Diener des Boesen
vornehme Blässe ihrer elfenbeinfarbenen Haut.
Abgesehen von ihrem Schmuck war Isabella von Bayern vollkommen nackt.
In den Schatten um sie herum gingen unter leisem Rascheln ihre Kammerfrauen geschäftig ihren Aufgaben nach, falteten Isabellas Kleider zusammen und gossen mit Rosenblüten versetztes Wasser in eine Wanne, damit sie nun, nach dem Bankett und dem Liebesspiel mit Richard, ein Bad nehmen konnte. Isabella verzog den Mund, als sie daran dachte: Richard hatte nicht einmal den Anschein von Anstand gewahrt, sondern sie, noch ehe alle Bankettgäste den Saal verlassen hatten, hinter den Vorhang gedrängt, der sein Bett von der Haupttafel auf dem Podest in der Painted Chamber trennte, und sie ohne Umschweife genommen.
Isabella senkte den Arm und seufzte. Vielleicht forderte das Alter nun doch seinen Tribut von ihr, jedenfalls hatte sie den Liebesakt mit Richard nur mit größtem Widerwillen über sich ergehen lassen. Kaum hatte er von ihr abgelassen, hatte sie sich erhoben und ihre Röcke wieder in Ordnung gebracht.
»Ich werde meinem Sohn Euren Gruß ausrichten«, hatte sie gesagt und ihn dann verlassen, um zu ihrem eigenen Gemach im Palast von Westminster zurückzukehren.
»Madam«, sagte eine der Kammerfrauen und machte einen tiefen Knicks vor ihr.
Isabella seufzte noch einmal und musterte die Frau – eigentlich war sie kaum mehr als ein Mädchen. Wer war sie doch gleich? Richard schickte ihr ständig neue Damen, damit sie zu keiner von ihnen eine engere Bindung aufbauen und sie womöglich auf ihre Seite ziehen konnte, und Isabella fiel es schwer, sich all die Gesichter und Namen zu merken. Ach ja, jetzt fiel es ihr wieder ein…
»Mary, nicht wahr?«, fragte sie. Ihre Stimme war tief und wohlklingend und mit dem schweren Akzent ihres Heimatlandes behaftet.
»Mary de Bohun«, sagte das Mädchen und blickte auf. Sie wurde rot, offenbar hatte Isabellas Nacktheit sie aus der Fassung gebracht.
»Und ich glaube fast, dass diese Mary de Bohun noch Jungfrau ist?«, sagte Isabella und lächelte.
»Ja, aber sie wird bald verheiratet sein«, sagte eine andere Frau, die aus den Schatten in den Kerzenschein trat, der Isabella umgab.
»Und wer ist das?«, fragte Isabella, der es nicht gefiel, wenn man sie unterbrach.
Mary de Bohuns Gesicht wurde noch röter, aber sie wahrte die Fassung. »Das ist Lady Margaret Neville«, sagte sie, während Margaret vor Isabella einen Knicks machte. »Sie ist eine meiner Gefährtinnen, die mir heute Abend zur Hand geht, und außerdem eine meiner engsten Vertrauten.«
Isabella schenkte Margaret, deren Schönheit es beunruhigenderweise fast mit ihrer eigenen aufnehmen konnte, nicht weiter Beachtung.
»Ihr geht also bald den Bund der Ehe ein, meine Liebe«, sagte Isabella zu Mary. »Und welchem Adligen fällt das Vergnügen zu, Euch zu seiner Frau zu machen?«
»Lord Hereford«, sagte Mary. »Hal Bolingbroke.«
Isabellas Gesicht erstarrte und sie setzte einen gelangweilten Ausdruck auf, was sie einige Mühe kostete, wie Margaret bemerkte.
»Ich habe diesen Bolingbroke schon einmal von weitem gesehen«, sagte Isabella, streckte die Hand nach einem Salbengefäß aus, das neben ihr auf einer Truhe stand, und versuchte, den Korken herauszuziehen. »Er hat ein hübsches Gesicht und sein Gang verrät die Zeugungskraft eines Stiers. Ich an Eurer Stelle würde bei der Hochzeitsfeier ordentlich essen, meine Liebe, denn ich glaube, Ihr werdet Kraft brauchen für die Nacht, die vor Euch liegt.«
Isabella stellte das Gefäß mit Nachdruck wieder auf die Truhe und beugte sich zu Mary hinüber. »Sicherlich wird er Euch Schmerzen zufügen und Euch zum Weinen bringen, aber zumindest werdet Ihr am nächsten Morgen das blutbefleckte Laken vorweisen können, das Euren Zofen und dem ganzen Hof unter Beweis stellen wird, dass Ihr eine folgsame Ehefrau seid, eine weitere willige Zuchtstute für die Hengste der Familie Plantagenet.«
Isabella lehnte sich zurück und musterte die erschrockene Mary mit einem boshaften Lächeln. »Ihr seid keine sonderlich begehrenswerte Frau, Mary. Der arme Bolingbroke wird sich gewiss die Gesichter anderer Frauen in Erinnerung rufen müssen, um Euch besteigen zu können. Aber keine Sorge, am nächsten Morgen wird er umso zufriedener sein, denn er weiß, dass ihm seine Mühen großen Reichtum eingebracht haben, bei all den Ländereien, die in seinen Besitz übergehen, wenn er Euer jungfräuliches Blut auf die Laken vergießt.«
Mary starrte Isabella noch einen
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