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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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zwängte, den er verabscheute
– weil er sich auf dem Rücken eines Pferdes befand.
    Dabei nörgelte er herum, daß diese Biester mit Leitern
ausgestattet sein sollten. »Und außerdem sollten sie so
beschaffen sein, daß man vernünftig auf ihnen reiten kann,
ohne daß die Beine rechts und links herunterbaumeln. So
muß man die Beine immer um die dicken Bäuche der Viecher
klammern.«
    »Du magst keine Pferde, nicht wahr, Liebling?«
    »Ich mag Pferde schon, Mignue. Ich hasse es nur, auf ihnen zu
reiten.« Und plötzlich fügte er hinzu: »Wenn du
mir jetzt erzählst, was ich sonst tun könnte, drehe ich dir
den Hals um.«
    Sie wandte den Kopf ab, damit er ihr Lächeln nicht sehen
konnte. »O nein, Hanse! Wir haben Wunder völlig vergessen.
Was sollen wir mit ihm anfangen?«
    »Uh. Daran habe ich gar nicht gedacht. Aber schließlich
ist er uns den ganzen Weg von Freistatt gefolgt… wieso hast du
das getan, du dummer Kater?«
    Wunder lief geradezu majestätisch herüber und an Hanses
Pferd vorbei. Ohne stehenzubleiben sah er mit kalten und
tiefgrünen Augen zu ihm hinauf. Anscheinend mühelos und
ohne einen Augenblick zu zögern, kümmerte er sich selbst um
das Problem; mit katzenhafter Geschmeidigkeit sprang er auf die Last,
die der Esel trug. Mignureal kicherte. Hanse hielt die Luft an und
den Zügel des Onagers fest. Das Tier zitterte. Dann blickte es
sich um, warf den Kopf ein paarmal hoch und beruhigte sich wieder. Es
hatte sich offensichtlich mit dem ungewohnten Reiter und der
zusätzlichen Last abgefunden.
    »Oh«, machte Hanse und erwiderte den Blick des Katers,
der ihn kühl grinsend anzusehen schien. »Also habt ihr
beiden euch geeinigt, was die Reise anbelangt. Na schön, lassen
wir uns noch ein bißchen von der Sonne grillen.«
    »Schön«, sagte Mignureal. »Jetzt sind wir zu
dritt.« Und das waren sie.
    Hanse schnalzte seinem Pferd zu und zog an den Zügeln. Sie
verließen den kleinen Fleck, der eine Oase sein wollte, und
ritten wieder auf die scheinbar endlose Sandfläche hinaus, die
im gleißenden Sonnenschein kochte.
     
    Während sie ritten, ließ Hanse noch einmal sein erstes
Zusammentreffen mit Wunder vor seinem geistigen Auge Revue passieren.
Kurz darauf hatte Mignureal ihn mit leeren Augen beschworen:
»Nimm die rote Katze mit, wenn du für Freistatt an der
Seidenschnur hinaufkletterst.
    Ich wußte gar nicht, daß wir uns damals getroffen
haben, bis du mir davon erzählt hast«, sagte sie. »Ich
kann mich daran überhaupt nicht mehr erinnern. Ich wußte
ja nicht einmal, daß du an diesem Abend in den Palast
eindringen wolltest, und erst recht nicht, daß du über die
Mauer klettern würdest.«
    »Ich weiß. Aber du hast es getan, Mignureal. Du bist
wie deine Mutter, eine echte S’danzo, du hast das Zweite
Gesicht. Du hast jetzt schon dreimal für mich in die Zukunft
gesehen. Und es hat sich immer als notwendig herausgestellt, das zu
tun oder mitzunehmen, was du mir gesagt hast. Du hast mir dreimal das
Leben gerettet, Mignue!« Und er lenkte sein Pferd neben ihres,
damit sie die Arme ausstrecken und sich mit den Händen
berühren und einander in die Augen sehen konnten.
    Sie nickte. »Ich wollte, ich könnte mich erinnern. Aber
so ist das nun einmal. Die Visionen sind einfacher und besser –
sie sind klarer, sagte meine Mutter –, wenn sie jemanden
betreffen, den man liebt. Aber es gibt dann auch einige
Beeinträchtigungen. Es… sieh mal! Eine Schlange!«
    Sie beobachteten die Schlange, die etwa vier oder fünf
Fuß lang und von gelblich-bräunlicher Farbe war und sich
auf eine seltsame Weise über den Sand bewegte.
    »Jetzt wissen wir, woher diese merkwürdigen Spuren
kommen«, sagte Mignureal. »Sie scheint mehr Angst vor uns
zu haben als ich vor ihr. Ganz ruhig, Inja, sie ist schon weg.
Wahrscheinlich ist sie nicht einmal giftig wie diese widerlichen
kleinen Schlangen der Beysiber. Hanse? Hast du nicht gesagt,
daß Wunder dich einmal vor so einer Schlange gerettet hat, vor
einer Beynit?«
    »Aye. Es war gar nicht so einfach, Wunder mit in den Palast
zu nehmen. Ich trug ihn in einem großen Lederbeutel, den ich
mir um die Brust geschnallt hatte, denn auf dem Rücken wäre
das Gewicht zu groß gewesen und hätte mich aus dem
Gleichgewicht gebracht, als ich die Wände hinauf ging.«
    »Ging?«
    »Man hält ein Seil in beiden Händen, verstehst du,
so ungefähr, und… und geht einfach die Wände hoch. Das
ist sehr viel leichter, als wenn man klettern müßte, und
ohne ein Seil hätte ich es

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