Diebe
hat, sagt sie: »Wie können wir Demi da wieder rausholn, Mama?«
Mama schüttelt den Kopf. »Wir? Was, glaubst du, kann ich denn tun? Ich versteh was von Kaffee und von Bohnen und davon, wie ich mich hier über Wasser halten kann, aber mit der Polizei in dieser Stadt hab ich nie zu tun gehabt, jedenfalls schon lang nicht mehr. Was sagt Fay dazu?«
»Fay? Fay hätt’s lieber, Demi ist tot, als dass er auch nur einen Tag im Schloss überlebt und denen von ihr erzählt. Aber Demi wird nie irgendwas sagen. Demi würd sich nie gegen Fay stelln –« Baz bricht ab, und Mama pustet ein bisschen, sagt aber nichts. Baz spannt ihre Finger um die kleine Schüssel, aus der sie die Milch getrunken hat. »Wenn ich Demi da nicht rausholn kann, wird Demi nicht überleben. Fay tut jetzt nichts mehr für ihn ...« Aber wovor sie eigentlich Angst hat, das ist noch viel schlimmer als das, viel schlimmer, als nichts zu tun.
»Demi hat’s erwischt, Bazzie.« Mama langt über den Tisch, fasst Baz’ Hand, gerade so, wie es auch Fay getan hat. »Das ist es halt, was passiert, wenn man das tut, was ihr tut. Ich will ja nichts sagen, aber das passiert eben. Wird auch dir irgendwann passiern. Aber bis dahin hast du dein Leben. Man kann nicht mehr tun, als das nehmen, was man hat.«
Nur weil jemand aussieht wie ein Berg und immer ein Lächeln und ein freundliches Wort für verschrammte kleine Ratten wie Baz und Demi übrig hat, muss das nicht heißen, dass dieser Jemand Wunder bewirken kann. Dass er in der Lage ist, das Tor zum Schloss einzuschlagen. Baz sieht sie an, ohne zu blinzeln, und Mama wendet den Blick ab. Baz erwartet keine Wunder, hat sie nie getan, von niemandem außer vielleicht von Demi, aber sie hätte gern einen Rat. Sie trifft eine spontane Entscheidung, greift in die Tasche, zieht den Ring hervor und legt ihn auf den Tisch. »Da ist was, was ich hab.«
Mama bläst die dicken Backen auf. »Tu das bloß weg, Kind. Dieser Ring bringt dir nichts als Scherereien. Je schneller du den los bist, desto besser für dich. Moros Leute stelln alles auf’n Kopf, um diesen Ring zu finden. Im Barrio ist die reine Hölle los. Und diese Sache, von der du erzählst – Haus vom Captain –, ich glaub, Fay hat den Verstand verlorn! Das wird alles schwer auf uns zurückschlagen – das sag ich dir gratis, Baz.«
»Glaubst du, die Frau von diesem Captain hilft mir, wenn ich ihr den Ring zurückgebe?«
»Vielleicht. Vielleicht würd ihr Mann irgendwas tun, wenn sie ihn drum bittet, aber die meisten Leute legen sich nur ins Zeug, wenn man ihnen was anzubieten hat, was sie wirklich wolln.«
»Vielleicht will sie wirklich gerade diesen Ring zurück. Kann ich ihr nicht einfach sagen, dass ich den Ring hab?«
»Nein, sag ihr nicht, was du hast – sag ihr nur, dass du was hast, was sie gern habn möchte. Ruf sie an. Sei aber vorsichtig, eh! Wart ab, was sie sagt. Wart ab, was sie bereit is zu tun. Vielleicht will sie sich mit dir treffen, aber wenn, dann achte drauf, dass du den Ort bestimmst. Und du musst lange vor ihr da sein und gucken, dass keine Uniformen sich da rumtreiben, die dich schnappen wolln.«
Baz nickt und schließt die Hand fester um den Ring. Sie sieht nicht Mama an, sondern ihre Faust. »Ich glaub, Fay will Demi umbringen lassen«, sagt sie plötzlich. »Ich glaub, sie wird mit jemand reden, den sie kennt ...«
Mama Bali legt Baz eine Hand auf den Mund. »Du tust, was du kannst. Mehr geht nicht. Und jetzt mach. Ruf diese Frau an. Vielleicht hast du Glück, Baz.«
Baz muss ganz bis zum anderen Ende des Agua-Platzes gehen, bis sie ein Münztelefon findet, das funktioniert und neben dem auch ein Telefonbuch hängt. Sie findet Dutzende Doluccas und muss mühsam buchstabieren, bevor sie die Adresse von Eduardos Karte identifiziert. Sie wählt die Nummer.
»Hallo.«
»Kann ich bitte Señora Dolucca sprechen?«
»Wer ist da? Kenn ich Sie?« Es ist eine männliche, aber junge Stimme. Eduardo. Wieso geht er ans Telefon? Wieso sitzt er gemütlich in dem vornehmen Haus, während Demi im Schloss steckt, vielleicht schon krepiert? In einer heißen, stickigen Zelle. Hinter Gittern. Vielleicht mit brutalen Räubern zusammen. Mit Mördern. Ohne jemand, der sich um ihn kümmert. Das alles hat Eduardo so arrangiert. Es waren nicht nur der Fahrer und Miguel, sondern Fays Junge höchstpersönlich. Er hat irgendeinen Plan – einen großen Wirbel veranstalten, dafür sorgen, dass jeder gegen jeden kämpft und er dann irgendwie das ganze
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