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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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einen seltsamen Blick zu. » Warum nicht?«
    Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als ein zweiter, noch lauterer Jubel losbrach. Peter blickte auf und sah, wie ein Gabelstapler eine Stahlkiste in die Halle fuhr. Von der anderen Seite kam mit mannhaft breitbeinigem Gang eine Gestalt herein: Dunk. Er trug schwere Schutzpolster und hatte einen Spieß in der Hand. Die Maske der Säuberungstrupps saß oben auf seinem Kopf über dem tätowierten Gesicht. Er stieß die rechte Faust in einer pumpenden Bewegung in die Luft, was auf den Tribünen ein rasendes Getrampel hervorrief. Eine Tür am Käfig hatte sich geöffnet, um den Gabelstapler einfahren zu lassen. Der Fahrer senkte die Kiste in der Mitte auf den Boden und setzte zurück, und ein zweiter Mann hakte die Kette an die Verriegelung. Als er hinausgegangen war, ging Dunk hinein und zog sich die Schutzmaske vor das Gesicht. Die Tür wurde hinter ihm verschlossen.
    Es wurde still. Tifty, der neben Peter saß, stand auf. Er hielt ein Megafon in der Hand. Er räusperte sich und wandte sich an die Menge. » Erhebt euch für die Nationalhymne!«
    Alles rappelte sich hoch. Sie legten die Hände auf ihr Herz und fingen an zu singen.
    Oh say can you see, by the dawn’s early light
    What so proudly we hailed, by the twilight’s last gleaming?
    Whose broad stripes and bright stars, through the perilous fight,
    O’er the ramparts we watched were so gallantly streaming?
    Auch Peter war aufgestanden, aber er hatte Mühe, sich an den Text zu erinnern. Es war ein Lied aus alten Zeiten– aus der Zeit Davor. Die Lehrerin hatte es ihnen in der Zuflucht beigebracht. Die Melodie war schwierig, sein kindliches Ich hatte den Sinn der Worte nicht ergründen können, und so hatte er es nie richtig gelernt. Er warf einen Blick zu Michael hinüber, der die Brauen hochzog, genauso überrascht wie er.
    Der letzte schrille Ton verklang in einer Explosion von Jubelrufen. Aus dem akustischen Chaos löste sich ein Refrain im Takt des dröhnenden Getrampels: Dunk, Dunk, Dunk, Dunk … Tifty ließ es eine Weile hingehen, dann hob er die Hand und befahl Ruhe. Er wandte sich dem Käfig zu.
    » Dunk Withers, bist du bereit?«
    » Ich bin bereit, Tifty!«
    » Dann… startet die Uhr!«
    Ein Pandämonium brach los. Eine Sirene ertönte, und die Kette wurde hochgezogen. Einen Moment lang passierte gar nichts. Dann sprang ein Dopey aus der Kiste und wieselte mit schnellen, insektenhaften Bewegungen am Gitter des Käfigs hoch wie eine Kakerlake, die an der Wand hinaufläuft. Vielleicht suchte er einen Ausweg, vielleicht auch einen guten Punkt zum Angreifen. Peter konnte es nicht erkennen. Die Zuschauer hielten nichts von diesem Manöver. Der Jubel verwandelte sich sofort in Buhrufe und Pfiffe. Oben angekommen, hakte der Dopey die Füße um einen der Gitterstäbe, entrollte seinen Körper, sodass der Kopf nach unten deutete, und breitete die Arme aus. Dunk stand unter ihm, schwenkte mit unverständlichem Hohngeschrei den Spieß und forderte die Kreatur heraus, sich fallen zu lassen. Fleisch!, sangen die Zuschauer und klatschten im Takt. Fleisch! Fleisch! Fleisch!
    Der Dopey wirkte desorientiert, fast benommen. Sein ausdrucksloses Gesicht schaute planlos in der Halle umher, als habe der lärmende Aufruhr einen Kurzschluss in seinen Instinkten verursacht. Seine Gesichtszüge sahen zerlaufen aus, als habe eine starke Säure die menschlichen Eigenheiten aufgelöst. Er blieb so hängen, fünf Sekunden lang, dann zehn.
    Fleisch! Fleisch! Fleisch! Fleisch!
    » Schon gut«, knurrte Tifty. Er stand auf und griff zum Megafon. » Werft das Fleisch hinein!«
    Dicke, blutgetränkte Klumpen wurden von außen in den Käfig geworfen und landeten mit schmierigem Klatschen auf dem Boden. Mehr war nicht nötig. Der Viral ließ los und stürzte sich auf den nächstbesten Brocken. Es war der obere Teil eines Rinderbeins: Der Dopey raffte ihn vom Boden auf, brach den Knochen entzwei und drückte die Schnauze in die schleimigen Falten. Es sah aus, als atme er die Flüssigkeiten darin ein, statt sie zu trinken. Nach zwei Sekunden war er fertig und schleuderte das ausgesaugte Fleisch von sich.
    Dann drehte er sich zu Dunk um. Jetzt erst nahm er den Mann richtig wahr. Er ließ sich in die Hocke sinken und balancierte auf den Greifzehen und den großen gespreizten Klauen. Das vielsagende Schräglegen des Kopfes, der Augenblick des Taxierens.
    Dann griff er an.
    Mit ausgestreckten Armen schoss der Viral auf ihn zu, die Klauenhände

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