sie lächelte. » Erwarte nur nicht, dass ich noch mal wiederkomme, um dich zu füttern, Lieutenant. Das gibt’s nur einmal.«
    Als sie zur Tür ging, sagte Peter: » Lish, warte einen Moment.«
    Sie drehte sich um und sah ihn an.
    » Was Ignacio da gesagt hat. ›Er hat uns verlassen.‹« Alicia wartete. » Was glaubst du, was soll das bedeuten?«
    » Darauf weiß ich keine Antwort. Ich weiß nur, er hätte da sein müssen.«
    » Was glaubst du, wo er hingegangen ist?«
    Sie antwortete nicht sofort. Etwas wie ein Schatten glitt über ihr Gesicht, etwas Dunkleres, das von innen kam. Peter hatte es noch nie gesehen. Selbst in höchster Gefahr war sie immer völlig gefasst. Sie war eine Frau, die sich hundertprozentig konzentrieren konnte und der vorliegenden Aufgabe immer ihre ganze Aufmerksamkeit widmete. Das hier war etwas Ähnliches, aber die Energie war eine andere. Sie schien aus größerer Tiefe zu kommen.
    » Ich wünschte, ich wüsste es«, sagte sie und schob sich die Brille wieder auf die Nase. » Glaub mir.«
    Dann war sie weg, und die Zeltklappe wehte im Luftzug. Peter spürte sofort, wie sie ihm fehlte. Das ging ihm immer so. Es stimmte: Immer verließen sie einander.
    Peter sah sie nicht noch einmal. Sechs Tage später wurde er entlassen. Bis die gebrochenen Rippen geheilt wären, würde noch einige Zeit vergehen, und er würde sich ein paar Wochen zurückhalten müssen, aber zumindest war er nicht mehr ans Bett gefesselt. Als er die Garnison durchquerte, um sich zum Dienst zu melden, wurde sein Schritt beschwingt. Das Gefühl erinnerte ihn daran, wie er als Junge vor vielen Jahren einmal hohes Fieber gehabt hatte und wie, als das Fieber vorbei war, selbst die gewöhnlichsten Dinge von einer frischen Lebendigkeit erfüllt gewesen waren, nur weil er wieder auf den Beinen und unterwegs sein durfte.
    Doch noch etwas war verändert; das spürte Peter. Alles erschien normal– die Soldaten auf den Befestigungen, das Dröhnen der Generatoren, die geordneten militärischen Aktivitäten ringsumher–, und zugleich hatte sich etwas verschoben. Die Intensität des Ganzen hatte merklich nachgelassen.
    Als er das Kommandozelt betrat, stand Apgar hinter seinem verschrammten Stahlschreibtisch und betrachtete stirnrunzelnd einen Stapel Papier.
    » Jaxon. Ich habe Sie erst in ungefähr zwei Tagen erwartet. Wie geht es Ihnen?«
    Die Frage war ungewöhnlich persönlich, fand Peter. » Gut, Sir. Danke, dass Sie nachfragen.«
    » Setzen Sie sich, ja?«
    Eine Zeitlang fuhr Apgar fort, seine Papiere zu sortieren. Der Colonel war nicht groß– Peter überragte ihn um mindestens zwei Handbreit–, aber er besaß eine kraftvolle körperliche Präsenz. Seine Bewegungen waren präzise und sparsam. Nach einer Weile, es waren vielleicht zwei volle Minuten, hatte er seine Unterlagen in eine zufriedenstellende Ordnung gebracht. Er ließ sich auf seinen Stuhl sinken und schaute Peter über den Schreibtisch hinweg

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