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Diener des Boesen

Diener des Boesen

Titel: Diener des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Themse war ruhig – die meisten Schiffe und Boote befanden sich im Hafen, damit ihre Besatzungen den Feiertag begehen konnten –, und das graublaue Wasser plätscherte leise an den Rumpf des kleinen Segelbootes, als es an Wolwych am Südufer vorbeifuhr. Noch eine Flussbiegung weiter, und die riesige, verrauchte Silhouette Londons würde über den Kornfeldern und Obstgärten jenseits der sumpfigen Ufer auftauchen.
    Neville saß voller Ungeduld auf einer Holzbank im Heck des Bootes.
    Vor zwei Tagen waren sie von Halstow aufgebrochen und hatten an diesem Tag in der Morgendämmerung in Gravesend das Boot bestiegen, während ihnen einige Männer von Roger Salisburys Eskorte an Land in gemächlicherem Tempo hinterherritten. Zu dieser Jahreszeit waren die Straßen, die von Kent und den anderen südlichen Grafschaften nach London führten, voller Kaufleute und Bauern, die ihr Getreide zum Markt brachten, und die vielen Wagenräder und Pferdehufe hatten die Straße so sehr aufgewühlt, dass sie an manchen Stellen kaum noch passierbar war. Auf der Themse reiste es sich schneller und weniger beschwerlich, und Salisbury hatte nichts dagegen einzuwenden gehabt, als Neville am vorangegangenen Abend vorgeschlagen hatte, ihre Reise mit dem Boot fortzusetzen. Es war nicht nur bequemer, der Fluss war auch wesentlich sicherer, und sie konnten direkt an der dem Fluss zugewandten Seite des Savoy Palace anlegen, anstatt durch die staubigen Straßen Londons reiten zu müssen.
    Margaret saß neben Neville, die schlafende Rosalind im Schoß. Der Wind, der über den Fluss wehte, strich ihr kühl und besänftigend über Gesicht und Haar und erfüllte sie mit Zufriedenheit. Zugleich blickte sie den vor ihr liegenden Ereignissen jedoch auch mit Furcht entgegen. Sie warf ihrem Gemahl einen Blick zu. Er saß leicht vorgebeugt da, den Blick auf den Fluss vor ihm gerichtet, und ließ ein Seil durch seine Hände laufen.
    Margaret erschauerte und sah zu Rosalinds Kinderfrau hinüber, die gegen einen Wollsack gelehnt döste. Agnes Ballard war eine einfache Frau Ende dreißig, die vor drei Monaten nicht nur ihren neugeborenen Sohn an ein böses Fieber verloren hatte, sondern auch ihren Mann, der dem Angriff eines Ebers zum Opfer gefallen war. Sie war über ihren tragischen Verlust immer noch nicht hinweggekommen und hatte Tränen der Dankbarkeit in den Augen gehabt, als Margaret ihr vorgeschlagen hatte, Rosalinds Kindermädchen zu werden und die Amme zu ersetzen, die Margaret und Neville ursprünglich von London nach Halstow Hall begleitet hatte und inzwischen nach Hause zurückgekehrt war. Agnes diente Margaret zugleich auch als Zofe, und Margaret genoss ihre mütterliche Fürsorge beinahe ebenso sehr, wie es Rosalind offenbar tat. Agnes war eine schlichte Frau – wenn auch nicht so schlicht, dass sie nicht das eine oder andere Geheimnis gehabt hätte –, ehrlich und hilfsbereit und ließ sich von den ungeduldigen und missmutigen Bemerkungen, die Neville gelegentlich über die Lippen kamen, nicht aus der Ruhe bringen.
    Hinter Agnes, im Bug des Bootes, saß Robert Courtenay mit Roger Salisbury, der leise mit den restlichen Männern seiner Eskorte und den drei Besatzungsmitgliedern des Segelbootes scherzte. Sie würfelten und teilten sich dabei eine Flasche Wein.
    Margaret lehnte sich zurück, machte es Rosalind etwas bequemer und hoffte, dass der Wein nicht allzu stark war. In diesem Boot saßen die beiden wichtigsten Menschen im bevorstehenden Kampf der Engel gegen die Dämonen – Thomas und sie selbst –, und Margaret musste beinahe lächeln, als sie sich vorstellte, wie die Hoffnungen der Engel und der Dämonen im Schlamm der Themse versanken, sollte die betrunkene Mannschaft die Kontrolle über die Segel verlieren und das Boot zum Kentern bringen.
    Wer würde zu unserer Rettung herbeieilen?, überlegte sie. Würden die Diener des Himmels und der Hölle gleichzeitig vor Schreck aufschreien, weil all ihre Komplotte zunichtegemacht waren?
    »Worüber lächelst du?«
    Margaret fuhr aus ihren Gedanken hoch und blickte ihren Gemahl an. »Ich hoffe, Roger macht die Besatzung nicht allzu sehr betrunken, denn es wäre eine Katastrophe, wenn das Boot umkippen würde.«
    Sie drückte Rosalind an sich, während sie sprach, was Neville nicht entging.
    Er legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm. »Es besteht keine Gefahr, Margaret. Nichts kann…«
    Plötzlich gab Margaret einen ängstlichen Schrei von sich und drückte Rosalind so fest an die Brust, dass

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