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Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meagan McKinney
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zu spät, um noch an Bord des Schiffes gehen zu können.«
    »Ein Frachtschiff?«
    Sie nickte. »Voll getakelt«, fügte sie hinzu, denn sie hatte seither einiges über Schiffe gelesen.
    »Konnten Sie den Namen des Schiffes erkennen?«
    »Nein, ich ... ich war zu aufgeregt, um zu jenem Zeitpunkt daran zu denken.«
    »Aufgeregt« war eine grobe Untertreibung. Immer und immer wieder hatte sie Brams Namen gerufen, und doch hatten diese prachtvollen, smaragdgrünen Augen sie lediglich angestarrt, als sie schreiend die Docks entlanglief, und in seinem kalten, leeren Blick hatte sie kein Zeichen von Wiedererkennen entdecken können.
    Lorenzo beobachtete sie mit finsterem, dämlichem Gesicht. Sie hatte schon bemerkt, dass er nur selten lächelte, und wenn er es tat, dann war das eher ein spöttisches Grinsen, das auf einen Mangel an Feinfühligkeit schließen Heß. Mit genau diesem Grinsen schaute er sie nun an.
    »Es ist nicht klug, seine Schlussfolgerungen höher zu stapeln als sein Beweismaterial. Er könnte in der Tat noch am Leben sein. Es ist aber genauso gut möglich, dass er inzwischen in einem namenlosen Grab in Potter s Field begraben liegt. Oder im Gefängnis auf Blackwell’s Island eingesperrt ist.«
    »Sollte Letzteres der Fall sein«, bemerkte sie, »könnten Sie das dann nicht herausfinden? Die Namen der Gefangenen müssen doch irgendwo aufgezeichnet sein.«
    Gewitztheit blitzte in seinen Augen auf. »Sicher kann ich ein paar Erkundigungen einholen. Aber wie man so schön sagt: Ohne Speck fängt man keine Mäuse.«
    Genauso wenig wie einen Betrüger, dachte sie bitter. Laut sprach sie jedoch lediglich aus: »Schon wieder Geld?«
    »Es ist nicht für mich; ich brauche es, um die zuständigen Beamten zu bestechen.«
    Enttäuschung verschärfte ihren Ton. »Aber, Mr. Perkins, ich habe Ihnen doch erst vor zwei Wochen hundert Dollar gegeben.«
    Er stieß einen gezwungenen Seufzer aus. »Ja, nun, Sie müssen sich deswegen aber nicht gleich vor den Kopf gestoßen fühlen. Leider befinde ich mich selber vorübergehend in bedrängten Umständen. Meiner Frau geht’s in letzter Zeit nicht besonders gut, sie braucht laufend einen Arzt.«
    »Ja, das erwähnten Sie bei unserem letzten Treffen bereits.« Als Sie nach Alkohol stanken, dachte sie. Plötzlich kam ihr Hush in den Sinn, und sie hatte eine Idee: Sie könnte herausfinden, was Lorenzo mit seiner Zeit machte - und mit ihrem Geld.
    Vorläufig jedoch öffnete sie ihren Geldbeutel und nahm das Geld heraus, das Paul ihr letzte Nacht gegeben hatte.
    »Das ist alles, was ich momentan besitze. Fünfzig Dollar.«
    »Das wird uns schon weiterhelfen«, versicherte er ihr und steckte die gefalteten Geldscheine in seine Uhrentasche.
    »Was glauben Sie, wann Sie etwas in Erfahrung gebracht haben können?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Immer schön eins nach dem ändern. Ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass ich der Sache näher komme.«
    Sie hatte beobachtet, dass er ihr gegenüber immer vorlaut wurde, sobald er erst ihr Geld eingesteckt hatte. Inzwischen jedoch hatte ihre Wut auf ihn die Schwelle der Besonnenheit überschritten. Um keinen hässlichen, sinnlosen Streit zu riskieren, stand sie abrupt auf.
    »Da es anscheinend sinnlos ist, sich weiterhin regelmäßig zu treffen, möchte ich Sie bitten, mich anzurufen, falls sich irgendetwas Neues ergibt. Unsere Nummer steht im Telefonverzeichnis.«
    Er stand ebenfalls auf, wobei seine Schildkrötenaugen erneut ihre Kleidung musterten.
    »Unter Rillieux, richtig?«
    »Ja.«
    »Es ist ein kleines Verzeichnis«, sagte er, während er sie noch immer beobachtete. »Nur wenige Menschen können sich ein Telefon leisten. Ich seh Ihren Namen in den Gesellschaftskolumnen, Ihren und den Ihres Onkels. Da bin ich natürlich neugierig. Warum halten Sie es geheim, dass Sie mich engagiert haben? Und wenn Sie wissen, dass Sie eine Rillieux sind, warum wissen Sie dann nicht auch den Namen Ihres eigenen Bruders?«
    Diese Frage war schon früher aufgekommen. Sie hatte ihm jedoch nichts von dem Brief erzählt, den sie zu Hause in der Birkenholzschatulle aufbewahrte. Bram hatte sie schwören lassen, nichts darüber zu verraten, und er hatte darauf bestanden, dass nur die richtigen Leute den Brief sehen dürften. Wie dem auch sei, er war entführt worden, noch bevor er diese richtigen Leute hatte finden können.
    »Es war mir bisher noch nicht bewusst«, antwortete sie schelmisch, »dass ich der Gegenstand Ihrer Untersuchungen bin.«
    Da war schon

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