Die Zwölf Türme (German Edition)
ab. Das fliegende Monster stieg knapp vor dem Boot mit einem wütenden Zischen steil nach oben und schlug dabei mit dem Schwanz nach der Fähre. Der Schlag zerschmetterte die seitlichen Planken des Bootes, das sofort leck schlug und Schlagseite bekam.
Jetzt schleuderten auch die beiden letzten Krieger im Boot kraftvoll ihre Speere, die sich in den verwundbareren Unterleib der Bestie bohrten. Das schien dem Grodnim doch arg zu schaffen zu machen, denn während er erneut eine Kurve flog, wurde sein Flug unsicher und taumelnd. Vom Ufer her wurden erneut Pfeile abgeschossen, die das Flugmonstrum ebenfalls im empfindlichen Unterleib trafen. Die Verletzungen waren für den Grodnim zwar nicht tödlich, doch sie schienen ihm arge Schmerzen zuzufügen. Aus seinem aufgerissenen Rachen erscholl ein schrilles Kreischen, während er abdrehte und schnell in die Höhe flatterte. Sein Schlangenkörper wand und krümmte sich dabei wie ein getretener Wurm.
Endlich erreichte das schwer beschädigte Boot das rettende Ufer.
"Runter vom Boot und zwischen die Bäume!" brüllte Krysander, "Dort kann er uns nicht angreifen!"
Sie zerrten die Pferde an Land und unter die schützenden Baumkronen, während der verletzte Grodnim über dem Fluss kreiste und dabei schrille Schreie der Wut und des Schmerzes ausstieß, deren Klang den Männern in den Ohren schmerzte. Krysander trat ein paar Schritte unter den Bäumen hervor und rief der Bestie zu: "Höre, du widerliche Schöpfung eines kranken Gehirns! Sage deinem verfluchten Meister, dass seine Mühen vergeblich sein werden, denn der Gesandte der Anderwelt ist längst schon auf dem Wege zu den Türmen! Du bist der falschen Spur gefolgt, du dumme Missgeburt!"
Ein schriller Wutschrei war die Antwort und der Grodnim schoss dicht über dem Wasser auf Krysander zu, der aber hohnlachend wieder zurück zwischen die schützenden Uferbäume sprang.
Mit kraftvollen Flügelschlägen erhob sich der Grodnim schließlich hoch in die Lüfte, kreiste noch eine Weile über ihnen, bis er schließlich aufgab und nach Westen davonflog.
"Wir wollen hoffen, dass das dumme Vieh meinen Schwindel glaubt", meinte Krysander, "Vielleicht sucht dann der Dämonenlord jetzt im Tyronwald nach Euch."
"Wollt Ihr etwa behaupten, dass diese Bestie Euch verstehen konnte?" fragte Charles ungläubig.
"Aber natürlich! Die Grodnims sind halbintelligente Kreaturen, die der Dämonenlord in seiner Hexenküche gezüchtet hat, damit sie ihm als Spione, Jäger und Mörder zu Diensten sind. Sie sind sehr schwer zu töten und daher äußerst gefährlich, aber ihre Intelligenz ist sehr gering. Wir müssen nun jedoch damit rechnen, dass noch mehr von diesen Biestern auftauchen. Daher sollten wir uns beeilen und schleunigst weiter reiten."
"Und wer ersetzt mir jetzt den Schaden an meinem Boot?" jammerte der Fährmann.
Charles griff in seinen Beutel und drückte ihm eine von den Goldmünzen in die schwielige Hand.
"Ein ganzer Goldling?" meinte der Fährmann, erstaunt über so viel Großzügigkeit, "Davon kann ich mir fast ein neues Boot kaufen."
"Dann nehmt es als Dank für Eure Hilfe", meinte Charles, "Ich wünsche Euch ein gutes Leben und allezeit Zufriedenheit."
"Vielen Dank, ihr Herren!" rief ihnen der Fährmann noch nach, als sie bereits davon ritten, "Meine besten Wünsche begleiten Euch!"
Sie ritten den ganzen Tag und die Nacht hindurch; nur einmal machten sie Rast, um die Pferde zu tränken und mit mitgebrachtem Hafer zu füttern. Obwohl Krysander ständig damit rechnete, dass der Dämonenlord weitere seiner Kreaturen auf die Jagd nach dem Anderwelt-Menschen ausgesandt hatte, blieben sie dennoch von weiteren Überfällen verschont. In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages begegneten sie einer Armee von gepanzerten Reitern und schwer bewaffneten Fußkämpfern, die eilig nach Westen marschierten.
"Das ist das Heer von Lyngor", sprach Krysander zu Charles, "und die Reiterei von Madins- und Lyns-Burg. Sie sollen die Truppen von Thudor und Marigor verstärken, die jetzt bereits am Skaron-Fluss sein müssten."
"Wie viele Soldaten hat denn das Mabdenland?" fragte Charles.
"Dreitausend Mann aus den Städten Thudor, Marigor und Lyngor", antwortete Krysander, "Und etwa fünfhundert gepanzerte Reiter aus Madins- und Lyns-Burg. Dazu kommen noch einige Hundertschaften der Bauern und Stadtbürger, die aber nur schlecht bewaffnet sind."
"Und wie groß ist die Streitmacht des Dämonenlords?" fragte Charles
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