Diebin der Nacht
Dollar für jeden von euch. Ich tue das meiner Verlobten zuliebe, nicht für mich selbst, ihr habt also keine Veranlassung mehr, sie in Zukunft weiterhin zu belästigen.«
Rafe hielt jedem der beiden Männer seinen Anteil hin und zwang sie zum Blickkontakt, bevor er das Geld losließ. »Nun habt ihr kein Recht mehr auf irgendeinen Groll gegen sie, keiner von euch beiden, also lasst sie in Ruhe, ich warne euch. Lasst euch das gesagt sein, Männer, denn ich halte mein Wort: Jeder, der für mich arbeitet, ist ein bewaffneter Scharfschütze, genauso wie ich selbst auch. Sollte ich noch einmal eure habgierigen Visagen auf meinem Staten Island Grundstück oder in meinem Büro in der Wall Street sehen, so werde ich euch auf der Stelle verhaften lassen. Ich habe hier einen Zeugen dafür, dass ihr Erpresser seid - ein schweres Verbrechen. Ihr seid beide gewarnt worden, und nun guten Tag.«
Nachdem die beiden Männer hinausgeeilt waren, ging Rafe ins Schlafzimmer, wo er sich aus einem offenen Fenster lehnte und sich davon überzeugte, dass Lorenzo und Sparky wirklich hinausgegangen waren. Er lief zurück in sein Arbeitszimmer und schaute Sam an. »Meinen Sie, dass wir die Gefahr angemessen aus der Welt geschafft haben?«
»Ohne Frage. Die Anklagen, die wir gegen sie erheben können, sind schwerwiegend, und das wissen die beiden auch. Sie haben ihnen genug Geld gegeben, um jeglichen Rachedurst gestillt zu haben. Andererseits aber auch nicht so viel, dass es den Anschein hat, Sie wollten sie mundtot machen. Übrigens - die Sache mit den >Köde rn unter Hai- en< hat mich beinahe in Lachen ausbrechen lassen. Hat ihnen aber auf jeden Fall einen gehörigen Schrecken eingejagt-«
»Das hoffe ich«, sagte Rafe abwesend. »Wissen Sie, Sam, ich hatte wirklich gehofft, etwas von den beiden zu erfahren. Über die Frau, meine ich.«
»Das habe ich bemerkt. Ich hatte es in der Tat ebenfalls gehofft.«
»Sehen Sie! Verstehen Sie, wie sie ist? Das ist es nämlich, was sie mit den Menschen macht, sie geht einem unter die
Haut, ohne es darauf anzulegen - es passiert einfach.« Rafe legte das Kästchen in die Schublade zurück und fing an, langsam zwischen dem Schreibtisch und der Schlafzimmertür hin- und herzulaufen.
»Ist ja auch egal, Sam, aber ich fange an, Gefallen an ihr zu finden.«
»Da gibt es eine gewagte Theorie«, bemerkte Sam trocken, und Rafe lächelte prompt.
»Ich verstehe nun«, fuhr er fort, »warum die römischen Generäle glauben, dass Frauen einen schlechten Einfluss auf die Krieger ausüben. Sie geben den Männern zu viel Anlass zum Nachdenken, und Männer, die ständig Frauen im Kopf haben, blicken dem Tode nicht mutig ins Gesicht.«
Rafe wusste, dass Sam dramatisch wurde, er nahm es Mystere jedoch wirklich übel, dass sie seine Zerstörungspläne, die er im Interesse der Vergeltung schmiedete, durchkreuzte. Für Caroline Astor und ihre Anhänger war der Tod von John und Katherine Beiloch vollkommen unbedeutend. Was war denn auch schon dabei, dass sein Vater während der schwierigen Zeit vor dem Bürgerkrieg viele von ihnen zahlungsfähig gehalten hatte? Nicht ein einziger war erschienen, um einem ehrbaren Mann ein ehrbares Begräbnis zu verschaffen.
Als seine Mutter kurz darauf starb, schickten Caroline und ein paar andere Beileidsbekundungen. Auch ihre Beerdigung jedoch war eine geächtete Veranstaltung, die nur von ein paar Verwandten besucht wurde. Diese letzten Affronts hatten Rafe über all die Jahre hinweg nie wieder losgelassen - hatten sich wie ein Krebsgeschwür in ihm ausgebreitet.
Also gut, dann ist es eben eine Krankheit, gestand er sich ein. Vielleicht sind wir ja nur so krank wie unsere Geheimnisse.
Und das ist wahrscheinlich auch der Reiz der Lady Moonlight, dachte er mit düsterem Lächeln. Niemand, so hat es den Anschein, besitzt mehr Geheimnisse als sie.
»Sie sind zu streng mit sich selbst«, versicherte Sam ihm, als er alles in seine Aktentasche zurückpackte. »Ich habe sie bisher ja noch nicht kennen gelernt, aber allem Anschein nach muss sie eine wirklich bemerkenswerte Frau sein. Ich denke, Sie haben herausgefunden, dass sie eine fesselnde Persönlichkeit ist.«
»Sie haben Recht, sie ist in der Tat ein Mysterium, wie ihr Name es schon andeutet. Aber in diesem Falle würde ich die Erkundigungen lieber selbst in die Hand nehmen, Sam.«
Farrell ließ ein Grinsen aufblitzen, das seine schlechten Zähne zum Vorschein brachte. »Ich war mir nicht bewusst, meine Dienste angeboten zu
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