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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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er sich bei der Witwe
Tamara gemietet hatte. Sie war eine entfernte Verwandte der Familie Bar
Simha und nur zu froh, einen anderen Menschen in ihrem riesigen, leeren
Haus zu haben. Außerdem konnte sie es sich, auch wenn es nach außen hin
anders schien, nicht leisten, auf diese Ergänzung ihres mageren
Einkommens zu verzichten.
    So unsympathisch ihm sein hebräischer Sekretär mit den eckigen
Bewegungen, den knochigen Händen und dem ständig vorwurfsvoll traurigen
Gesichtsausdruck auch war, so sehr sah sich Da'ud doch schon nach
kurzer Zeit gezwungen, zuzugeben, daß Rabbi Samuels dringende
Empfehlung berechtigt gewesen war. Menahem führte den umfangreichen
Briefwechsel mit den jüdischen Gemeinden von al-Andalus und anderen
Teilen des Omaijadenreichs, schrieb Briefe von makelloser Eleganz, traf
stets unfehlbar genau den richtigen Ton. Wenn man ihn in strittigen
Fragen um seine Meinung bat, antwortete er mit Bescheidenheit,
Ausgewogenheit und kristallklarer Logik.
    Mehr noch, als er erfuhr, daß Da'ud für die Anschaffung von
Manuskripten für die Bibliothek des Kalifen verantwortlich war, schlug
er vor, eine ähnliche Sammlung jüdischer Werke zusammenzutragen, wie
sie in den großen Talmudzentren Babyloniens zahlreich zu finden waren.
Ein solches Vorhaben würde der jüdischen Gemeinde von Córdoba zu
höchster Ehre gereichen, brachte er vor. Er, Menahem, würde die
alleinige Verantwortung für dieses Projekt übernehmen, wenn Da'ud es
genehmigen und die notwendigen Geldmittel zur Verfügung stellen würde.
Obwohl Da'ud über die Initiative seines Sekretärs entzückt war,
reagierte er auf den Vorschlag sehr kühl und ließ einige Zeit
verstreichen, ehe er seinen Segen dazu gab. Menahem mußte unbedingt in
seine Schranken verwiesen werden. Wenn Da'ud die Zügel schleifen ließ,
könnte er gefährlich werden … Die Gelder kamen aus Da'uds
Privatvermögen. Er wollte sich mit keinem anderen Menschen die Ehre
teilen, der Mäzen eines so ehrenvollen Unternehmens zu sein.
    Während der wenigen Stunden, die sie jede Woche miteinander
verbrachten, nahm keiner der beiden Männer je wieder Bezug auf die
strittige Frage, die zwischen ihnen im Raum stand – Menahems
Bestreben, sich dem wachsenden Einfluß arabischer literarischer Formen
auf die hebräische Sprache zu widersetzen. So gelang es ihnen, in
kühler, unpersönlicher Harmonie miteinander zu arbeiten.
    Auch in Da'uds häuslichem Leben herrschte
der Anschein von Harmonie, aber dort verbargen sich ebenso Spannungen
hinter der heiteren Fassade. Nach dem Vorbild des Hausherrn drehte sich
unter seinem Dach alles um Hai. Alles Tun wurde den Bedürfnissen und
Wünschen des Kindes untergeordnet, und die Liebe und Aufmerksamkeit des
gesamten Haushaltes wurde ihm ohne Einschränkung in reichem Maße
zuteil. Über jede seiner Bewegungen, jedes Murmeln, jede Handlung oder
Reaktion wurde Bericht erstattet, alles wurde bis in die kleinste
Kleinigkeit von seiner Mutter, seiner Großmutter, seiner Kinderfrau und
sämtlichen Dienstboten kommentiert, dann seinem Vater unverzüglich bei
dessen Heimkehr aus dem Palast mitgeteilt. Von dem Augenblick an, da er
das Haus betrat, hatte Da'ud nur noch Augen für Hai und seine geliebte
Sari. Bis weit in den lauen, süß duftenden Abend hinein blieben die
drei draußen neben dem murmelnden Wasserlauf oder unter den dunkler
werdenden Zypressen, und die Eltern bewunderten die Vorwitzigkeit des
Kleinen, sahen darin den unwiderlegbaren Beweis für seinen
herausragenden Verstand, schrieben seine tiefblauen Augen der Mutter
zu, die dunkle Gesichtsfarbe dem Vater, die langen Hände allein ihm
selbst …
    Amira ließ sich nur schwer in Djamilas Flügel des Hauses
halten, wenn sie einmal ihren Vater und den kleinen Halbbruder draußen
beim Spielen erspäht hatte. Temperamentvoll und entschlossen befreite
sie sich aus jeglicher Umklammerung und strebte resolut zu den beiden
hin. Wenn Sari sah, wie sie angelaufen kam, streckte sie mit einem
warmen Willkommen die Arme nach ihr aus. Sie drückte das Mädchen an
sich und zeigte ihm das Wunder von Hais Händen mit den langen,
schlanken Fingern, nahm dann die kleine Patschhand des Mädchens in die
ihre und ließ sie damit sanft die Hand des Säuglings berühren. Sie
würde alles in ihrer Macht Stehende tun, beschloß sie für sich, um in
dem Mädchen liebevolle, beschützende Gefühle für Hai zu wecken. Da'ud
jedoch ignorierte seine Tochter weiterhin und fachte damit den Groll im
Herzen der

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