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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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machte,
war, daß Hanse ihr gerade an diesem Tag eine neue Tunika
gekauft hatte, in dem gelben Farbton, der in Firaqa so beliebt war.
Daß sie so spät zurückkam, verdarb ihm die
Überraschung und die Laune. Der Streit wurde ziemlich heftig,
und Hanse verzog sich an diesem vierten Abend wütend und lief
alleine verstimmt herum.
    Stunden später versöhnten sie sich wie üblich und
zerwühlten wieder einmal das Bett. Hanse war sowohl froh wie
auch stolz, daß er eine eindeutige Einladung im Westviertel des
Basars abgelehnt hatte. Die kurvenreiche Frau hatte zu einer
durchziehenden Karawane gehört und wahrscheinlich sowieso nur
gedacht, daß es ein nettes Abenteuer werden könnte, mit
einem Stadtjungen ein wenig zu ›klöppeln‹.
    Zwei Tage später verkündete Mignureal behutsam, nachdem
sie ein gutes Essen zu sich genommen hatten, das sie selbst
zubereitet hatte, daß sie sich mit Türkis zusammentun
wollte. Sie würde bei ihr arbeiten. Sie zog eine
Kupfermünze aus ihrer Schärpe hervor und hielt sie Hanse
entgegen. Gestern nachmittag, erklärte sie, hätte
Türkis für eine suvesh gesehen und dabei wie
üblich geschwindelt, während Mignureal schweigend daneben
gesessen hatte, als sei sie ein Lehrmädchen. Plötzlich
hatte sie zu sprechen begonnen und alles umgestoßen. Nur hatte
sie ganz deutlich für die Kundin gesehen. In Kürze
hatten sich ihre Worte als absolut wahr erwiesen: Die Kundin hatte
ihre verlorene Brosche genau an der unwahrscheinlichen Stelle
wiedergefunden, die Mignureal bezeichnet hatte. Die Kundin war
zurückgekehrt, um eine zusätzliche Kupfermünze zu
zahlen und hatte Türkis versichert, daß sie einfach jedem
von ihr und ihrem wunderbaren Lehrmädchen erzählt hatte. Es
war diese Münze, die Mignureal nun so stolz ihrem Geliebten
entgegenhielt.
    »Das ist das erste Geld, das ich jemals verdient habe!
Nachdem das jetzt passiert ist, habe ich ›die Schranke des
zufälligen Hellsehens für Bekannte‹, wie meine Mutter
das nannte, in meinem Geist und meinen Fähigkeiten durchbrochen,
und ich weiß, daß ich es wieder tun kann. Und immer
wieder. Ich habe jetzt eine Beschäftigung, Hanse – eine
Beschäftigung, wie sie sich für eine S’danzo
gehört!«
    Hanse ermunterte sie und versuchte nach Kräften so zu tun,
als teilte er ihre Begeisterung und Freude. Einerseits war das auch
so, andererseits aber nicht.
    Ein Teil seiner Schwierigkeiten bestand darin, daß er keine
Arbeit hatte und nicht wußte, was er tun sollte. Er war in
einem bestimmten Beruf sehr geübt, und seine natürliche
Begabung machte ihn in dieser des Nachts ausgeübten
Tätigkeit unschlagbar. Nun, da keine Notwendigkeit mehr bestand,
dieser Beschäftigung nachzugehen, hatte er keine Ahnung, womit
er es versuchen sollte. Er hatte immer nach günstigen
Gelegenheiten und nach Beute Ausschau gehalten statt nach Arbeit oder
dem, was andere Leute als Arbeit bezeichneten. Deshalb dachte er sich
drei Nächte später, nachdem Mignureal vier weitere Erfolge
bei ihr völlig Unbekannten erzielt hatte, eine Ausrede aus,
warum er verärgert war und ihre Wohnung verlassen wollte.
    In dieser Nacht schlug Nachtschatten in Firaqa zu.
    Wie eine geschmeidige schwarze Katze, die eine Maus anschleppt,
kehrte er stolz mit einem schönen silbernen Armband, das mit
Granatsteinen besetzt war, und einer gestreiften Schärpe aus
kostbarer Seide zurück. Mignureal war schockiert. Sie zeigte
keine Freude, Verständnis oder Zuspruch.
    Hanse stürmte wieder hinaus. Er stieg wieder eine Mauer
hinauf und kletterte über zwei Dächer, bevor er das Armband
mit einem nahezu perfekten Wurf in ein offenes Fenster schleuderte.
Es war dasselbe Fenster, durch das er in ein Zimmer einer
hübschen Wohnung im zweiten Stock gestiegen war und das er mit
der Schärpe und dem Armband wieder verlassen hatte. Diesmal
stand das Fenster offen, denn der Mann der Bestohlenen und ihr Bruder
warteten mit Armbrüsten im Zimmer.
    Ein Bolzen flog bösartig summend etwa einen Fuß
über dem schwarzgekleideten Dieb durch die Luft. Da Hanse ihnen
das Armband ja zurückgebracht hatte, war er über ihre
Reaktion natürlich erbost.
    Er verschwand, während sie einen gehörigen Lärm
veranstalteten und einen weiteren Stahlpfeil abschossen, obwohl sie
ihn nicht sehen konnten. Nachtschatten sprang rückwärts von
einem Firstbalken, glitt das Dach zur Hälfte hinab, sprang
leichtfüßig auf ein anderes und verschmolz mit den
Schatten der Nacht.
    Kaum eine Stunde später schenkte er die

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