Diebesgeflüster - Band 3
Fürst meinte, damit einen Krieg verhindern zu können, war Tebby nun gleichgültig. Der Großfürst vertrat die Meinung, dass jegliche Kampfhandlung im Keim erstickt werden würde. Das reichte.
»Ich vermute, dass es im Großen Saal hängt.«
»Der mit den bunten Fenstern?«
»Genau der. Weißt du schon, was du brauchen wirst?«
Tebby schüttelte langsam den Kopf. Noch nicht ganz, noch nicht im Detail. Doch langsam nahm ein Plan Gestalt an. »Ich überlege, wie ich hineinkomme.«
»Du gehst als junger Mann durch. Ich würde das ausnutzen und mich als Soldat anwerben lassen.«
Sie betrachtete ihn kritisch. »Dich würden sie sofort nehmen.«
»Mit Kusshand. Aber ich bin kein Dieb. Ich kann mir nicht ausdenken, wie ich hineinkomme und mit dem Banner türme.«
»Und wenn ich es dir erkläre?«
Er lächelte, und wieder fiel Tebby auf, wie weiß und regelmäßig seine Zähne aussahen. »Tranchiermesser und Weinkelch, Tebby.«
»Du hast gesagt …«
»Ich weiß, was ich gesagt habe. Ich habe getötet. Doch das liegt hinter mir. Du wirst das dezent und unauffällig lösen, wo ich versuchen müsste, mir einen Weg freizukämpfen.«
Sie trat einen Kiesel etliche Ellen über das Straßenpflaster und beschloss, dass Javin zur Abwechslung derjenige sein würde, der sich lastendes Schweigen anzuhören hatte.
Dezent und unauffällig. Ja, dafür hatte der Fürst gesorgt, indem er Tebby einfache Männerkleidung hatte mitgeben lassen. Ein Junge konnte sich freier bewegen als ein Mädchen, und niemand fragte einen Knaben, warum er in der Stadt herumschlich.
Beim Abendessen in einem kleinen Zimmer der Herberge begann Tebby, Javin auseinanderzusetzen, wie der Raub vonstatten gehen könnte. Sie beschrieb den Weg, den sie nehmen musste, um Wachposten und längere Strecken ohne nennenswerte Deckung zu umgehen. Außerdem fertigte sie eine Liste der Dinge an, die sie dringend benötigte.
Der Miene des Dieners konnte Tebby keinerlei Regung ablesen. Ob Javin den Plan für unsinnig hielt oder die Kosten für die Ausrüstung für unverschämt betrachtete. Er nickte einfach nur zu allen Ausführungen und bewahrte sonst Schweigen.
Tebby setzte sich auf den Rand einer steinernen Pferdetränke und wartete ab. Ein umfangreiches, aber offenkundig ärmliches Bündel lag zwischen ihren Füßen, und sie gab sich Mühe, orientierungslos und überwältigt auszusehen. Ein Junge vom Land, den es in die große Stadt Tespins Hald verschlagen hatte.
Der Werwolf des Großfürsten war der Erste gewesen, der diese Tarnung durchschaut hatte. Ein Schauder überrann Tebby. Wie dicht war das Biest ihr gekommen, um die Witterung aufnehmen und verstehen zu können? Sie schüttelte den Gedanken ab. Der Werwolf war derzeit wirklich nicht das Problem. Hoffte sie. Vielleicht war das Ungeheuer sogar jetzt in der Nähe … Tebby biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich auf ihre Umgebung, um Ablenkung von diesen beängstigenden Vorstellungen zu finden.
Derzeit kamen sämtliche Burschen des Umlands nur aus einem einzigen Grunde hierher: Die Armee suchte Nachschub. Jüngere Söhne ohne Erbaussichten konnten im Heer zumindest ein wenig Geld verdienen, wurden gefüttert und gekleidet und hatten vor dem Kriegszug ein Dach über dem Kopf. Tebby konnte die Flut der jungen Männer nach Tespins Hald verstehen. Die Aussicht auf ein eigenes Bett, das nicht mit der halben Familie geteilt werden musste, war überwältigend.
Eine Patrouille marschierte vorbei, und Tebby stand auf, wobei sie den Eindruck von Zögern und Unsicherheit bewusst aufrechterhielt. Mit allen Anzeichen von Schüchternheit hob sie die Hand, und der Truppenführer befahl seinen Männern, zu halten und zu warten.
Er selbst kam zu Tebby. »Neu in der Stadt, nicht wahr? Ein junger Bursche wie du kann es im Heer zu etwas bringen.« Er wies auf die Festung und sprach weiter: »Geh dorthin, melde dich am Tor. Hauptmann Heran schickt dich. Du kriegst eine warme Mahlzeit und wirst ein Soldat, wenn wir den Abschaum im Fürstentum ausrotten.«
»Hauptmann Heran«, wiederholte Tebby und prägte sich den Namen dankbar ein.
»Guter Junge«, sagte der Hauptmann und kehrte zu seiner Patrouille zurück.
Tebby schulterte ihr Bündel und machte sich eilig an den Aufstieg auf den Kreidefelsen. Bald marschierte sie in einer wahren Welle von anderen jungen Männern, die alle die Festung zum Ziel hatten und wahrscheinlich von einem schnellen Feldzug, reicher Beute und Rechte am Plündergut hofften. Tebby dachte
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