Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)
wider. Das Tor hob sich, um sie durchzulassen, und drei Sekunden später hielt der Wagen an.
Sie waren in einem weiten, leeren Raum, fünfzehn Meter im Quadrat. Unter der Decke hing ein Labyrinth von Rohrleitungen. Alicia spähte nach vorn und zählte sieben Männer. Fünf waren mit Gewehren bewaffnet, die beiden anderen trugen schwere Kanister mit langen, stählernen Lanzen auf dem Rücken. Am anderen Ende des Raumes war wieder eine Tür, aber sie war anders als die vorigen: eine schwere Stahlkonstruktion mit dicken Querstäben in einem Rahmen.
Einer der Männer kam mit einem Clipboard auf den Transporter zugeschlendert. Alicia drückte sich so flach auf das Dach, wie sie nur konnte.
» Wo hast du gesteckt?«
» Was redest du? Ich bin doch pünktlich.«
» Nein, bist du nicht. Wie viele hast du?«
» Wie immer.«
» Sollen wir sie als Gruppe behandeln?«
» Was weiß ich? Was steht in der Order?«
Papier raschelte. » Gar nichts«, sagte der zweite Mann nach ein paar Augenblicken. » Als Gruppe, nehme ich an. Sie brauchen Bewegung.«
» Werden noch Wetten angenommen?«
» Wenn du willst.«
» Dann nehm ich sieben Sekunden.«
» Sieben hat Sod schon. Du musst dir was anderes aussuchen.«
» Na, dann sechs.« Die Fahrertür öffnete sich quietschend, und Alicia hörte, wie Sohlen auf dem Zementboden landeten. » Kühe finde ich besser. Dauert länger.«
» Du bist ein krankes Arschloch, weißt du das?« Es war einen Moment lang still. » Aber du hast schon recht. Es ist ziemlich cool.« Er lenkte seine Stimme in eine andere Richtung. » Okay, Leute. Showtime! Licht aus!«
Mit einem dumpfen Laut erlosch das Licht, und stattdessen kam ein zwielichtblaues Leuchten aus vergitterten Glühlampen unter der Decke. Die Männer wichen vor der Tür am anderen Ende zurück. Es war keine Frage mehr, was sich dahinter befand. Alicia spürte es in den Knochen. Irgendetwas im Getriebe knirschte, als ein Stahltor von der Decke heruntersank. Die Männer mit den Rucksackkanistern gingen vor dem Tor in Position. An den Spitzen ihrer Lanzen tanzten Zündflammen. Der Fahrer ging zum Heck seines Wagens und öffnete die Tür.
» Los, raus mit euch.«
» Bitte«, flehte eine Männerstimme. » Ihr müsst das doch nicht tun! Ihr seid nicht wie sie!«
» Ist schon okay, es ist nicht das, was ihr denkt. Jetzt sei ein braver Junge.«
» Wir haben nichts getan!« Das war eine Frau. » Ich bin erst achtunddreißig!«
» Wirklich? Ich hätte geschworen, du bist älter.« Es klickte, als ein Revolver gespannt wurde. » Ihr alle, bewegt euch.«
Nacheinander wurden sie aus dem Wagen gezogen, sechs Männer und vier Frauen mit Ketten an Hand- und Fußgelenken. Sie schluchzten und bettelten um ihr Leben. Ein paar konnten kaum stehen. Zwei Männer hielten ihre Gewehre auf sie gerichtet, und der Fahrer ging mit einem Schlüsselbund zwischen ihnen umher und schloss die Ketten auf.
» Wieso schließt du sie los?«, fragte einer der Wachen.
» Bitte tut das nicht!«, weinte eine Frau. » Ich flehe euch an! Ich habe Kinder!«
Der Fahrer schlug dem Mann, der gesprochen hatte, mit dem Handrücken ins Gesicht und stieß ihn damit auf die Knie. » Hab ich nicht gesagt, ihr sollt die Klappe halten?« Er hielt ein Paar Handschellen hoch. » Willst du die Dinger nachher sauber machen? Ich bestimmt nicht.«
» Ich verstehe.«
Keinen Kontakt mit den Bewohnern, ermahnte Alicia sich. Keinen Kontakt mit den Bewohnern. Keinen Kontakt mit den Bewohnern.
» Sod?«, rief der Fahrer. » Sind wir so weit da drüben?«
Ein Mann mit einem Schweinsgesicht stand abseits vor einem Steuerpult. Er legte einen Hebel um, und ein leichter Ruck ging durch das Tor. » Moment, da klemmt was.«
Keinen Kontakt, keinen Kontakt, keinen Kontakt.
» So, jetzt läuft’s.«
Zum Teufel damit.
Alicia rollte sich vom Dach herunter und stand plötzlich vor dem Fahrer. » Hi.«
» Was… verdammt?«
Sie zog das Messer und schob ihm die Klinge unter die Rippen. Scharf ausatmend taumelte er rückwärts.
» Ihr alle!«, schrie Alicia. » Auf den Boden!«
Sie riss den Browning aus dem Holster und bewegte sich vorwärts in den Raum hinein. Sie wölbte beide Hände um die Waffe und feuerte methodisch. Die Wachen waren so verdattert, dass sie gar nicht reagierten. Sie schaltete sie nacheinander aus. Rostrot sprühte das Blut. In den Kopf. Ins Herz. Noch einmal in den Kopf. Die Gefangenen hinter ihr waren in wildes Geschrei ausgebrochen. Sie war hochkonzentriert, ihr Kopf
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