Die Zwölf Türme (German Edition)
Nadel einer Injektionsspritze steckte noch in der Vene seiner Armbeuge.
So wie es aussah, hatte sich der Junge den berühmten "goldenen Schuss" gespritzt, eine Überdosis Heroin.
Der junge Fixer war höchstens siebzehn Jahre alt. Und er lag im Sterben.
Irgendwie schafften es die beiden Beamten, den Jungen aus der engen Toilettenkabine herauszuzerren und in eine halbwegs vernünftige Lage zu bringen. Während sein Kollege hinausrannte, um einen Notarzt zu holen, versuchte Richard den Jungen irgendwie am Leben zu halten. Aber er hatte während seines Dienstes genügend Erfahrungen gesammelt, um genau zu wissen, dass für den Jungen jede Hilfe zu spät kam. In diesem Augenblick fühlte er sich entsetzlich ohnmächtig und hilflos.
Als sein Kollege mit einem Arzt und zwei Sanitätern zurückkam, war der Siebzehnjährige tot. Es war ein qualvolle und erbärmliches Sterben gewesen.
Diesen Vorfall hatte Richard nie mehr vergessen können. Seit diesem Tage hatte er einfach aufgehört, in den Süchtigen noch menschliche Wesen zu sehen. Er betrachtete sie jetzt nur noch als Vieh, als Fleisch, das noch herumlief, obwohl es bereits am Verrotten war. Vielleicht war diese Haltung nur eine Schutzreaktion, die ihm half, das menschliche Elend zu ertragen, mit dem ihn seine Arbeit tagtäglich konfrontierte.
Gleichzeitig wuchs sein Hass auf jene, die an diesem Elend verdienten und reich wurden. Und dieser verzehrende, alleszerfressende Hass hatte ihn schließlich dazu gebracht, etwas zu tun, was sein ganzes Leben völlig verändern sollte.
Er wurde zum Anstifter eines Mordes...
Sorman Aimkhar, der in Gestalt eines Raben die Lage im Land der Ardanen erkundet hatte, war nach Yathir zurückgekehrt, um den anderen Magiern zu berichten, was er Neues erfahren hatte.
"Die Büffelreiter der Nomaden von Takmin haben sich mit den Thuronen verbündet. Kaiser Zhamir hat mit Strombar, dem Großkhan der Takminstämme, vereinbart, dass die Takmins die Thuronenarmee unterstützen und dafür ein paar Städte ausplündern dürfen."
"Und?" fragte Assunta, "Sind die Takmin-Barbaren schon ins Ardanenland eingedrungen?"
"Ja", sprach Sorman weiter, "Sie haben die beiden unverteidigten Grenzstädte Herys und Amthar erstürmt, geplündert und niedergebrannt, nachdem sie die Bewohner vertrieben oder getötet hatten. Jetzt reitet ein großer Stamm auf die Stadt Temthys zu."
"Diese Takmins sind wahre Teufel!" stieß Rhemton zornig zwischen den Zähnen hervor, "Was ist mit dem Thuronenkaiser und seinem Heer? Marschiert er weiter nach Norden?"
"Kaiser Zhamir ist in seine Hauptstadt Thyra zurückgekehrt und hat das Kommando seinem besten General, Herzog Tameroth von Pandem, übertragen. Jetzt marschieren die Thuronentruppen quer durchs Ardanenland nach Ithame."
"Leisten die Ardanen denn noch Widerstand?" wollte Assunta wissen.
"Die Städte Ardania, Marmidon, Taront und Mithorna haben sich ergeben und um Frieden gebeten. Nur die Städte Temthys und Ithame haben sich noch nicht unterworfen."
"Was ist mit den Resten des Ardanenheeres, die der Schlacht von Marmidon entkommen konnten?" erkundigte sich Assunta weiter.
"Etwa fünftausend Soldaten haben sich in Temthys gesammelt und unter das Kommando des Grafen Sandyn von Temthys gestellt. Vielleicht werden sie die Stadt gegen die Takmins halten können, solange sie sich nicht auf eine offene Feldschlacht mit den Büffelreitern einlassen. Leider ist dieser Graf Sandyn ein junger, unerfahrener Mann, der keinerlei Schlachterfahrung hat. Ich glaube nicht, dass er den Takmins die Stirn bieten kann."
"Und was ist mit der Stadt Ithame?" fragte Amdren Hydden.
"In Ithame sind noch knapp tausend Soldaten, allerdings nur Stadtwächter, die man kaum als Krieger bezeichnen kann", meinte Sorman, "Die sind zwar in der Lage, in einer Stadt für Ordnung zu sorgen, aber gegen eine Kriegsmacht können sie die Stadt nicht verteidigen. Aber es wird wohl zuerst zur Schlacht um Temthys kommen, sobald die Takmins dort eintreffen. Wenn Temthys fällt, wird sich auch Ithame ergeben."
"Wenn sich Temthys wider Erwarten eine Weile gegen die Büffelreiter halten könnte", überlegte Amdren, würden wir dadurch ein wenig Zeit gewinnen. Einer von uns sollte dort sein, damit wir rechtzeitig über den Ausgang dieses Kampfes informiert sind."
"Ich werde gehen", erbot sich Rhemton Hurdh.
"Gehen?" meinte die Hexe spöttisch, "Benutzt der Adler seine Flügel nicht mehr?"
"Doch - doch, meine Liebe", gab Rhemton lächelnd
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