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Die Zwölf Türme (German Edition)

Die Zwölf Türme (German Edition)

Titel: Die Zwölf Türme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz R. Friedhoff
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Teil der Rückwand wurde von einem steingefassten Kamin eingenommen, worin ein wärmendes, aber leider auch ziemlich qualmendes Feuer brannte.
    An einem der Tische nahe des Kamins saß ein schlanker, bärtiger Mann, der im Augenblick die ungeteilte Aufmerksamkeit der anderen Gäste genoss, obwohl ihm anzumerken war, dass er eigentlich keinen besonderen Wert darauf legte. Nicht, dass es irgendetwas Auffälliges an seiner Erscheinung gegeben hätte, denn er unterschied sich kaum von den anderen Gästen, wenn man von dem schmalklingigen Schwert und dem langen Jagdmesser an seiner Hüfte absah. Er trug eine Hose aus blauem, segeltuchähnlichem Stoff, die in kniehohen Stiefeln aus braunem Leder steckte, ein cremefarbenes Leinenhemd, darüber ein graues Lederwams und über die Lehne seines Stuhles hatte er einen Umhang aus schwerem, nachtschwarzen Stoff gelegt. Sein Gesicht war schmal, umrahmt von einem kurz geschnittenen Bart, mit einer etwas zu groß wirkenden Nase, einer hohen Stirn und Augen, die immer müde und traurig zu blicken schienen, selbst wenn sich ein Lächeln in seinem Gesicht zeigte. Um seine Mundwinkel lag ein Zug von Bitterkeit, als hätte er das Universum geschmeckt und diesen Geschmack als abstoßend empfunden.
    Diesen Mann kannte man in ganzen Land Rakanor und es hieß, dass er selbst in Atalan kein Unbekannter war. Manche Leute glaubten, dass er ein Magier sei, obgleich er niemals etwas getan hatte, was Grund zu diesem Gerücht gegeben hätte. Man nannte ihn Shalid - den "Weltenwanderer" und man schätzte ihn als einen Mann, der in der Welt und sonst wo herumkam und vieles zu berichten wusste.
    Es gab allerdings auch Leute, die behaupteten, dass Shalid nicht auf der Nimmerwelt geboren worden und auch kein richtiger Mensch sei. Manche meinten, dass er zwischen den Welten des Multiversums in verschiedenen Existenzebenen hin und her zu reisen vermochte. Diesem Gerücht verdankte er auch seinen Beinamen und viele sahen es als die einzige Erklärung für sein geheimnisvolles Kommen und Gehen im Lande Rakanor. Tatsächlich war es so, dass er die Leute oftmals mit abenteuerlichen Geschichten aus fremden Welten zu unterhalten pflegte, die er selbst jedoch als reine Gebilde seiner Fantasie bezeichnete. Aber der "Weltenwanderer" wusste auch sehr vieles über die Vergangenheit der Nimmerwelt, die jetzt auch CRANTORIA genannt wurde.
    Das meiste Wissen aus der Zeit vor und während des großen Krieges war verlorengegangen, als Crantors goldene Riesen und die dämonischen Kreaturen diese Welt überrannt hatten und nur Rakanor, das letzte freie Menschenland, dieser Vernichtungswelle standgehalten hatte. Außerdem war Rakanor seit mehr als hundert Jahren fast völlig von der übrigen Welt abgeschnitten, so dass die Menschen immer begierig auf Neuigkeiten aus der Außenwelt und auch auf Wissenswertes aus der Zeit vor dem großen Krieg waren. Und so war es nicht weiter verwunderlich, dass Shalid immer wieder neue Zuhörer fand, wenn er sich in Rakanor aufhielt und sich bereitfand, die Leute mit seinen Geschichten zu unterhalten.
    Gisebart, seines Zeichens Wirt der ALTEN STUBE, ein Mann mit einem fast zum Nabel reichenden Bart und langen Haaren, die ihm bis auf die Schulterblätter herab fielen, schlurfte gemächlich heran und brachte Shalid eine große Tasse mit einem heißen Getränk, das man hierzulande "Cahvi" nannte.
    Während er die dampfende Tasse auf den Tisch stellte, sprach er freundlich: "Seid mir gegrüßt, Shalid. Ihr seid schon lange nicht mehr mein Gast gewesen. Wenn ich mich recht entsinne, sind schon wieder vier volle Monde vergangen, seit man Euch zuletzt hier in Parva gesehen hat. Habt Ihr uns Neuigkeiten von jenseits des Grenzwalles mitgebracht?"
    "Seid ebenfalls gegrüßt, werter Gisebart", antwortete Shalid und meinte schmunzelnd: "Ich sehe, dass Euer Haar seit meinem letzten Besuch wieder ein ganzes Stück länger geworden ist. Ihr solltet es ein wenig stutzen lassen, sonst wissen Eure Gäste bald nicht mehr, wo sich Euer Gesicht befindet. Außerdem könnte Euch die Stadtwache leicht für einen Wegelagerer halten, der sich in die Stadt hineingeschlichen hat."
    Während einige der Gäste daraufhin in schallendes Gelächter ausbrachen, fuhr Shalid fort: "Aber um Eure Frage zu beantworten - ich habe eigentlich nichts Neues zu berichten. Im Schattenland treiben die Horden der Bestien noch immer ihr Unwesen und verseuchen die Erde mit ihrem giftigen Kot. Die schwarzen Sümpfe breiten sich immer weiter

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