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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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Bratpfanne. Sie wendete den Fisch wieder
mit dem Messer, das Hanse ihr gegeben hatte.
    »Mignue… Meinst du, wir könnten sie Mondblume
nennen?«
    Sie warf ihm einen schnellen Blick zu, und sofort begannen ihre
Tränen zu fließen. »Wie kannst du… meine
Mutter… oh, wie kannst du nur?«
    Hanse war überrascht und entschuldigte sich auf der Stelle,
aber diesmal schmolz er nicht dahin und wandte sich auch nicht
angesichts der größten Ursache für Schuldgefühle
ab, die die Welt kannte: die Tränen einer Frau.
    »Wie kann ich nur?« echote er. »In Achtung und in
Erinnerung an Mo…« Seine Stimme brach. Er versuchte erst
gar nicht, gleich weiterzusprechen, und wandte den Blick ab.
    »O Hanse«, hauchte sie, als sie begriff, was in ihm
vorging. Sie blinzelte und sah ihn aus tränennassen Augen
zärtlich an.
    »Aber natürlich werden wir sie nicht so nennen, weil du
das nicht möchtest«, sagte er. Er musterte das kleine Tier.
»Ich würde dich gerne Mondblume nennen, schmutziges
Kätzchen, und ich bin sicher, das würde dir auch gefallen.
Aber… ich glaube, dein Name ist jetzt Regenbogen.«
    »Das ist hübsch, Hanse! Regenbogen! Wir lieben dich,
Regenbogen.«
    Und dann vergaßen sie alles um sich herum außer
Regenbogen und dem Gefühl, daß sich etwas Unheimliches auf
die Waldlichtung stahl. Die Veränderung, die mit der Katze vor
sich ging, war genauso sichtbar, wie man einem Baby beim Wachsen
zusehen konnte, es geschah, und es geschah schnell, und doch
konnten weder Hanse noch Mignureal die Bewegung richtig erkennen.
    Regenbogen veränderte sich. Die dürre Katze wurde
vor ihren Augen fülliger, das Fell über ihrem
offensichtlich unterernährten Körper bekam Glanz und wurde
eindeutig glatter. Innerhalb einer Minute schien sie ein oder zwei
Pfund zugenommen zu haben – gerade so viel, daß sie nicht
dick wirkte –, und dabei erweckte sie den Eindruck, als
hätte sie die richtige Nahrung zu sich genommen, die ihrem Pelz
Geschmeidigkeit und Glanz gab.
    Dann ging Regenbogen zu Wunder hinüber und stubste seine Nase
mit ihrer an. Wunder setzte sich.
    »Götter«, sagte Hanse mit zitternder Stimme. »Zauberei!«
    »Bitte sag jetzt nicht wieder: ›Ich hasse
Zauberei‹, Hanse. Schau sie dir an! Unsere Regenbogen mag
ihren Namen offensichtlich. Und sie mag ihre beiden Menschenfreunde.
Und Wunder.«
    Nachdem er eine halbe Minute vor sich hin gebrütet hatte,
zuckte Hanse zusammen. »Hoy! Aber diesen Fisch wird sie
wahrscheinlich nicht mögen, und wir auch nicht, wenn wir die
Pfanne nicht vom Feuer nehmen!«
    »Oh!« schrie Mignureal auf und riß die Pfanne aus
den Flammen. Dabei flog einer der dampfenden, appetitlich duftenden
Fische ins Gras. Nur weil er wirklich sehr heiß war, verloren
sie diesen Teil ihres ohnehin schon mageren Essens nicht an Wunder,
der sich sehr für den Fisch interessierte.
    »Es ist nun mal passiert«, sagte Mignureal und nagte an
ihren Lippen, während Hanse den Fisch anstarrte, der im Gras
dampfte. »Und das Gras macht ihm bestimmt nichts aus.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er, »ich
denke an etwas ganz anderes. Und solange ich mir das Essen ansehe,
muß ich nicht Regenbogen ansehen.«
    Regenbogen, die Wunder betrachtete, der wiederum den
heruntergefallenen Fisch betrachtete, schnurrte.
    Mignureal zog diesen Teil ihres Essens unter der Nase des
großen roten Katers weg. »Laß das, du. Du hast schon
einen ganzen Fischkopf gefressen, mit den Augen und allem anderen.
Öhhh! Ich wollte, ich hätte das nicht
erwähnt!«
    »Der Gedanke daran kann mir den Appetit nicht
verderben«, versicherte Hanse und sog den aromatischen Duft tief
ein. »Meine Dame, laßt uns speisen.«
    Sie lachte. Sie saßen mit überkreuzten Beinen einander
gegenüber im Gras und scheuchten ab und zu die Fliegen oder die
Katzen weg. Der Fisch war gut, und nach der langen Zeit, in der sie
keine frisch zubereitete Nahrung gegessen hatten, schmeckte er
doppelt so gut. Die gebratenen Krebse waren geradezu unglaublich.
Während des Essens kamen sie kaum zum Reden. Sie tauschten
einige Vermutungen über das Geheimnis aus, das über
Regenbogen und den elf Münzen lag, aber Hanse gefiel keine
davon.
    »Sehr gut«, meinte er schließlich, tätschelte
zufrieden seinen Bauch, und Mignureal verneigte sich. Da sie ihm
gegenüber saß, war der Anblick beeindruckend.
    Sie beendeten ihre kleine Mahlzeit mit ein paar getrockneten
Datteln, die sie noch in Freistatt gekauft hatten, und als Hanse
Wunder eine Schüssel Bier

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