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Diebesgeflüster - Band 3

Diebesgeflüster - Band 3

Titel: Diebesgeflüster - Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Giegerich , Tanja Rast , Flo P. Schmidt , Susanne Haberland
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unterzutauchen.
    Bunlag war manchmal einfach zu dämlich, und das konnte gefährlich sein. Für rustikale Schandtaten war sein Partner ideal. Aufgrund seiner Größe rückten die Menschen sofort ihre Wertgegenstände heraus, ohne dass man sie intensiv bedrohen oder sogar auf sie losgehen musste. Samjon selbst war zwar muskulös, aber seine geringe Höhe ließ ihn bei Einschüchterungsversuchen fast schon lächerlich erscheinen.
    Doch so perfekt Bunlag auch als Partner für die einfachen Dinge war, eine desto größere Gefahr war er bei komplizierten Verbrechen. Bei Diebstählen, wo man auch etwas mitdenken musste. Und da hätte er sie in Willshire einige Male um ein Haar auffliegen lassen. Das Schweigen musste Samjon ihm noch beibringen. Umso unglaublicher, dass sie es dennoch geschafft hatten.
    Vor allem der Ausbruch aus der Zelle war ein Geniestreich von Samjon und doch so simpel gewesen. Sie hatten es tatsächlich geschafft, dem Wachpersonal ein spurloses Verschwinden vorzugaukeln. Natürlich hatten sie die Zelle in Wirklichkeit nie verlassen. Die Wache war einfach zu dumm, um zu bemerken, dass das Holzpodest, das als Schlafstätte diente, einen Meter von der hinteren Wand weggeschoben war. Von außen konnte man es auch gar nicht erkennen, der Sichtwinkel war zu niedrig.
    Zudem hielten Samjon und Bunlag, die in dieser entstandenen Nische, jeder mit dem Kopf bei den Füßen des anderen, aufeinander lagen, die Wolldecke mit den Händen so über sich und das gesamte Podest gespannt, dass es aussah, als wäre die Schlafplattform einfach um diesen zusätzlichen Meter breiter. Das Aufeinanderliegen ging sich gerade so aus, dass sie nicht über die oberste Kante des hölzernen Podestes hinaus ragten, und selbst wenn sie die Decke um ein Stück hätten anheben müssen, hätte man es bei diesem geringen Niveauunterschied für darunter liegendes Stroh gehalten.
    Das Problem war eher die Länge des Schafotts, da Bunlag, der schon bei den ersten Schlafversuchen auf der Holzfläche über das zu kleine Bett jammerte, mit seinen Füßen einige Zentimeter aus der Nische hervorragte. Deshalb bildeten sie einen kleinen Strohhaufen über ihnen, der am Boden völlig natürlich aussah und auch der Wache nicht auffiel.
    Als diese jedoch die Zellentür aufgesperrt hatte und hereinkam, hatten beide unheimliche Angst, dass ihr Plan scheitern könnte und sie ewig in diesem unmenschlichen Kerker verweilen müssten. Sie hielten den Atem an und konzentrierten sich, die Decke so gespannt wie möglich zu halten, um keinen Hinweis auf ihr Versteck zu geben. Doch als der Wachsoldat nur die Oberfläche des Holzpodests untersuchte und anschließend ging, hatten sie erleichtert aufgeatmet.
    Die offen gelassene Zellentür eröffnete ihnen alle Möglichkeiten. Damit hatte Samjon auch gerechnet. Wozu sollten die Wächter eine Zelle versperren, in der »keiner« mehr war? Alles, was sie nun tun mussten, war warten. Warten, dass der Lord vor Zorn explodierte. Warten, dass der große Tumult ausbrach, die ganze Burg durchsucht wurde und der Lord noch wütender wurde. Und es wurde alles durchsucht. Natürlich bis auf die Zelle, in der die beiden tapferen Gefährten noch immer regungslos in der geheimen Nische stundenlang aufeinander lagen – was natürlich viel anstrengender und unangenehmer war, als es klang – und dort verharrten, bis die Wachen den Lord mit der Meldung des Scheiterns der Suche völlig zum Austicken brachten, und er das gesamte Personal aus der Burg abzog, um das Dorf zu durchforsten.
    Nicht einmal vor der Burg hatte der naive Lord Frankis in seiner Wut Wachen abgestellt – etwas, das Samjon nicht erwartet hatte. Und als sie mitbekamen, dass in der ganzen Burg Ruhe eingekehrt war, krochen sie aus ihrem ungemütlichen Versteck hervor, lockerten ihre beanspruchten Körperpartien und gingen vorsichtig, immer Ausschau nach Wachen haltend, Stück für Stück in Richtung Freiheit. Vorbei an teils flehenden, teils applaudierenden Zelleninsassen, langsam tapsend die Treppen aus dem Kerker hinauf, bis zum Burgeingang, wo Samjon plötzlich abrupt stehen blieb und umkehrte. Denn auf einmal kam es ihm: Die ganze Burg war unbewacht! Er musste schmunzeln. In einer unbewachten Burg konnte man sich nicht nur aus Räumen unbemerkt hinausstehlen, sondern auch in Räume hinein und unbemerkt stehlen.
    Und so gingen sie in den Thronsaal, der wie der Rest der Burg völlig leer stand. Wozu hätte der Lord denn auch Wachen stehen lassen sollen, wenn sie das

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