Diener des Boesen
behauptete, sie würde zu den Engeln gehören.«
Bolingbroke dachte einen Moment lang nach, ehe er antwortete. »Dann ist Margaret tatsächlich eine bemerkenswerte Frau. Tom, nachdem sie dir gesagt hat, dass sie dich in Versuchung führen soll, um dich auf die Probe zu stellen, kannst du ihr wirklich widerstehen?«
»Ich muss«, sagte Neville. »Und das werde ich auch. Ich werde sie mit der Achtung und dem Mitgefühl behandeln, die sie verdient hat, aber ich werde mich nicht in sie verlieben.
Und das weiß sie auch.« Das waren starke Worte, doch noch während er sie aussprach, fragte sich Neville, ob sie wirklich ganz der Wahrheit entsprachen. In der Nacht, als er Margaret zur Rede gestellt hatte, hatte er eine gewaltige Kraft in ihr gesehen – nicht nur die Macht der Engel, sondern noch etwas anderes, das tief in ihr steckte –, und ein Teil seiner selbst hatte heftig darauf reagiert. Es war eine Kraft, die seine Achtung erforderte… und vielleicht sogar noch etwas mehr. Neville war zutiefst beunruhigt, denn er war es nicht gewohnt, eine solche Stärke und Entschlossenheit in einer Frau zu finden.
Bolingbroke bemerkte Nevilles Zweifel, aber er sagte nichts dazu. Er streckte die Hand aus, legte sie ihm beruhigend auf die Schulter und brachte Neville dazu, ihn wieder anzusehen.
»Und wenn der Scheiterhaufen entfacht ist, Tom? Schaffst du es wirklich, sie dann den Flammen zu überantworten?«
Neville sah Bolingbroke einen Moment lang an, ehe er den Blick abwandte. »Ob ich sie opfern kann? Ich muss es tun, Hal. Ich darf meine Aufgabe nicht aus den Augen verlieren – die Engel und ihr Bestreben, die Dämonen zurück in die Hölle zu verbannen.«
»In der Nacht, als Rosalind geboren wurde, hast du es nicht übers Herz gebracht, sie sterben zu lassen, nicht wahr? Wirst du sie wirklich für deinen göttlichen Auftrag opfern können?«
»Das war etwas anderes! Sie musste überleben, denn sie hatte noch eine Rolle zu erfüllen!« Und deshalb habe ich in jener Nacht so inbrünstig darum gebetet, dass sie überlebt, sagte sich Neville.
Bolingbroke wandte sich mit Entsetzen und Furcht in den Augen ab. »Gott hat in dir einen mächtigen Streiter, Tom.
Kein Wunder, dass der ganze Himmel von deinem Namen widerhallt!«
Neville nickte, doch ihm war schwer ums Herz. »Aber die Schatulle… die Schatulle.« Er warf einen Blick zur Haupttafel hinüber, wo sich Richard gerade zu Isabella von Bayern hinüberbeugte und sie in ein Gespräch verwickelte, während sich Fröhlichkeit und Begehren in ihrer beider Gesichter widerspiegelten.
Es wäre sicher keine Überraschung, wenn es Isabella von Bayern gelänge, den jugendlichen König in ihr Schlafgemach zu locken. Oder war es womöglich Richard, der Isabella verführte?
»Wir können nichts tun, ehe Richard uns nicht zu sich befiehlt«, sagte Bolingbroke, und in seiner Stimme lagen kaum verhohlener Zorn und Verzweiflung. »Und im Augenblick gefällt es dem Dämonenkönig, diesen Befehl noch hinauszuzögern.«
Neville nickte erneut und beobachtete Richard und Isabella, während er an Margaret denken musste. Er hatte nur Verachtung für sie empfunden, doch im Laufe der letzten Tage – im Laufe der letzten Monate, wenn er ehrlich war – hatten sich seine Gefühle ihr gegenüber verändert. Zwar hatte das himmlische Leuchten in ihrem Gesicht ihm Angst eingejagt und ihn mit Ehrfurcht erfüllt, doch seit ihrer Hochzeit hatte sich Margaret sehr anständig und ehrbar verhalten und war ihm eine treue und gehorsame Ehefrau gewesen. Wenn Neville ihr gegenüber unfreundlich und abweisend gewesen war, dann nur deshalb, weil er das Gefühl hatte, er müsste Abstand zu ihr halten.
Anständige und ehrbare Frauen hatte Neville schon immer bewundert, und während der wenigen Monate, die sie verheiratet waren, hatte er sich des Öfteren gefragt, ob Margaret eine solche Frau war, auch wenn sie von zweifelhafter Herkunft sein mochte.
Doch wenn sie tatsächlich zu den Engeln gehörte… Neville erschauerte. Mit jedem Tag und jeder Nacht, die er an Margarets Seite verbrachte, fiel es ihm schwerer, seine Verachtung und seine abweisende Haltung ihr gegenüber aufrechtzuerhalten.
Margaret war im Begriff, seine Seele zu erobern, und Neville wusste nicht, was er dagegen tun konnte.
Isabella streckte den Arm aus und bewunderte ihre zarte, feste Haut und das Funkeln der Juwelen an ihren Armreifen und Ringen. Die Edelsteine glitzerten und schillerten im Kerzenlicht und unterstrichen die
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