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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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Seiten. Enas setzte sich in westlicher Richtung entlang des
Waldrandes in Bewegung. Hanse vermied es sorgfältig,
zurückzuschauen. Er konnte Mignureals Augen auf seinem
Rücken fühlen.
    Als er einige Minuten später auf den Boden sah, entdeckte er
den großen roten Kater, der neben Enas lief.
    »Wunder! Möchtest du reiten?« Hanse klopfte auf den
schwarzen Stoff auf seinem Oberschenkel.
    Einen Augenblick später unterdrückte er mit
zusammengebissenen Zähnen einen Aufschrei und stöhnte. Ja,
Wunder wollte reiten, aber er hätte beinahe sein Ziel verfehlt
und mußte seine Krallen in Hanses Bein schlagen, als er nach
seinem Satz dort landete. Hanse mußte sich
zusammenreißen, um nicht nach ihm zu schlagen.
    »Au! Verdammt! Diese Kratzer werden noch stundenlang jucken.
He – willst du nicht lieber hinter mir reiten?«
    Nein, Wunder suchte sich einen Platz vor ihm, kuschelte sich
zwischen seinen Schenkeln zusammen, wo es schön warm war, und
hielt ein kleines Nickerchen.
    »Verdammter Kater. Erinnerst du dich noch, daß wir uns
damals im Nebenzimmer von Fuchs’ Kneipe auf Anhieb unsympathisch
waren?«
    Wunders Schwanz zuckte zustimmend, seine Augen blieben
geschlossen. Hanse seufzte und versuchte, den Onager zu einer etwas
schnelleren Gangart anzutreiben. Und dabei kratzte er seinen
juckenden Oberschenkel.
     
    Ungefähr eine Stunde später, eine sehr eintönige Stunde später, erhob sich Wunder. Während er einen
Katzenbuckel machte und unsicher die Balance hielt, sah er sich
aufmerksam um. Hanse tätschelte ihn zärtlich, und Wunder
preßte sich gegen seine Hand. Dann sprang er zu Boden. Hanse
zog am Zügel und beobachte, wie sich Wunder nach allen
Richtungen umsah, während sein Schwanz in ständiger
Bewegung war. Er hob den Kopf, gab eins seiner Geräusche von
sich, die nach allem anderen als nach einem ordentlichen
»Miau« klangen, und verschwand zwischen den
Bäumen.
    »Was für eine großartige Hilfe«, murrte
Hanse. »Ihm fällt auch nichts Besseres ein, als sich zu
strecken und zwischen der erstbesten Lücke in den Bäumen zu
verschwinden.«
    Er wollte gerade weiterreiten, als Wunder wieder auftauchte und
ihn anstarrte. Hanses starrte blinzelnd zurück. Er sah, wie
Wunder den Schwanz steil in die Höhe reckte, sich umdrehte,
einen Blick zurück warf und wieder zwischen den Bäumen
verschwand.
    »Ich komme mir wie ein richtiger Blödarsch vor,
Enas«, murmelte Hanse, »aber los, folgen wir ihm.«
    Da der Esel nicht genügend Verstand besaß, den
tiefhängenden Ästen auszuweichen – vielleicht schlug
er auch aus purer Hinterlist absichtlich diesen Weg ein –,
peitschten die Zweige Nachtschatten immer wieder ins Gesicht, und
bald stieg er ab. Daraufhin fühlten sich sowohl er als auch Enas
ziemlich erleichtert. Nun hatte Hanse nur noch mit den Büschen
und Bäumen zu kämpfen, gegen die ihn Enas mit voller
Absicht zu drücken schien. Sie folgten Wunder weiter durch die
Finsternis.
    Schon lange bevor sie ihr Ziel erreicht hatten, hörte Hanse
Stimmen und das leise Wiehern eines Pferdes. Wunder hatte ihn mit
unfehlbarer Sicherheit zum Lager der Tejana geführt.
     
    Die einzigen Geräusche im Wald stammten von Insekten.
Manchmal war auch das leise Rascheln einer Schlange auf Beutejagd zu
vernehmen. Hin und wieder verstummten die Insekten in bestimmten
Bereichen, und ein lautloser Schatten huschte vorbei. Kurz darauf
ertönten wieder ihre Rufe, mit denen sie ihr Revier für
sich beanspruchten oder einen Partner zu Paarung aufforderten. Der
lautlos durch die Dunkelheit des Waldes huschende Schatten verharrte,
um sich niederzukauern und wieder in das Lager der Tejana zu
spähen, das von ihrem Kochfeuer gut erleuchtet wurde. Seit der
stumme Schatten zwischen den Bäumen es zum letzten Mal
beobachtet hatte, war Twel erschlafft. Er befand sich immer noch halb
sitzend, halb liegend an der gleichen Stelle nahe des Feuers, aber
jetzt war ihm das Kinn auf die Brust gesunken. Er war nicht
länger an seinem Becher interessiert.
    Gut, dachte der Schatten, die Ausgeburt der Finsternis. Er hat sich in den Schlaf getrunken. Und so, wie er vorhin gelallt
hat, wird er nicht mehr vor dem Morgengrauen aufwachen. Glück
für Twel – und Glück für mich! Zu schade,
daß sich die anderen nicht auch über Kopfschmerzen beklagt
und sich in den Schlaf getrunken haben!
    Er hörte ein kaum wahrnehmbares Geräusch und erstarrte,
die Hand fest um den Griff des Krummdolches gelegt. Dann spürte
er eine federleichte Berührung und

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