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Diener der Finsternis

Diener der Finsternis

Titel: Diener der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Wheatley
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seinen Mut zurückzugewinnen. Die Teufelsanbeter hatten sich inzwischen erholt und begannen, einen weiten Halbkreis vor dem Thron zu bilden. Jede Sekunde wurde die Möglichkeit, Simon zu retten, geringer, während die Freunde immer noch im Gras lagen, benommen von dem verderblichen Weihrauch, gelähmt von überwältigender Furcht.
    Auf den freien Raum vor dem Bock traten drei Gestalten. Links ging der katzenköpfige Priester des Bösen, rechts Mocata mit seinen Fledermausflügeln, zwischen ihnen – nackt, zitternd, einem Kollaps nahe – wurde Simon vorwärts geschleppt.
    »Jetzt oder nie!« würgte Rex hervor.
    »Nein – ich kann nicht!« ächzte der Herzog und verbarg sein Gesicht in den Händen. »Ich habe Angst, Rex. Oh, Gott, verzeih mir! Ich habe Angst.«

 
XVI
     
     
    Der blaue Rolls-Royce krachte nach einer tollkühnen Fahrt über schlechte Wegstrecken und offenes Land außerhalb von Easterton Village gegen eine Scheunenwand. Tanith wurde gegen die Windschutzscheibe geschleudert. Glücklicherweise war der Wagen des Herzogs mit splitterfreien Glasscheiben ausgestattet, aber durch den Aufprall ihres Kopfes und den schmerzhaften Stoß des Steuerrads in ihren Magen war Tanith halb betäubt.
    Sie rang nach Luft. Dann kam ihr zu Bewußtsein, daß ihr nichts Ernstliches geschehen war. Sie öffnete die Tür des Rolls und taumelte hinaus.
    Etwa eine Meile rannte sie über unebenes Grasland, dann fiel sie erschöpft zu Boden. Sie bekam keine Luft mehr, und ihr Herz hämmerte. Was sollte sie tun? Das Haus, in dem die Teufelsanbeter sich versammeln wollten, war noch wenigstens zwölf Meilen entfernt. Selbst wenn es ihr gelang, die Richtung einzuhalten, konnte sie diese Strecke unmöglich zu Fuß zurücklegen. Trotz all ihrer Anstrengungen stellte sie plötzlich zu ihrer Überraschung fest, daß sie gar nicht mehr den dringenden Wunsch fühlte, am Sabbat teilzunehmen. Sie war auch nicht mehr böse auf Rex. Tanith lächelte in der Dunkelheit vor sich hin, als sie daran dachte, wie er heute nachmittag auf dem Fluß voller Besorgtheit versucht hatte, sie von einem Schritt zurückzuhalten, der ihr bis dahin als notwendig zur Erreichung übernatürlicher Kräfte erschienen war.
    Zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, ob er nicht doch vielleicht recht haben könne, ob ihr eigener Verstand in den Monaten, die sie zusammen mit Madame d’Urfé verbracht hatte, nicht umnebelt worden war. Ihr standen die seltsamen Gefährten vor Augen, von denen die meisten weiter fortgeschritten waren als sie, der Mann mit der Hasenscharte, der einarmige Eurasier, der Albino und der Babu. Keiner von ihnen war normal. Während sie nach außen hin das Leben gutsituierter Bürger führten, lebten sie insgeheim in ihrer eigenen dunklen Welt und berauschten sich an dem Gedanken, daß sie aufgrund ihrer Kräfte anderen Männern und Frauen überlegen waren. Sie alle waren bis zum äußersten egoistisch und hartherzig.
    Das Zusammensein mit Rex in der frühlingsgrünen Landschaft und dem schimmernden Sonnenschein auf dem Fluß hatte Taniths Ansicht über die Mitglieder des Zirkels völlig verändert. Verwundert fragte sie sich, wie ihr Wunsch, ihren vorherbestimmten Tod zu vergessen, sie für alles Schreckliche so blind hatte machen können.
    Sie stand auf und glättete ihr zerknittertes grünes Leinenkleid. Ihre Handtasche hatte sie verloren, so daß sie kein Geld und nicht einmal einen Kamm hatte. Entschlossen machte sie sich auf den Weg in die Richtung, wo sie die Straße von Salisbury nach Devizes vermutete. Sie hoffte, für die Nacht irgendeine Unterkunft zu finden und am Morgen nach London zurückkehren zu können.
    Zunächst wandte sie sich in nördliche Richtung, aber bald mußte sie feststellen, daß sie von einem Bach mit steilen Ufern aufgehalten wurde, den sie nicht überqueren konnte. Sie lief am Bach entlang nach Westen in der Hoffnung, irgendwo eine Brücke oder eine flache Stelle zu finden. Nach wenigen Minuten stieß sie jedoch auf einen hohen Stacheldrahtzaun. Es schien ihr unmöglich, den Zaun zu überklettern, und so folgte sie ihm. Wohin sie sich auch wandte, immer wieder warteten Hindernisse auf sie, die sie nach Osten abdrängten. Und im Osten wartete Chilbury. Alles um sie herum schien plötzlich bedeutungslos geworden zu sein. Sie wußte nicht mehr, wer sie selbst war oder wo sie hinging. Du darfst nur nicht stehenbleiben, dachte sie. Wenn du nicht stehenbleibst, kann dir nichts passieren.
    Im Stockfinstern wanderte sie weiter

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