Diener des Boesen
gerichtet, und Margaret nutzte die Gelegenheit, um kurz die Augen zu schließen und gegen das Schuldgefühl anzukämpfen, das sie überkommen wollte.
»Ich glaube, Hal will Richard vom Thron stürzen«, sagte Mary im Flüsterton und blickte sich vorsichtig um, um sich zu vergewissern, dass niemand in Hörweite war.
»Ja«, sagte Margaret. »Es überrascht mich nicht, das zu hören. Mary… Tom und ich haben uns in den letzten Wochen versöhnt, und ich weiß, dass auch du mit Lord Hereford Frieden geschlossen hast. Ich bin sehr glücklich und du musst es wohl auch sein.«
Sie hatte nicht direkt eine Frage gestellt, doch sie hatte genug angedeutet, in der Hoffnung, dass Mary darauf eingehen würde.
Zu Margarets Überraschung stieg Röte in Marys Wangen.
»Margaret, bitte verzeih mir für das, was ich dir jetzt erzählen werde. Ich bin eine Närrin gewesen, und ich schäme mich sehr…«
»Mylady, was ist es?«
Mary wurde noch röter. »An einem Abend kurz vor dem Weihnachtsfest kam mein Gemahl erst spät nachts in unser Gemach zurück. Ich hatte Angst – du weißt, dass ich stets die größten Befürchtungen hatte –, weil ich dachte, er sei womöglich bei einer Geliebten gewesen.«
Margaret war erschüttert. Sie hatte gewusst, dass sich Mary und Bolingbroke miteinander versöhnt hatten, aber sie hatte keine Ahnung von Marys Verdacht gehabt. »Mylady! Lord Hereford würde doch sicher nicht…«
»Damals habe ich das geglaubt, Margaret! Außerdem dachte ich, du seist diese Geliebte.«
Margaret konnte Mary nur entsetzt anstarren, während ihr beinahe die gleichen Gedanken durch den Kopf gingen wie Bolingbroke, als Mary ihm von ihrem Verdacht erzählt hatte. Mary hat mich für Hals Geliebte gehalten, und trotzdem ist sie stets nur freundlich zu mir gewesen? Gütiger Himmel, Hal hat diese Frau nicht verdient!
Mary lachte leise und zuckte mit den Schultern. »Ich habe mich geirrt, ich weiß, aber meine Anschuldigungen haben eine Tür für Hal und mich aufgestoßen, denn in jener Nacht haben wir uns lange unterhalten…«
»Und wohl auch noch andere Dinge getan«, sagte Margaret.
Marys Wangen und ihr Hals röteten sich noch mehr. »Ja… auch noch andere Dinge. Hal ist damals sehr offen zu mir gewesen, Margaret, und er hat viele meiner Ängste zerstreut.«
»Inwiefern?«
»Nun… zum einen über das, was Männer und Frauen im Schlafgemach miteinander tun.« Mary lachte erneut und legte die behandschuhte Hand auf ihren Bauch. »Ich hoffe, dass ich bald wieder schwanger sein werde, Margaret. Und dieses Mal weiß ich, dass ich das Kind auch zur Welt bringen werde.«
Margaret nickte und lächelte, sagte jedoch nichts dazu. Das dunkle Leiden in Marys Inneren war in den letzten Wochen stärker geworden, hatte in ihr Fuß gefasst, und wie Hal konnte auch Margaret nun erkennen, wo es sich befand.
Kein Wunder, dass sich Hal so sicher gewesen war, dass Mary ihm nie einen Erben gebären würde. Und kein Wunder, dass er im Schlafgemach nun so zärtlich zu ihr war. Er konnte es sich erlauben.
»Doch vor allem«, fuhr Mary fort, »muss ich mich nicht mehr länger vor ihm fürchten.« Sie lachte erneut. »Margaret, ich wusste, dass er finstere Gedanken hegt, und dachte, sie seien gegen mich gerichtet. Doch jetzt weiß ich es besser.«
»Ich freue mich für dich«, sagte Margaret, doch sie wandte den Blick ab, damit Mary die Trauer in ihren Augen nicht bemerkte.
Mary fiel in Schweigen und dachte wahrscheinlich über die erfreuliche Wendung nach, die ihre Ehe genommen hatte. Margaret richtete den Blick auf den Weg, alle Freude und alles Glück waren von ihr gewichen. Gütiger Himmel, Mary, dachte sie. Wenn du nur wüsstest, dass sich Hals finstere Gedanken eines Tages tatsächlich gegen dich richten könnten, wenn du nicht so schnell das Zeitliche segnest, wie er es sich erhofft.
Mary hatte recht. Bolingbroke war in der Tat ein sehr ehrgeiziger Mann.
Einen Tag später erreichten sie den Savoy Palace. Margaret ließ besorgt den Blick über den Hof schweifen. Sie war auf der Suche nach Neville und fragte sich, ob er während der Zeit ihrer Trennung womöglich schon wieder bereut hatte, dass er ihr seine Liebe gestanden hatte.
Doch als sie ihn mit froher Miene auf sich zukommen sah, wusste sie, dass er sie immer noch liebte, und sie lachte voll Erleichterung, als er sie mit Schwung von ihrem Zelter hob und in seine Arme schloss.
»Mein Lord«, sagte sie atemlos, als sich ihre Lippen endlich voneinander gelöst
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