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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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fremd sind, ist er selbst, wie die
meisten unserer Intellektuellen, so sehr von den arabischen Schriften
beeinflußt, daß er an dieser Anpassung nichts Absonderliches finden
kann. Im Gegenteil, ich habe ihn oft sagen hören, daß diese Vermischung
der Kulturen ein innig zu wünschendes Ziel sei. So wie er es sieht,
wird eine derartige Entwicklung die hebräische Dichtkunst zu ungeahnten
Höhen literarischer Schaffenskraft führen und die hebräische und
arabische Sprache auf die gleiche Stufe stellen.«
    »Und doch hat er Menahem ausgewählt, um ein Gedicht zu
verfassen, das in der neuen Synagoge, die zum ehrenden Gedenken an
seinen Vater errichtet wurde, auf der Gesetzeslade steht.«
    »Das ist ein religiöses Gedicht. Und es wahrt als solches alle
alten Traditionen, die im Heiligen Land verwurzelt sind. Derlei Werke
wurden nicht von arabischen Vorbildern beeinflußt. Letztere haben
jedoch unsere Dichter zum Schreiben von weltlichen Gedichten
inspiriert, was eine völlig neue Entwicklung in der hebräischen
Literatur darstellt.«
    »Glaubst du, daß Saul gerne Menahems Stelle als Da'uds
Sekretär für jüdische Angelegenheiten hätte?«
    »Nicht den Posten selbst. Er ist zu reich, als daß er ihn
brauchte, und zu arrogant, um irgendeine untergeordnete Position
einzunehmen. Aber er würde vor nichts zurückschrecken, um einen Mann zu
ruinieren, der ihn in aller Öffentlichkeit beleidigt hat, seinen Stolz
vor den Augen der arabischen Dichter verletzt hat, deren Werke er
bewundert und an deren Meinung ihm viel liegt.«
    »Natürlich«, sagte Djamila leidenschaftslos und nagte an einem
Keks, während sie die Bedeutung dieser Worte erwog.
    Den ganzen restlichen Nachmittag schmiedeten die beiden Pläne
für Amiras weitere Bildung. Als die Schatten der Dämmerung sich auf das
Haus senkten, verabschiedete sich Djamila.
    Schnellen Schrittes ging sie nach Hause, von einer namenlosen
Furcht erfüllt. Mit der drängenden, zwingenden Monotonie einer
Nomadentrommel dröhnten ihr die Worte ihres Vaters im Ohr: »Er wird vor
nichts zurückschrecken, vor nichts … nichts …
nichts …« In ihrem innersten Herzen zitterte sie vor der
grauenerregenden Wirklichkeit, die hinter diesen Worten lag, vor einer
Brutalität, einer Gewalt, die so extrem war wie die köstliche
Verfeinerung einer Kultur, die in der gesamten zivilisierten Welt
gepriesen wurde. Hatte nicht einer der Herrscher von Sevilla, dessen
Hof für seine Musik so berühmt war wie der von Córdoba für seine
Dichtkunst, seine Feinde im Bad ermorden lassen, sie dann enthauptet
und ihre Schädel als Pflanzkübel benutzt, die er ordentlich auf seiner
Fensterbank aufreihte? Und was war mit dem schrecklichen Tod ihrer
eigenen Mutter? Wenn Männer wie Saul die arabische Kultur mit solcher
Begeisterung übernahmen, lag dann nicht die Schlußfolgerung nahe, daß
sie nicht davor zurückschrecken würden, auch deren Methoden bei der
Beseitigung ihrer Feinde zu übernehmen? Schaudernd vor Schrecken,
suchte Djamila Zuflucht in der unschuldigen kindlichen Umarmung Amiras.
    In den folgenden Wochen ging sie Menahem aus dem Weg. Er würde
merken, daß sie mit ihrem Vater gesprochen hatte und daß sie nun um
ihrer beider willen äußerste Vorsicht walten lassen mußte. In Gedanken
war sie jedoch oft bei ihm, wie er da allein über seinen Verben saß,
allein mit seinen Wortstämmen, seinen Phantasien. Wie er in seinen
wachen Stunden mit dem unerfüllbaren Traum lebte, ihr den Reichtum an
Liebe und Ergebenheit zu schenken, der in seiner Seele
schlummerte – jenen Schatz im Tausch gegen die falsche,
vergoldete Fassade, die sie in ihrer Jugend verblendet und verführt
hatte. Und obwohl sein ungelenker Körper nichts von der höfischen
Eleganz und Anmut Da'uds hatte, ertappte sie sich doch bei der Frage,
ob nicht der Trost seiner ungeschickten Umarmung, die Aufrichtigkeit
seiner unreifen Leidenschaft der kühlen Distanziertheit eines Mannes
vorzuziehen war, der ihr kein einziges Mal gesagt hatte, daß er sie
liebte. Während ihrer Besuche bei den Schwestern Ibn Isaac achtete sie
auf allen Klatsch, den man dort austauschte. Doch da die Ehemänner der
Schwestern Kaufleute waren, die ihren Status nicht ihrer Gelehrsamkeit,
sondern ihrem Geld verdankten und also nicht zur gebildeten jüdischen
Elite gezählt wurden, erfuhr sie nur wenig über den Zwist zwischen Saul
und Menahem.
    Wenige Wochen später erschien Menahem an einem
Donnerstagmorgen nicht im Hause Ibn Yatom. Djamilas erster Gedanke

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