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Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meagan McKinney
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mitzumachen?«
    Sie hatte ihn bewusst dazu gedrängt zu bestätigen, was sie schon längst befürchtet hatte.
    »Du hast keine andere Wahl als mitzumachen«, antwortete er mit einer Stimme, in der nicht das kleinste bisschen Menschlichkeit lag. »Du wirst tun, was ich dir auftrage.«
    »Und wenn ich es nicht tue?«
    »Dann werde ich dich eigenhändig umbringen«, erklärte er unbeirrbar. »Ich habe etwas aus dir gemacht, und ich kann dich verdammt noch mal auch wieder zerstören.«

28
    Wie er es meistens tat, nachdem er vernichtende Drohungen gegen Mystere ausgesprochen hatte, versuchte Rillieux während des Nachmittagstees, sich umgänglich und reumütig zu geben. Sie zog sich jedoch lediglich hinter das distanzierte, gezwungene Lächeln zurück, das sie mit den Jahren perfektioniert hatte. Pauls letzter Wutanfall hatte sie mehr denn je mit dem Gefühl zurückgelassen, dass es an ihr lag, Blutvergießen und strafrechtliche Verfolgung auf beiden Seiten zu verhindern. Trotz ihrer wachsenden Angst vor Paul und ihrer Verachtung seinem Tun gegenüber, wie er Diebstahl nannte, war dies hier sozusagen ihre Familie. Rose und Hush im Besonderen. Sie musste auch für sie das Beste tun, nicht nur für sich selbst und für Rafe.
    Sie wollte jedoch nicht für immer aus der Stadt verschwinden, ehe sie nicht ihre kürzlich aufgekommenen Zweifel über Paul ausgeräumt hatte. In ihr wuchs nämlich die Überzeugung, dass er Teil einer Verschwörung gewesen war, die mit Brams Verschwinden zu tun gehabt hatte. Diese Überzeugung wurde durch einen Vorfall direkt nach dem Tee noch verstärkt.
    Die Nachmittagspost war während der Teezeit angekommen, und Hush hatte sie pflichtbewusst auf dem Briefständer in der Eingangshalle sortiert. Mysteres kleiner Stapel enthielt lediglich eine Nachricht von einer ehemaligen Schulfreundin, die gerade in Griechenland Urlaub machte.
    Oben auf Pauls Stapel erspähte sie jedoch die vertrauten, goldgeprägten Insignien der Granvilles verbunden mit dem Wappen der Sheridans. Paul nahm kommentarlos seine Post an sich und ging in Richtung Treppe.
    »Hast du nicht vor, deine Post zu öffnen?«, rief sie hinter ihm her. »Normalerweise kannst du doch kaum erwarten und reißt sie direkt hier auf.«
    »Ich bin müde«, rief er zurück, ohne sich dabei umzudrehen. Sie konnte nicht sicher sein, ob er nicht vielleicht übertrieb, um Mitleid zu erregen, er klang jedoch wirklich müde. Sie hasste das Mitgefühl, das sie für ihn empfand; schließlich war er ein alter Schurke, der seine Leiden verdient hatte.
    Hush sah, wie sie ihren Seidentaftsonnenschirm aus dem Schirmständer nahm. »Soll ich die Pferde anspannen?«, fragte er, da er erpicht auf ihre Gesellschaft war.
    »Ich werde die Kutsche heute nicht benutzen«, sagte sie und zerzauste liebevoll seinen dicken Schopf pechschwarzen Haares. »Aber ich möchte, dass du mir noch ein bisschen aus Willde Collins vorliest - später.«
    Hush blickte schnell zur Treppe hinüber und sah, dass Paul erst halb nach oben gekommen war, was ihm durch die Spiraldrehung einen ausgezeichneten Ausblick auf alles unter ihm verschaffte. Er folgte Mystere nach draußen auf die Eingangsstufen und steckte ihr schnell etwas in die Tasche ihres efeufarbenen Seidenkleides.
    Sie schaute hinunter und sah ein eindrucksvolles Bündel Banknoten.
    »Fast hundert Dollar«, prahlte er, noch bevor sie etwas sagen konnte. »Und Paul weiß nichts davon. Sie gehören dir.«
    »Hush, ich-«
    Sie hätte ihn so gerne gebeten, mit dem Stehlen aufzuhören, für wen auch immer. Aber sie konnte keine solche Heuchlerin sein, denn wenn es ihr unter Baylis ständiger Bewachung gelingen sollte, so wäre sie selbst überglücklich, Antonias Ring verkaufen zu können. Und Hushs Geschenk konnte sie wirklich gut gebrauchen, denn die Veräußerung des Ringes war inzwischen problematisch geworden. Einige gestohlene Gegenstände waren immer »heißer« als andere und in den Straßen war die Rede davon, dass die Polizei vor allem diesen Dieb schnappen wollte. Außerdem gab es angeblich eine Belohnung, was es schon gefährlich machte, mit einem potentiellen Kunden auch nur über den Ring zu reden.
    »Du solltest dir wegen Sparky und Lorenzo keine Sorgen mehr machen, wegen keinem von den beiden«, fügte er hinzu.
    »Und warum sollte ich das nicht?«
    »Du sollst es einfach nicht, das ist alles«, wich er ihr aus. »Du hast schon genug am Hals, also vergiss sie.«
    »Hush, ich danke dir für das Geld«, entschloss sie

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