Die Zwölf Türme (German Edition)
gleichstark waren, so auf jeden Fall auch die Klingen, die einen eigenen Willen hatten, obwohl sie den Befehlen ihrer Besitzer durchaus gehorchten.
Das Klirren von Stahl auf Stahl wurde zu einem wilden, metallischen Gesang der Schwerter. Ein vibrierendes Jubellied, als freuten sich die beiden Waffen darüber, endlich gegeneinander kämpfen zu können. Und so fochten die beiden Giganten auf dem schneebedeckten Gipfel des Berges in einem erbarmungslosen Duell, während zu ihren Füßen eine Welt in einem Meer aus Blut und Flammen unterging...
Außerhalb ihrer eigentlichen hohen Wehrmauern und Türmen war Kadrapor von zwei Verteidigungsringen aus Erdwällen, Gräben, Fallgruben und Palisaden umgeben. Die Befestigungen stammten noch aus der Zeit vor der Errichtung des Grenzwalles und waren seither immer wieder ausgebessert worden, da sie einen zusätzlichen Schutz für die Stadt darstellten. Nun zeigte sich, dass man gut daran getan hatte, diese Befestigungen in gutem Zustand zu halten, denn jetzt bot der Grenzwall keinen Schutz mehr.
Die Städte Parva und Maruna, die erst viel später gebaut worden waren, besaßen keine solchen äußeren Verteidigungsringe und das war auch einer der Gründe, welche König Lugaid dazu bewogen hatten, alle ihre Bewohner nach Kadrapor zu evakuieren, denn nur die stark befestigte Königsstadt war in der Lage, einer längeren Belagerung standzuhalten, wenn es genug Bewaffnete gab, mit denen die Befestigungen besetzt werden konnten.
Inzwischen waren sämtliche Bürger aus Maruna in Kadrapor eingetroffen und wurden jetzt notdürftig in der Stadt untergebracht.
Claudina, die Gräfin von Maruna und Paulus, der Hauptmann ihrer Stadtsoldaten, hatten den Flüchtlingstreck südlich um die zwischen Kadrapor und Maruna liegenden Mittelberge herumgeführt, wo sie von jeglichen Überfällen verschont geblieben waren, denn in dieses Gebiet waren noch keine Horden aus dem Schattenland vorgedrungen, wenn man von vereinzelten Schwärmen der Geflügelten absah.
Unterwegs hatte sich aus Leute aus den Küstensiedlungen und mehrere Hundertschaften der Grenzlegion vom südlichen Teil des Walles dem Treck angeschlossen.
Von einem der Fischer, die an der Südküste ansässig waren, erfuhr Claudina eine bedrohlich erscheinende Neuigkeit.
Kaum in Kadrapor eingetroffen eilte sie mit dem Fischer in den Königspalast, damit Lugaid die Neuigkeit sofort erfuhr. Indessen begann Hauptmann Paulus mit der Verteilung der Leute in die vorbereiteten Notunterkünfte.
Als die blonde, gut aussehende Frau in Begleitung des Fischers den Beratungsraum des Königs betrat, konnte Lugaid schon an ihrer ersten Miene erkennen, dass sie schlechte Neuigkeiten mitgebracht hatte.
"Ich freue mich, Euch wohlbehalten zu sehen", begrüßte er sie, "aber ich sehe Euch an, dass Ihr mir schlechte Nachrichten bringt. Seid Ihr auf dem Wege bereits überfallen worden?"
"Nein", antwortete Claudina, "alle Bewohner von Maruna und auch die Leute aus den Küstendörfern sind unbeschadet hier angekommen. Südlich der Mittelberge sind die Wege noch sicher genug. Jedoch nicht mehr lange, denn es ist eine weitere, nicht minder große Gefahr aufgetaucht, von der Euch dieser Mann zu berichten weiß."
"Seid auch Ihr gegrüßt, guter Mann", wandte sich der König dem Fischer zu, "auch wenn Ihr nichts Gutes bringen scheint. Doch sagte mir, welch neues Unheil sich nun zu allem Überfluss noch über unseren Köpfen zusammenbraut."
"Ich sah eine große Flotte von den mächtigen Schiffen aus Atalan", sprach der Mann, "Und dann konnte ich aus der Ferne beobachten, wie eine Armee der goldenen Riesenkrieger südwestlich von hier an Land ging, um dort ein befestigtes Lager aufzuschlagen."
Entsetzen malte sich auf das Antlitz des alten Königs, der wie betäubt zurückwankte und sich auf einem der Stühle niederließ.
"Ihr Götter", flüsterte er tonlos, "Jetzt wollen sie uns den Todesstoß versetzen."
"Was ist geschehen?" ertönte da eine helle Stimme vom Eingang her, als die Gräfin Sarinja hereinkam.
"Die Goldenen sind an der Küste gelandet", klärte Claudina sie auf, "aber wir wissen nicht, ob sie gegen uns vorgehen wollen."
"Darüber gibt es doch wohl keinen Zweifel", meinte Lugaid, "Schließlich sind die Bestien nur Vasallen der goldenen Riesen, die ihnen die Schmutzarbeit abnehmen."
"Sagtet Ihr nicht, dass sie ein Lager aufgeschlagen haben?" fragte Claudina den Fischer.
"Ja", nickte der Mann, "Und obwohl sie ganz in der Nähe
Weitere Kostenlose Bücher