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Diener des Boesen

Diener des Boesen

Titel: Diener des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
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über alles erhaben war.
    Sie hob die Hand und winkte der ausspuckenden und brüllenden Menge herablassend zu.
    Lancaster stöhnte und verdrehte die Augen.
    Als sie nur noch wenige Schritte von Lancaster entfernt war, warf Isabella ihm einen raschen und verschwörerischen Blick zu, sodass sich Neville fragte, ob Lancaster womöglich auch schon einmal ihren Reizen erlegen war. Warum hatte Lancaster die Hochzeit zwischen Katherine von Frankreich und Bolingbroke so überstürzt abgesagt? Hatte Isabella ihm in einem Brief zwischen den Zeilen zu verstehen gegeben, dass es sich um eine inzestuöse Verbindung handelte?
    Neville musste sich ein Lachen verbeißen. Er stellte sich vor, wie sämtliche hochrangige Adlige und Prinzen in ganz Europa sich insgeheim fragten, ob sie womöglich der Vater von Karl oder Katherine waren.
    Hatte ganz Europa an der Zeugung von König Johanns Erben mitgewirkt, der in Kürze zum Bastard erklärt werden würde?
    Schließlich ließ Neville seinem Gelächter freien Lauf, und unter allen, die sich nach ihm umdrehten, war Isabella von Bayern die Einzige, die ihn mit fröhlichem Gesichtsausdruck ansah.
    Im strahlenden Sonnenschein, umweht von Windböen und unter den Rufen der Menge, beugte sich Isabella von Bayern über das elfenbeinfarbene Pergament, auf dem das Abkommen von Westminster verfasst war und versetzte der Selbstachtung ihres Sohnes mit ihrer Unterschrift den Todesstoß.
    Dann richtete sie sich wieder auf, reichte die Feder an den finster dreinblickenden König Johann weiter und lachte lauthals und aus purer Freude über die Schönheit des Lebens.

Kapitel Acht
     
    Komplet von Mariä Geburt
    Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
    (Donnerstagabend, 8. September 1379)
     
    – II –
     
     
     
    Am Abend hielt Richard ein Festbankett in der Painted Chamber ab, zu dem alle Adligen eingeladen waren, die der Unterzeichnung des Abkommens beigewohnt hatten, und diesmal durften auch ihre Gemahlinnen sie begleiten, nachdem alle ernsten Angelegenheiten geregelt waren.
    Neville und Margaret nahmen beide an dem Bankett teil, wenn auch nicht als geladene Gäste, sondern als Gefährten hochrangiger Edelleute.
    Es war ein glanzvoller Abend: Richard erwies sich als großzügiger Gastgeber, de Vere wahrte den guten Ton und Isabella von Bayern leuchtete wie der Abendstern an Richards Seite – da fiel es kaum ins Gewicht, dass König Johann es abgelehnt hatte, an dem Fest teilzunehmen.
    Die Gespräche der Gäste waren sehr unterschiedlich, doch zumeist drehten sie sich um das Abkommen und die gegenwärtige Situation in Frankreich. Würde Richard das Abkommen durchsetzen können? Und was würde Karl unternehmen, der nunmehr zum Bastard erklärt worden war? Den letzten Berichten zufolge versteckte er sich immer noch in La Roche-Guyon und grübelte darüber nach, was er tun sollte und wie er sich das unerwartete Hinscheiden Eduards III. und des schwarzen Prinzen zunutze machen könnte. Nachdem der schwarze Prinz Chauvigny verlassen hatte, war Philipp der Schlechte aus Châtellerault abgerückt und hatte sich Karl in La Roche-Guyon angeschlossen, zweifellos, um den Dauphin im Auge zu behalten und den größtmöglichen Nutzen aus seiner Situation zu ziehen. Es waren auch Gerüchte über Jeanne d’Arc im Umlauf und den stärkenden Einfluss, den sie auf den Dauphin ausübte. Wenn es Karl nun tatsächlich gelang, die Franzosen unter seinem Banner zu vereinen und sämtliche englischen Stellungen in Frankreich zurückzuerobern? Würde Richard auf ein solches Vorgehen reagieren oder würde er wütend auf seinem Thron in Westminster sitzen bleiben und mit seinem nutzlosen Abkommen wedeln?
    Der Abt von Westminster hatte während des Banketts neben Bolingbroke gesessen, doch nachdem das Geschirr abgeräumt worden war, entschuldigte er sich, weil er noch einiges in der Abtei zu erledigen hatte.
    Als der Abt gegangen war, winkte Bolingbroke Neville an seine Seite.
    Er vergewisserte sich, dass der Mann zu seiner Linken ins Gespräch vertieft war, beugte sich dann dicht zu Neville hinüber und flüsterte ihm ins Ohr: »Richard wird Isabella von Bayern mit einer Abschrift des Abkommens zu Karl schicken. Ein guter Plan, der Karls Entschlusskraft noch weiter schwächen dürfte… und Isabellas Hexerei wirkt vielleicht als Gegenmittel gegen diese Heilige« – Bolingbroke sprach das Wort mit größter Verachtung aus – »Jeanne, über die wir so viel zu hören bekommen.«
    Neville blickte zur Haupttafel hinüber.

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