Diener des Boesen
begangen worden war, doch seine Folgen waren ihr nur allzu klar.
Der heilige Michael hatte sie ihr offenbart.
Jeanne weinte leise und betete für die Seele des toten Königs. Doch sie konnte nicht lange trauern, denn Johanns Tod bedeutete, dass Karl nun endlich seiner Bestimmung zugeführt werden konnte.
Wenn er erst einmal erfahren hatte, dass er König von Frankreich war, würde sich Karl sicher der Verantwortung stellen, die ihm zustand.
Jeanne rollte sich auf die Seite und stand von dem Holzbett auf, ging leise zur Tür und warf einen Blick in den Vorraum. Dort schlief die Hebamme Marie. Seit dem Tag, als Jeanne von Isabella von Bayern untersucht worden war, war Marie Jeannes Gefährtin. Mit einem flehenden Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht hatte sie Jeanne gebeten, sie in ihre Dienste zu nehmen. Jeanne hatte abgelehnt und ihr gesagt, dass sie keine Dienerin brauche. Allerdings hatte sie hinzugefügt, dass sie in dieser Garnison voller Männer sehr wohl eine Gefährtin gebrauchen könne, und Maries Miene hatte sich aufgehellt.
Jeanne hatte ihre Zweifel an Maries Lauterkeit gehabt. Eine Frau mit einem solch hübschen Gesicht würde doch sicher die Männer in ihrer Umgebung in Versuchung führen. Doch die Hebamme war eine rechtschaffene und fromme Zofe, und Jeanne hatte keinen Grund zur Klage. Sie hatte Gefallen an Marie gefunden, und die beiden beteten häufig am Morgen zusammen.
Jeanne runzelte die Stirn, als sie den Raum betrat, und vergewisserte sich, dass Marie nicht aufgewacht war. Die Hebamme regte sich ein wenig in ihrem Bett. Sie schlief fest, doch ihr leichtes Räkeln schien von Wollust zu zeugen.
Wovon Marie wohl träumte?
Jeanne erschauerte und blickte sich um, denn sie glaubte die Anwesenheit des heiligen Michael zu spüren… doch nein… sie musste sich geirrt haben. Außer der schlafenden und träumenden Marie und ihr war niemand im Zimmer.
Jeanne ging zur Tür, die auf den Gang hinausführte, zögerte erneut und betrachtete Marie. Wieder überkam sie das Gefühl, dass der heilige Michael in der Nähe war, doch wieder verging es, so schnell wie es gekommen war.
Marie schlief nun ruhiger, und ihr Atem war leicht und tief.
Jeanne betrachtete sie noch einen Moment lang, doch Marie lag friedlich da, und jede Spur einer Anwesenheit des heiligen Michael hatte sich verflüchtigt.
Schließlich schob Jeanne alle Zweifel beiseite und erinnerte sich wieder an ihr Vorhaben. Sie ging auf den Korridor hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Karl musste erfahren, dass er nun der rechtmäßige König war.
Auch wenn es Jeanne gelungen war, ihr Gemach zu verlassen, ohne dass Marie aufwachte, blieb ihr Gang durch die ruhigen Kammern und Säle von La Roche-Guyon nicht unbemerkt.
Katherine, die ebenfalls wach gelegen hatte und wusste, was geschehen war, weckte Philipp und führte ihren leise vor sich hin fluchenden Geliebten auf die Galerie des großen Saals der Burg.
Von der Galerie aus beobachteten sie schweigend, wie Jeanne durch den Saal zu der Treppe ging, die zu Karls Gemächern führte.
»Was will sie bei ihm?«, flüsterte Philipp, nachdem Jeanne verschwunden war.
»Es gibt viele Formen der körperlichen Vereinigung, außer denen, die normalerweise zwischen Mann und Frau üblich sind«, sagte Katherine.
»Und woher weißt du das?«, fragte Philipp und drehte sich um, um sie in der Dunkelheit anzuschauen.
»Du hast es mir gezeigt«, sagte sie, und angesichts der kaum unterdrückten Fröhlichkeit in ihrer Stimme musste er lächeln.
Er spähte wieder in den Saal hinunter, und sein Gesichtsausdruck wurde ernst. »Ja, es gibt da tatsächlich einige Dinge… die eine Frau mit einem Mann anstellen kann, wenn sie nur will.«
Beide schwiegen, während sie sich vorzustellen versuchten, was Karl und Jeanne gerade taten.
»Mitten in der Nacht ins Gemach eines Mannes zu schleichen, ist wohl kaum etwas, das man von einer Jungfrau erwarten würde«, murmelte Katherine schließlich.
»Aber du hast doch selbst gesehen, dass sie an der Stelle, wo bei anderen Frauen der Spalt sitzt, der die Begierde der Männer weckt, nur glatte Haut hat.«
»Mitten in der Nacht ins Gemach eines Mannes zu schleichen, zeugt nicht eben von einer jungfräulichen Seele«, berichtigte sich Katherine.
Philipp dachte einen Moment lang nach. »Könnte es sein, dass sie statt Gottes Stimme eher ein Geschöpf des Teufels ist?«
»Das befürchte ich schon die ganze Zeit«, sagte Katherine.
»Was sollen wir tun?«,
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