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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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war nicht die Zeit, Djamila zu verärgern oder zu reizen. Sari war seine
Verstimmung aufgefallen, und sie versuchte ihn zu besänftigen. »Wenn
das Kind erst einmal geboren ist, hat sie nicht mehr viel Zeit für
solche Sachen«, sagte sie und legte ihm beschwichtigend die Hand auf
den Arm.
    Als Djamila immer runder wurde, steigerte sich Da'uds Angst
und Aufregung noch. Er zog sogar die Sterne zu Rate – ein
Brauch, den er sonst mit äußerstem Mißtrauen beäugt hätte –,
um sich zu versichern, daß die himmlischen Gestirne in einer günstigen
Lage stehen würden, wenn das Kind geboren werden sollte.
    Eines Abends war er gerade damit beschäftigt, die Sterne zu
befragen, als ihn ein Diener aus seinem Elternhaus holen kam. Voller
unguter Vorahnungen eilte er zum Bett seines Vaters. Der war so in sich
zusammengesunken, daß man seine Gestalt unter den vielen Decken kaum
noch ausmachen konnte, die seine Mutter auf das Bett gebreitet hatte,
um ihn zu wärmen. Sein Gesicht war eingefallen, die straff über die
hervorstechenden Knochen gespannte Haut so grau, daß sie den nahen Tod
ahnen ließ, der Atem schwach wie der letzte Abendhauch. Als er spürte,
daß Da'ud in der Nähe war, winkte er ihn mit knochigem Finger zu sich
herunter. »Mögest du mit einem starken und gesunden Sohn gesegnet
werden«, flüsterte er mit dem letzten Atemzug, der ihm noch vergönnt
war. Dann wandte er sein Haupt und fand für immer seinen Frieden.
    Trotz der langen Monate, in denen Da'ud sich auf das Sterben
seines Vaters vorbereitet hatte, traf ihn die Endgültigkeit des Todes
nun mit einer Gewalt, die all sein ärztliches Wissen und seine
Erfahrung nicht mildern konnten. Warum hatte man noch keine Heilung für
die Leiden der Menschen gefunden? Warum war der Tod ein unabwendbares
Schicksal, das Gott und die Natur verhängt hatten? Diese ewigen Fragen
wirbelten ihm durch den Kopf, unbeantwortet wie je. Wochenlang peinigte
ihn dieser Schmerz und lehnte er sich gegen das Schicksal auf. Allein
Sari schien ihm Trost spenden zu können.
    »Das Kind wird kommen und die Leere füllen, die Ya'kub in
unser aller Herzen hinterlassen hat«, wiederholte sie immer wieder.
»Denk an das Kind, denk an die Zukunft, an das neue Leben, das du
gezeugt hast, zur Fortsetzung des alten.«
    Sie unterstützte ihn stetig und beständig. Obwohl sie sich nie
daran gewöhnt hatte, ohne ihn an ihrer Seite zu schlafen, bereitete ihr
das Wissen Trost, daß seine Nächte zwar Djamila gehörten, doch sein
Leben, seine innersten Gedanken und Gefühle immer nur ihr, wie eh und
je.
    Die Wochen bis zur Geburt zogen langsam dahin. Hinter Da'uds
äußerer Ruhe verbrachen sich Angst und Anspannung, Djamila sehnte
voller Ungeduld die Entbindung herbei, und Sari versuchte, den einen zu
beruhigen und die andere aufzuheitern.
    Und dann klang in den frühen Morgenstunden eines eiskalten
Wintertages der Schrei eines neugeborenen Kindes durch Da'uds Haus, ein
Ruf zum Leben. Es war ein starker und gesunder Schrei, eine Antwort auf
Ya'kubs letzten Wunsch. Aber er kam von Djamilas Tochter, nicht von
Da'uds langersehntem Sohn.
    Da'ud erblaßte, seine Schultern sanken herab, und seine Lippen
bebten vor eiskalter Wut, als die Hebamme ihm ängstlich die Nachricht
brachte. Abrupt wandte er sich um und wollte schon das Haus verlassen,
doch Sari hielt ihn mit fester Hand zurück.
    »Die Geburt war leicht, das Kind ist gesund, und Djamila geht
es einigermaßen gut. Viele Söhne werden folgen. Komm, nimm das kleine
Wesen in den Arm«, drängte sie ihn und forderte die Hebamme mit einer
Handbewegung auf, ihm den Säugling zu reichen.
    »Viele Söhne werden folgen?« fragte Da'ud dumpf, während er,
peinlich berührt, auf das rötliche, verschrumpelte Wesen in seinem Arm
schaute.
    »Laß mich sie auch einen Augenblick halten«, sagte Sari.
Ungläubig, seine alte schmerzliche Liebe zu ihr noch wie einen Dorn im
Herzen, beobachtete Da'ud sie, wie sie ihm das kleine Bündel abnahm und
es an sich schmiegte.
    »Was für ein winziges, wunderbares Etwas!« flüsterte sie, und
Tränen glitzerten ihr in den Augen. »Das Wunder des Lebens, das wir
nähren und lieben und zu einem vollkommenen Menschenwesen machen
müssen.«
    Eine warme Welle stieg aus einer geheimnisvollen urzeitlichen
Quelle im Innersten ihres Wesens in ihr empor, versetzte ihre Sinne in
einen so mächtigen Aufruhr, daß sie beinahe das Bewußtsein verlor.
Tiefe Röte überzog ihre blassen Wangen, während sie leise

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