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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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Feststellung. Er konnte nicht
die geringste Klage aus ihrer Stimme heraushören, und dafür
liebte er sie.
    »Genau. Jeder geht auf einer Seite von Enas,
einverstanden?«
    »In… in Ordnung. Bist du sicher, daß du heute
nacht nicht lieber hierbleiben und morgen weitergehen
möchtest?«
    »Wir müssen wirklich weiter, Mignue.«
    »Gut, wenn du sagst… müssen? Warum müssen wir?«
    »Laß uns aufbrechen, Liebling. Ich erkläre es dir
unterwegs.«
    »Es ist das erste Mal, daß du mich so genannt
hast!« Und da er sich gerade vorbeugte, um nach dem Halfter des
grasenden Enas zu greifen, warf ihn ihre ungestüme Umarmung
beinahe zu Boden. Schon wieder.
     
    Etwa eine halbe Stunde später, als sie mit dem Onager auf die
Bäume zugingen, die schon beinahe grün auszusehen begannen,
erzählte ihr Hanse, was er vorhatte. Er drückte sich nicht
so aus, er nannte es, was er tun mußte.
    Sie beschwor ihn und argumentierte, weinte und beschwor ihn,
beschimpfte ihn und weinte und beschwor ihn wieder. Dann wurde sie
still und trotzig, sie wollte nicht begreifen und konnte ihn nicht
verstehen. Bis sie sich ein neues Argument ausgedacht hatte und ihn
wieder davon zu überzeugen versuchte. Alle Versuche schlugen
fehl, und sie hatte Angst. Sie konnte es nicht begreifen. Hanse war
ein Mann, und seine Männlichkeit war in Frage gestellt worden.
Nicht von ihr, nein. Das war nicht das Problem. Das Problem war sehr
viel schwerwiegender. Er war immer noch dabei, sich zu einem Mann zu
entwickeln, und er fühlte sich in seiner Männlichkeit
verletzt.
    Für dieses Geld hatte er alles gewagt, er hatte sich
abgemüht und war dem Tod nur knapp entkommen. Er war sogar
dafür gefoltert worden. Und er hatte jahrelang darauf warten
müssen, es aus dem Brunnen herauszubekommen. Nun hatten es diese
Hundesöhne, die nicht einmal vernünftige Sätze bilden
und kein S richtig aussprechen konnten, und das lag nur daran,
daß sie Armbrüste gehabt hatten.
    Was noch schlimmer war: Sie hatten Leuten in der Wüste ihre
Pferde weggenommen. Nachtschatten war ein Dieb mit Berufsehre. Kein
anständiger Dieb hätte so etwas getan, kein richtiger
Dieb.
    »Aber wir haben doch immer noch mehr als die Hälfte des
Geldes, Hanse! Das ist immer noch mehr Reichtum, als wir beide jemals
besessen haben!«
    »Das ist nicht der springende Punkt. Sie haben Pferde
gestohlen. Ich muß es versuchen.«
    »Hanse, sie könnten dich töööten!« rief sie und begann wieder zu
schluchzen.
    Sie gingen weiter, einer rechts und einer links von Enas, und sie
sprachen über seinen Rücken hinweg. Sie gingen nicht in die
Richtung, die Quesh ihnen gezeigt hatte oder in die, in die er
geritten war. Nein, sie gingen in die Richtung, die alle vier Tejana
letztendlich eingeschlagen hatten, wie Hanse mit Sicherheit zu wissen
glaubte. Zu der Baumreihe, zu ihrem hübschen, gemütlichen
Lager zwischen den Bäumen, das nach Hanses Überzeugung dort
liegen mußte.
    »Nein, das werden sie nicht. Sie werden mich nicht
töten, Mignue, und es wird auch keiner von ihnen sterben
müssen. Ich werde warten, bis es dunkel wird. Und sogar noch
länger, Mignue. Sie werden mich weder hören noch sehen
– bis ich es geschafft habe.«
    »Und dann werden sie dich
töööten!«
    »Würdest du endlich damit aufhören? Außerdem
wird Wunder mich begleiten. Wunder, kommst du mit mir?«
    Wunder döste auf dem Gepäck des Onagers. Sein Schwanz
zuckte, und ein Auge öffnete sich beinahe.
    »Siehst du? Siehst du? Sogar diese Katze weiß,
daß du verrückt bist, Hanse! Tu Es Nicht!«
    »Nenn… mich… nicht… verrückt,
Frau!«
    »Ich hab’ es nicht so gemeint. Was du vorhast, ist
verrückt!« Und sie schluchzte schon wieder oder immer
noch.
    »O Mignue, Mignue – bitte hör auf. Ich muß.
Du mußt einen Mann tun lassen, was er tun muß, und ich
muß es tun.«
    Ihre Antwort klang hitzig und wie ein Vortrag.
»S’danzofrauen lassen ihre Männer nicht gehen, damit
sie sich aus unwichtigen Gründen umbringen lassen.«
    »Woa!« rief Hanse dem Onager zu und zog an seinem
Halfter.
    Enas war froh, stehenbleiben zu können. Er blickte
zurück, als ob er sich wünschte, er hätte sich noch
ein oder zwei Mäuler voll des appetitlichen Grases einverleibt.
Hanse trat vor ihn, die Hände an Kopf und Halfter des Tieres,
damit er Mignureal ansehen konnte.
    »Hör zu«, sagte er in einem ruhigen Tonfall, der
sie aufhorchen ließ, und mit einem Gesichtsausdruck, der sie
daran erinnerte, warum so viele Leute ihn,

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