Diener der Finsternis
als was die meisten Frauen irgendwann in ihrem Leben mitmachen.«
Rex hatte den Eindruck, ihre Persönlichkeit sei gespalten. Immer, wenn sie von diesen gräßlichen Dingen sprach, schien eine andere dunkle Persönlichkeit hervorzutreten, die ihren eigenen offenen, natürlichen Charakter auslöschte. »Das, was Sie vorhaben, scheint mir denn doch sehr unterschiedlich von der Hingabe an einen Mann zu sein, den Sie sich gewählt haben.«
»Nein. Im alten Ägypten prostituierte sich jede Frau in einem Tempel, ehe sie heiratete, um den Segen des Gottes zu erhalten, und genauso ist das auch. Es ist heilige Prostitution. Ich sehe darin nichts weiter als ein Ritual, dem ich mich unterwerfen muß, um neue Macht zu erlangen.«
»Für einen gewöhnlichen Menschen ist es schwer, diesen Standpunkt zu verstehen.« Rex machte eine Pause. »Aber ich hatte eigentlich nicht das im Sinn. Ich dachte an die Gefahr, in die Sie sich begeben, wenn Sie sich dem – dem – nun, sagen wir dem Teufel überantworten.«
Sie lächelte. »Der Teufel ist nichts als eine Erfindung der Kirche, um die Dummen einzuschüchtern.«
»Dann sagen wir statt dessen die Macht der Finsternis.«
»Reden Sie von der Wiedertaufe?«
»Ich meine die Teilnahme am Sabbat überhaupt. Aus Ihrem seltsamen Namen schließe ich, daß Sie die Wiedertaufe bereits empfangen haben.«
»Nein. Ich bin nach dem Wunsch meiner Mutter Tanith getauft worden.«
Rex beugte sich mit einem Ruck vor. »Dann haben Sie sich noch nicht vollständig ausgeliefert?«
»Nein, aber ich werde es heute abend tun. Wenn de Richleau nur ein Zehntel von dem Wissen hat, das Sie ihm zuschreiben, wird er die Gefahr erkennen und mich sofort nach seiner Ankunft gehen lassen, und Sie haben mir versprochen, daß Sie mich dann nicht länger festhalten werden.«
Rex ergriff ihre beiden Hände. »Tanith, Sie sind in einem schrecklichen Irrtum befangen. De Richleau hat es mir letzte Nacht erklärt. Mit dem Versprechen, Sie würden Macht erlangen, will man Sie nur ködern. Bei Ihrer christlichen Taufe haben Ihre Paten dem Teufel und allen seinen Werken abgeschworen. Sobald Sie diesen Schutz aufgeben, wie es bei der Wiedertaufe geschehen wird, wird etwas Schreckliches von Ihnen Besitz ergreifen und Sie zwingen, seinen Willen zu tun. Ich glaube, er sprach von Erd- und Elementargeistern.«
Sie zuckte die Schultern. »Es gibt Methoden, mit Elementargeistern fertig zu werden.«
»Wie kann ich Sie nur überzeugen!« Rex fühlte sich machtlos und verzweifelt. »Es ist leicht zu erkennen, daß man Sie bisher noch an keiner richtigen Teufelei hat teilnehmen lassen. Das wird jedoch geschehen, sobald Sie mit Haut und Haaren dazugehören. Dann wird es Ihnen nicht mehr möglich sein, sich loszulösen.«
»Es tut mir leid, aber ich glaube Ihnen nicht. Offensichtlich wissen Sie nicht einmal, wovon Sie reden. Dieser Sabbat ist nur ein altmodisches Ritual, ein zugegeben barbarischer Ritus, aber er wird mir den gewünschten Status als Adept geben. Nur wenn ich vom Weg, den mir Mocata vorgezeichnet hat, abweiche droht für mich Gefahr.«
»Der Herzog weiß es, und er sagt, ein Mensch kann sich noch befreien, solange er nicht wiedergetauft ist. Warum, denken Sie, haben wir letzte Nacht auf so gefährliche Weise Simon entführt? Doch nur, um ihn vor dieser Teufelstaufe zu retten.«
In Taniths Augen erschien ein seltsames Licht. »Aber Mocata zwang ihn zurückzukehren, und so wird er seinen nom du diable schließlich doch erhalten.«
»Seien Sie nicht zu sicher. Wir können ihn immer noch retten.« Rex sprach mit einer Überzeugung, die er im Inneren durchaus nicht fühlte. Das ganze Gespräch schien ihm jetzt ein unwirklicher Alptraum zu sein.
»Und wie wollen Sie das anfangen?« Tanith suchte ständig Informationen, die ihr die eigene Flucht ermöglichen würden.
»Nun ja«, gestand Rex, »wir dachten, Sie könnten wissen, wo Simon steckt, und, um ehrlich zu sein, ich habe Sie hierhergebracht, damit de Richleau Sie befragen kann. Da Sie jedoch nicht wußten, daß Mocata Simon zurückgeholt hat, bis Sie es am Telefon erfuhren, werden Sie uns über Simons Verbleib keine Auskunft geben können. Trotzdem wäre es uns von Nutzen, wenn Sie uns wenigstens auf die Spur von Mocata bringen würden.«
»Ich hatte den Eindruck, daß es sein Haus war, in dem wir uns gestern trafen«, sagte Tanith.
»Nein, das war Simons Haus, wenn auch Mocata seit einiger Zeit dort wohnte. Aber er muß andere Verstecke haben, und die wollen
Weitere Kostenlose Bücher