Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
befriedigt und ging zuversichtlich weiter.
Seine Vermutung erwies sich als richtig, er fand die Sättel
und das Zaumzeug. Mit einem verkniffenen Lächeln schlüpfte
er unter dem Querbalken in den Pferch. Er richtete sich wieder auf,
ergriff einen Zügel und machte leise tschk –
tschk.
Er hatte sich richtig und kaltschnäuzig verhalten, aber er
war doch erstaunt, als ein Pferd zu ihm hinübertrottete.
Hanse strich ihm über das Fell, erhielt einen zärtlichen
Stubs mit den Nüstern des Tieres und streichelte es. Das Pferd
trug einen Halfter. Kurz darauf trug es ebenfalls einen Zügel
und dann einen Sattel. Grinsend zäumte der huschende Schatten
das nächste auf und sattelte es ebenfalls. Dann ein drittes. Die
Pferde bewegten sich gemächlich, nicht im mindesten beunruhigt.
Wunder, dem Himmel sei Dank, war nicht mit in den Pferch gekommen.
Allerdings hätten diese Tiere wohl auch kaum Angst vor einer
einfachen Katze gehabt, auch wenn sie ungewöhnlich groß
war.
Ich muß diese Angelegenheit nur zügig und ruhig
über die Bühne bringen, dachte Hanse. Ich kann nicht
wissen, ob nicht zehn oder zwanzig andere Tejana eine Meile entfernt
lagern oder gerade unterzvegs sind, um sich den Schweinen hier
anzuschließen!
Hanse zäumte ein viertes Pferd auf, erkannte den Schwarzen an
der Blesse und flüsterte ihm zärtliche aber sinnlose Worte
in ein großes haariges Ohr. Der Schwarze schien sich geradezu
begeistert zu den Sätteln hinüberführen zu lassen.
Warum sollte Hanse die Sättel auch zu den Tieren schleppen, wenn
die Pferde so folgsam waren? Die ganze Aktion erwies sich als so
einfach wie das Pflücken von Brombeeren. Nur gab es hier nicht
einmal Stacheln! Er griff nach dem nächsten schweren und
hölzernen, mit Leder bespannten Sattel.
Das herabsausende Schwert verfehlte seine Finger nur um einen
Zoll. Mit einem Geräusch, das in der Stille der Finsternis um
ein Vielfaches lauter klang, grub sich die Klinge zu zwei Dritteln in
den Sattel. Hinter dem Schlag blitzten hell Zähne in einem Mund
auf, den der Tejanit voller Entzücken aufgerissen hatte. Hanses
Hand zuckte zurück, und der Zügel des Schwarzen fiel mit
einem leisen Geräusch zu Boden.
»Bist du das, Shink?« flüsterte Hanse. Sein linker
Arm lag über seinem Oberkörper, der Daumen berührte
den rechten Oberarm.
»Aye«, gab Shink zurück. Er zeigte immer noch
grinsend die Zähne, während er sein Schwert freizerrte und
es zurück riß, um zu einem weiteren Schlag auszuholen.
»Und ich weisch auch, wer du bischt, Junge. Rat mal, wer
tröschtet deine schwangere Schau von Frau, wenn du bischt
Hundefutter!«
»Du nicht, Shink«, stieß Nachtschatten zwischen
zusammengebissenen Zähnen hervor und ließ seinen linken
Arm mit all seiner Kraft und Schnelligkeit nach links schnellen.
Genau am richtigen Punkt des Bogens, den seine Hand beschrieb,
öffnete er die Finger. Die schlanke, blattförmige Klinge
bohrte sich mehrere Zoll tief in die obere Hälfte von Shinks
Brust. Da das Schwert bereits herabsauste, warf sich Hanse zu Boden,
rollte sich ab und trat eher zufällig aber gekonnt so heftig
seitlich gegen Shinks Knie, daß ihm der Fuß durch die
weichen Sohlen seiner Stiefel hindurch weh tat. Shinks Knie gab im
gleichen Augenblick nach.
Unglücklicherweise war es fürchterlich dunkel, und Hanse
hatte fast einen Zoll unter dem anvisierten Ziel getroffen. Das
Messer war zur Hälfte in der Grube zwischen Shinks
Schlüsselbeinen verschwunden, doch es konnte nicht verhindern,
daß er einen qualvollen lauten Schrei ausstieß.
Wahrscheinlich konnte selbst Mignureal in mehr als einer Meile
Entfernung diesen Schrei noch hören.
Doch zur gleichen Zeit kreischte auch Wunder. Es war ein
unglaublich gräßliches Kreischen, und von der
gegenüberliegenden Seite der Lichtung und des Lagers stimmte
Enas mit seinem Trompeten in den Lärm ein. Auch er schrie
ununterbrochen und mit höchster Lautstärke. Ischade, dieses
Ungeheuer aus Freistatt, das Leichen wieder zum Leben erweckte,
wäre begeistert gewesen. Das Trompeten des dämlichen Esels
war laut genug, um die Toten im Umkreis von einigen Meilen
aufzuwecken.
Das war mehr als Shink zustande brachte. Er schrie nur einmal.
Dann stürzte er zu Boden und zuckte im Todeskampf mit den
Beinen.
Enas schrie sein iiihhh-aaahhh weiter hinaus. Noch während er
sein Messer wieder aus dem Körper des Tejanit herauszog und es
an Shinks Tunika abwischte, verzerrte ein plötzlicher Gedanke
Hanses Lippen zu einem grimmigen
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