Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
Das gleiche galt
für die Pfirsiche. Alle vier Mitglieder ihrer Gastgeberfamilie
stellten unablässig Fragen und wollten alles über ferne und
romantische Länder wissen. Rys interessierte sich für
Hanses Messer, Rose für Mignureals Kleider. Hanse und Mignureal
beantworteten alle Fragen, auf die eine oder andere Weise. Sie
behaupteten, sie kämen aus Klarfeld – Mignureal hatte sich
das einfallen lassen – und versicherten ihren Gastgebern,
daß sie keine fernen und romantischen Länder kennen
würden. Sie hatten sich entschieden, weder die Tejana noch die
Silbermünzen zu erwähnen.
Als sie erzählten, daß sie unterwegs nach Firaqa waren,
wurden sie bedrängt, nicht in diese stinkende Stadt zu ziehen,
sondern sich lieber auf einem Bauernhof niederzulassen, wo die Luft
frisch und die Tiere und Nachbarn hilfsbereit und
vertrauenswürdig waren.
Als sie ihn nach seinem Beruf fragten, sagte Hanse, daß ihre
beiden Väter Ladenbesitzer gewesen seien und daß sie sich
in diesem Beruf auskennen würden. Das stimmte zumindest in
Mignureals Fall. Mit all ihren Pferden, bemerkte Imrys, sollten sie
durchaus in der Lage sein, die Anzahlung für einen Laden in
Firaqa zu leisten und sich über den Rest mit dem Besitzer oder
einem Geldverleiher zu einigen, aber »… ihr wärt sehr
viel besser beraten, wenn ihr diese guten Tiere zur Arbeit auf gutem
Farmland benutzen würdet.«
Sie erfuhren wenig über Firaqa, da ihre Gastgeber kaum etwas
über die Stadt wußten. Tenny und die Kinder waren noch nie
in ›Der Stadt‹ gewesen, wie sie sie nannten, Imrys nur
einmal, weil es sich nicht vermeiden ließ. Er verspürte
auch kein Verlangen, noch einmal dorthin zurückzukehren. Als
Rose eine entsprechende Bemerkung machte und Rys ihn heimlich ins
Vertrauen zog, erfuhr Hanse, daß der Rindfleischeintopf etwas
ganz Besonderes war, Fleisch war eine seltene Kost in dieser
Gegend.
Sie erfuhren auch, daß die Steuern und ihre Eintreiber gar
nichts Schlechtes waren. Sehr merkwürdig!
Nachdem sie das Essen beendet hatten, bot ihnen Imrys Bier an. Es
überraschte ihn und Tenny, daß keiner ihrer Gäste
davon Gebrauch machen wollte, aber die beiden Gastgeber leerten
jeweils einen Krug. Nach Sonnenuntergang saßen sie alle noch
eine Zeitlang zusammen im Freien, und Imrys und Tenny deuteten auf
diesen oder jenen Baum, in die eine oder andere Richtung, redeten
über Bauernhöfe und erwähnten die Namen von
ungefähr zwanzig Leuten, die ebenfalls in der Gegend wohnten.
Gute, ehrliche Leute, wie Imrys immer wieder versicherte.
»Ich muß mir hinter der Scheune einmal etwas
anschauen«, sagte Hanse, als das Zwielicht verdämmerte und
die Nacht hereinbrach.
Imrys gestattete ihm, sich umzusehen. Rys bettelte darum,
mitkommen zu dürfen, aber das wurde ihm nicht erlaubt. Hanse
fügte hinzu, daß er mit Mignureal etwas zu besprechen
hatte, und sie ging mit ihm neben die Scheune. Sie war sofort mit
seinem Vorschlag einverstanden. Ihre Gastgeber sahen erfreut zu, wie
sich die beiden umarmten.
»Es tut immer gut, nach einem Essen und ein wenig Bier seinen
Auffangbehälter zu entleeren«, sagte Imrys ein paar Minuten
später und rühmte sein selbstgebrautes Gerstenbier,
während er ›seinen Auffangbehälter‹ an einer
riesigen Eiche hinter der Rückwand der Scheune entleerte.
»Du hältst wohl nichts vom Trinken, Hanse?«
»Ich habe es eine Zeitlang zu ausgiebig betrieben, Imrys.
Habe dann für immer damit Schluß gemacht.« Seine
Behauptung entsprach zumindest teilweise der Wahrheit. Nachdem er
seinen eigenen Auffangbehälter entleert hatte, knöpfte
Hanse seine Hose und seine Tunika wieder zu. »Imrys, Mignureal
möchte Rose den Wollrock schenken, von dem das Mädchen so
begeistert ist, und ich würde Klein-Imrys gerne meine
Schärpe geben. Wenn du nichts dagegen hast.«
»Ein Rock! Aber das ist viel zuviel, Hanse. Und was deine
schöne rote Schärpe betrifft, du hängst doch bestimmt
sehr daran. Es besteht kein Grund, sie an den Jungen zu
verschwenden.«
»Imrys, die beiden Sachen sind nicht einmal mehr neu, und wir
würden sie den Kindern gerne geben. Oder hast du irgendwelche
Einwände?«
Imrys schüttelte nur einmal den Kopf. »Du hast sie
gerade gehört. Es ist nur nicht nötig, das ist
alles!«
»Dann ist alles klar.«
»Ihr seid wirklich feine Leute, Hanse. Meine Kinder werden
glauben, der Mond sei vom Himmel gefallen und hätte sie mit
Sternen überschüttet! Und ich würde mich wirklich
freuen, wenn ihr es euch noch mal überlegt,
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