Diebe
Geld zu tragen. Außerdem kennt er die Gegend.«
»Was ist mit Baz? Sie sichert mich ab. Ohne Baz arbeite ich nicht.«
Eduardos Blick zuckt zu Baz hinüber, er mustert sie für eine Weile, bevor er ihr erneut zulächelt. »Sie ist so still, da kann man glatt vergessen, dass sie hier neben uns steht. Klar, Baz kann mit zum Team gehören, aber ich möchte, dass Miguel auch dabei ist.« Er sieht Fay an.
»Sicher. Gut für Miguel. Wird Zeit, dass er ein paar Tricks dazulernt.«
»Okay«, sagt Demi, wenn auch mit sichtlichem Widerwillen, »aber wie wär’s mit noch ein paar Details? Wie kommen wir da hin und wieder weg? Glaubense nicht, dass wir mit der Straßenbahn in die Nordstadt fahrn und hinterher eine fröhliche Tour zurück ins Barrio machen und all das Geld von Ihrm Daddy in ’nem Sack auf dem Rücken tragen. So blöd sind wir nicht.«
»Ich hab einen Wagen und ich hab einen Fahrer. Er ist sehr gut. Du könntest auch mitfahren, Mutter. Es wäre, als würdest du in einem Taxi sitzen.«
»Nein, ich hab meinen Teil getan. Solche Sachen mach ich nicht.« Ihr Ton ist bestimmt, die Aussage endgültig.
»Traust du mir nicht?«
»Natürlich trau ich dir.«
Die Hände hebend, erkennt Eduardo an, dass er sie nicht wird überreden können. »Ist auch nicht so wichtig. Natürlich musst du überhaupt nicht vor Ort sein. Du kannst hierbleiben und dich darauf vorbereiten, die Scheine zu zählen.«
Sie lächelt. »Scheine zählen, das kann ich.«
»Okay«, fährt Eduardo fort. »Wir starten die Aktion morgen Abend. Mein Vater hat für morgen Abend eine Zusammenkunft bei uns zu Hause angesetzt, und«, er reibt sich die Hände, »das bedeutet, dass noch mehr Honig im Topf sein wird. Das gibt mir genügend Spielraum, auf meiner Seite alles zu arrangieren: Auto, Fahrer und so weiter.« Er blickt auf seine teure Armbanduhr und stellt eine Berechnung an. »Also, morgens zwei Uhr, der Fahrer wird euch vor dem Barrio abholen, am Agua neben dem Brunnen. Ihr fahrt in die Stadt. Dreißig Minuten. Ihr findet das Fenster offen vor. Ihr erledigt das Geschäft. Fahrt zurück. Spätestens um vier Uhr seid ihr wieder hier. Zwei Stunden. Und das war’s dann. Fay versteckt das Geld. Ich stoße noch am selben Abend zu euch. Es ist ein absolut risikofreies Projekt.«
Baz weiß nicht so genau, was ein Projekt ist. Aber was immer es sein mag, sie glaubt nicht, dass es ohne Risiko ist. Alles ist mit Risiken verbunden, dennoch, ein Gutes hat die Sache: Sie und Demi haben den morgigen Tag zur Verfügung. Fay wird sie nicht zur Arbeit schicken, wenn sie nachts auf sein müssen, um das Haus des Captain auszurauben. Sie bekommen also ihren freien Tag, um Raoul zu finden und ihn vom Berg wegzuholen.
Die Jungen kehren wieder zurück, und es wird noch ein bisschen geredet und noch ein bisschen getrunken. Der junge Mann allerdings, das fällt Baz auf, trinkt nicht mehr als das eine Glas Weinschorle. Baz selbst verhält sich still und lässt die anderen reden. Eines ist ihr klar, was die anderen noch nicht wissen: Das alte Leben ist vorbei. Es war in Ordnung, solange sie noch nichts von dem Berg wusste, solange sie nur darauf bedacht war, Fay zufriedenzustellen, oder auch Demi. Vielleicht ist Eduardo wirklich der, der er zu sein behauptet, und diese Aktion ist so einfach, wie er ihnen versichert. Vielleicht kann Fay wirklich alles an Señor Moro zahlen, was sie ihm angeblich schuldet. Eines aber ist gewiss: Sie und Demi können nicht im Barrio bleiben. Früher oder später wird Señor Moro noch mehr verlangen, und der Captain wird nicht ruhen, bevor er den findet, der ihn ausgeraubt hat. Und dann ist da noch der Ring in Fays speziellem Versteck, der Ring, der so viel zu versprechen schien, der aber alles nur schlimmer gemacht hat. Er sah aus, als trage er ein Stück Himmel in sich, doch in Wirklichkeit ist dieser Ring eine Lüge, eine Falle. Wenn Fay damals ihr Baby verkauft hat, würde sie nicht das Gleiche wieder tun? Ist sie nicht immer noch die Person, die sie früher war? Wenn sie müsste, würde sie sie wohl alle verkaufen.
Wenn die Sache morgen vorbei ist, dann müssen sie und Demi, falls sie einen Anteil abkriegen, oder sogar auch, falls nicht, hier weg, müssen anderswo ein neues Leben anfangen. Das weiß sie genau. Sie muss nur hoffen, dass sie Demi davon überzeugen kann.
12
Eduardo bricht auf. Er lehnt es ab, sich von Fay durchs Barrio begleiten zu lassen, daher schickt sie Miguel und Giacco mit, damit er sich auch ja nicht verirrt.
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