Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
heranmarschiert kam. Ihr Anführer
trug den gleichen Umhang wie Gaise. Er meldete:
»Sergeant Gaise, ich löse dich und deine Männer
ab.«
Gaise nickte ihm zu und blickte zum Turm hinauf. »Ock! Kannst
du irgend etwas Bedrohliches erkennen?«
»Nein, Sergeant!«
»Dann komm runter. Sergeant Rimizin, du hast das
Kommando.« Damit war das Formelle erledigt, und Gaise
gähnte demonstrativ. »Wieder mal ein schön
langweiliger Tag, Rim. Hoffe, dein Abend bleibt genauso ruhig. Ich
werde dieses nette Pärchen jetzt nur noch zur Grünen Gans
bringen. Sie haben den ganzen Weg von Freistatt hinter sich und haben
unterwegs ein bißchen Ärger mit den Tejana
gehabt.«
»Sieht so aus, als hätten sie’s gut
überstanden«, sagte Rim. »Tejanapferde, nicht
wahr?«
»Aye. Wir haben sie hier auch schon viel zu lange
aufgehalten. Sie möchten jetzt unbedingt aus den Sätteln
heraus, und das kann ich gut verstehen. Du kannst dir ihre Geschichte
ein anderesmal anhören.«
»Verdammt!« knurrte Rim und sah an Hanse vorbei.
»Sieht so aus, als hättest du das Pferd zu lange hier
stehen lassen, Gaise!«
Hanse drehte sich in seinem Sattel herum und sah, daß das
graue Pferd den Schwanz gehoben hatte. Er konnte gerade noch das
plumpsende Geräusch hinter dem Grauen hören. Gut, dachte er. Das haben sie nun davon, daß sie uns so lange
in den Sätteln sitzen lassen und uns vollgequatscht haben! Jetzt
müssen sie eine schöne Sauerei beseitigen. Schade nur,
daß es nicht Gaise und seinen alten Beamten trifft!
Gaise lachte. »Mein Fehler. Tut mir leid, Rim. Meine Jungs
und ich sind gerade nicht mehr im Dienst.«
»Wenn wir das nächste Mal zusammen in eine Schenke
gehen, wirst du die Zeche bezahlen«, erwiderte Rimizin trocken.
»Taff, schnapp dir den nächstbesten Bettler und sag ihm,
daß wir Brennmaterial für ihn haben, das er verschachern
kann. Wenn’s sein muß, schleif ihn mit Gewalt her.«
Er blickte zu Hanse auf. »Hast du in Freistatt mal einen Mann
namens Ratsiraka getroffen?«
»Nie.«
»Gut für dich. Willkommen in Firaqa.« Rim winkte
nachlässig. »Such die Grüne Gans, bevor ein anderes
Pferd das gleiche Bedürfnis wie das graue
verspürt.«
»Ja, Sergeant. War mir ein Vergnügen, Sergeant. Sergeant
Gaise, möchtest du reiten?«
Gaise schmunzelte und stieß den Turmwächter in die
Seite, als dieser unten angekommen war und ein anderer die Leiter
hinaufstieg. »Ich kenne die Worte, mit denen die Tejana ihre
Pferde lenken, auch nicht, Hanse.«
Mignureal und einer von Gaises Leuten lachten laut auf. Hanse
zuckte die Achseln. »Steig auf den anderen Rappen. Er hat nicht
den Tejana gehört – abgesehen von ein paar
Stunden.«
Gaise wollte gerade zu dem Schwarzen gehen, als Rim irgend etwas
bemerkte. Die beiden Sergeanten zogen sich ein paar Schritte
zurück. Die Männer, die Gaises Kommando angehörten und
jetzt außer Dienst waren und anscheinend den Rest des Tages
frei hatten, zerstreuten sich.
Hanse tat so, als würde er nicht bemerken, daß Rim
seinem Kameraden mit ein oder zwei schnellen Blicken auf Hanse etwas
zuflüsterte. Nachtschattens Rücken begann zu prickeln. Er
sah kurz zu Mignureal hinüber. Jetzt nickte Gaise, zuckte die
Achseln und gab Rimizin einen freundschaftlichen Klapps auf den
Oberarm.
»Später«, sagte er und ging zum Schwarzen, um ihn
von den anderen Pferden loszumachen. Er schwang sich schnell und
gekonnt in den Sattel und lenkte das Tier neben Hanse. »Hanse,
Min-ju-riel… in diese Richtung.«
»Min-ju-rie-el«, sagte Mignureal.
Der rotgesichtige Besitzer des Gasthauses Grüne Gans war
beeindruckt, daß er Gäste bekam, die von einem Sergeanten
der Stadtwache begleitet wurden. Er und Gaise verkehrten
offensichtlich freundschaftlich miteinander. Das beeindruckte Hanse.
Daß er und Mignureal mit sechs Pferden – den Onager nicht
zu vergessen – ankamen, beeindruckte wiederum Khulna, den Wirt
mit dem kräftigen Kinn.
»Aye«, sagte der große, kahlköpfige Mann mit
einem kaum wahrnehmbaren Nicken, er könnte die Tiere
unterbringen. Um die Katzen aber müßten sich Hanse und
Mignureal leider selbst kümmern. Ja, er hätte ein
hübsches Zimmer, im ersten Stock und nach hinten gelegen.
»Aye«, versicherte er mit einem kaum wahrnehmbaren
Lächeln, das Zimmer hätte auch ein gutes Schloß von
innen.
»Dann laß uns über die Bezahlung reden«,
sagte Hanse, und Khulna fragte, wie lange sie bleiben wollten und was
mit den Pferden geschehen sollte.
»Eine Weile«, sagte Hanse.
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