Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
Bündel, das aus allen
Kleidungsstücken Mignureals bestand. Darunter befanden sich auch
ein Unterhemd, ein Leibchen und eine Art BH. In Violett. Auf seinem
Weg vom Kamm der Düne bis zum Ufer des kleinen Sees war Hanse
etwas dick geworden, weil er jedes der fallengelassenen, mit Stoff
umwickelten Päckchen Münzen in seine Tunika gestopft
hatte.
Und jetzt konnte er nur Mignureals triefnassen Hinterkopf sehen.
»Ist es so tief?«
Sie drehte sich zu ihm herum. Ihr Haar war naß und
zerwühlt, sie hatte es gewaschen. Sie lächelte und spritzte
mädchenhaft mit dem Wasser. »O Hanse, es ist wunderbar! Wer
hätte jemals gedacht, daß so ein kleines Wasserloch so
wunderbar sein könnte? Selbst das Schwimmbad im kaiserlichen
Palast könnte nicht besser sein!«
Ein kurzer Blick verriet ihm, daß der Teich ungefähr
zwanzig Fuß breit und dreißig Fuß lang war.
Vielleicht ein bißchen größer. »Klein, ja, aber
– verdammt, Mignue, das ist gefährlich! Du stehst bis zum
Kinn im Wasser.«
»Oh. Nein, ich sitze. Ich meine, du stehst da vorne,
und…« Sie verstummte. Sie musterte ihn eindringlich. Sie
schluckte. Das Beben ihrer Nasenflügel zeigte ihm, daß sie
tief durchatmete. Sie dachte nach, sie überlegte, und dann traf
sie eine Entscheidung. Langsam, den Blick auf ihn gerichtet, stand
sie auf.
Das Wasser war knietief. Hanse nahm den Blick von ihrem Gesicht.
Er schluckte schwer und ließ ihre Kleider fallen.
»O Mignue«, brachte er hervor und begann sich
auszuziehen.
»So ist das also! Und es hat weh getan, aber
nur einen kurzen Moment lang! Mmmm!« Sie küßte ihn
auf die Brust.
»Es ist sonst nicht genauso«, widersprach er.
»Einen Haufen Kleider als Bett zu nehmen, ist nicht genau das,
was ich…«
»Ein Haufen Kleider, in dem dicke, harte Päckchen mit
Silbermünzen stecken«, sagte sie. Sie lachte und
küßte ihn auf die Schulter. »Aber wie auch immer, ich
bin froh, daß es vorbei ist.«
Seine Stimme war ein heiseres Krächzen. »Was?!«
»Oh! Ich meine, ich bin froh, daß… ich meine, ich
bin froh, daß wir endlich… uh, was ich meine, ist, ich
muß mir jetzt keine Gedanken und Sorgen mehr darüber
machen, Liebling. Und ich liebe es. Ich liebe diiich«, sagte sie
und schmiegte sich an ihn.
Hanse seufzte und streichelte ihren Rücken, der jetzt fast
wieder so naß war wie vorhin, als sie aus dem Wasser gestiegen
war. Er war genauso naß wie sie. Er küßte ihr
klatschnasses Haar. »Ich liebe dich, Mignue. Und ich glaube, ich
verstehe, was du sagen willst. Ich hoffe es. Aber trotzdem, das war
immer noch nicht so, ›wie es ist‹. Normalerweise.«
Sie stützte sich auf die Ellbogen und blickte ihm in die
Augen. »So? Sag es mir.«
»Nun, normalerweise ist es, äh… es dauert
länger. Weißt du, ich war so aufgeregt,
daß…«
»Wirklich?« unterbrach sie ihn entzückt, und
ihre Augen glänzten. »Länger?«
»Uh-huh. Das nächste Mal.«
Sie küßte ihn auf die Nase, und ihre Augen
glänzten immer noch. »Jetzt?«
»Uhh…«
»Hanse, sehe ich in meinen Sachen wirklich fett und schwanger
aus?«
»Sicher.«
»Ohh… du könntest wenigstens ein bißchen
galant sein.«
Er lachte in sich hinein. »Was? Ich? Nachtschatten?«
Sie schlug nach ihm. Er packte ihr Handgelenk und küßte
ihre Hand.
»Hmpf. Wir werden… ich, ich schätze… ich
meine, es kommt mir nicht richtig vor, wenn ich jetzt wieder meine
T-T-Trauerkleider anziehe, nicht wahr, nachdem,
nachdem…«
»Du kommst wahrscheinlich auch ohne sie aus.« Er zog
sich bereits wieder an. »Wir werden den Ratschlag der Tejana
nicht befolgen. Wir haben uns schon ausgeruht. Wir werden heute nacht
nicht hier bleiben – wir werden weiter zu diesen Bäumen da
drüben gehen. Und ich muß dir noch etwas sagen. Wenn du
auch nur ein bißchen so ausgesehen hättest wie jetzt,
hätten sich diese Hundesöhne mehr als nur das Silber und
die Pferde genommen! Sie hätten etwas sehr viel Wertvolleres
geraubt.«
»O Liebling«, sagte sie und wußte, was er meinte.
Sie hatte genauso liebevolle und zärtliche Gefühle wie er;
wahrscheinlich noch mehr, denn sie war eine Frau. Da er sich gerade
seine enge Hose anzog, warf ihn ihr ungestümer Kuß fast
um.
»In Ordnung«, sagte sie nach kurzem Überlegen.
»Ich werde die roten Sachen jetzt nicht mehr tragen.«
»Aber alles andere«, entgegnete er. Plötzlich
lachte er verhalten. »Und das Geld!«
Als sie beide angezogen waren, wurde es ihr klar. »Wir werden
laufen müssen.« Es war eine
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