Diener des Boesen
erfüllte Isabella mit großem Zorn.
Wie konnte diese verfluchte Bäuerin es wagen, ihren Sohn zu beeinflussen?
Wenn Jeanne nicht gewesen wäre, hätte Isabella Karl sicher dazu überreden können, von seinen albernen Versuchen, den Thron wiederzugewinnen, abzulassen.
Aber nein, diese verfluchte heilige Hure hatte ihn so sehr mit ihrer göttlichen Rechtschaffenheit angesteckt, dass es Karl gelungen war, Haltung zu bewahren.
Gütiger Himmel. Wenn Jeanne nicht gewesen wäre, wäre er ganz sicher zur Tür hinausgestürmt.
Hure! Isabella hatte viel zu verlieren, wenn Richard nicht auf den französischen Thron gelangte, und sie hatte das Gefühl, dass der englische König sich als äußerst unangenehmer Gegner erweisen könnte, sollte jemand seine Pläne durchkreuzen.
Und wie stand es mit Philipp? Die wenigen Worte, die sie mit ihm gewechselt hatte, hatten den Eindruck hervorgerufen, dass er dem Heiligenschein, mit dem die Hure sich umgab, ebenso verfallen war wie Karl. Aber war das wirklich echte Ehrfurcht oder täuschte er sie nur vor? Isabella kannte Philipp schon sehr lange und wusste, dass er es ebenso auf den französischen Thron abgesehen hatte wie der englische König und dass er äußerst hinterhältig und verräterisch sein konnte.
Isabella von Bayern hatte Philipp immer gemocht.
Sie seufzte und wälzte sich auf ihrem Lager herum, wütend auf sich selbst, weil sie nicht einschlafen konnte.
Wie konnte sie Karl davon überzeugen, dass er tatsächlich der Sohn eines Falkners war? Wie konnte sie ihn ganz vernichten und ihre eigenen Ziele erreichen?
Plötzlich waren alle Gedanken an Karl und Jeanne vergessen, und sie schrak im Bett hoch.
Irgendjemand hatte den Raum betreten.
Isabella versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen und verfluchte die Kammerzofe dafür, dass sie die Fensterläden geschlossen hatte, damit kein Nachmittagslicht hereinfiel. Ihr Herz hämmerte wie wild, aus Furcht, es könne sich um einen Mörder handeln.
»Madam?«
Isabella atmete erleichtert auf. »Katherine.«
Katherine kam zu Isabella herüber, und diese stand vom Bett auf und zog sich einen wollenen Umhang über ihr Leinennachthemd. Im Kamin brannte ein Feuer, und Isabella wies auf eine Truhe, die daneben stand, und bedeutete Katherine, sich zu setzen.
Eine Zeitlang saß sie nur schweigend da und betrachtete ihre rätselhafte Tochter, während diese sie musterte.
Katherine. Isabella hatte nie recht gewusst, was sie von ihr halten sollte… besonders angesichts der merkwürdigen Umstände ihrer Empfängnis. Katherine war nicht ganz so schön wie Isabella, aber mit ihrer blassen Haut, den dunklen Haaren und den blauen Augen, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte, war sie durchaus reizvoll, und ihren wohlgeformten Leib würde wohl kein Mann verschmähen.
Doch von Körper und Gesicht einmal abgesehen, war Katherine Isabella ein Rätsel, obwohl sie vermutete, dass ihre Tochter ebenso ehrgeizig und stark war wie sie.
Wie alt war sie jetzt? Achtzehn? Neunzehn?
»Neunzehn«, sagte Katherine, und Isabella zuckte leicht zusammen und schenkte ihr ein unsicheres Lächeln.
»Ich hatte ganz deine beunruhigende Fähigkeit vergessen, meine Gedanken zu lesen«, sagte sie.
»Ich habe Eure Gedanken nicht gelesen, Madam, aber wenn Ihr die Stirn so in Falten zieht, weiß ich, dass Ihr entweder versucht, Euch an meinen Namen oder an mein Alter zu erinnern. Und da Ihr mich bereits mit meinem Namen angesprochen habt, konnte es nur noch das Alter sein.«
»Ah.« Isabella ließ sich von dem Unterton in Katherines Stimme nicht aus der Ruhe bringen. Und da sie nie viel für weibisches Getue übrig gehabt hatte, kam sie direkt zur Sache. »Ich frage mich, was du hier in La Roche-Guyon tust, Katherine. Es gibt doch sicher angenehmere Orte, an denen du dich aufhalten könntest, bis die gegenwärtige Krise überwunden ist. Bist du vielleicht auch eine von Karls Ratgeberinnen, die ihn umschmeicheln?«
Katherine schenkte ihr ein trockenes Lächeln. »Ich bin hier, Madam, weil ich nirgendwo anders hingehen kann und mein Schicksal im Augenblick mit dem von Karl verknüpft ist…«
Isabella winkte ärgerlich ab. »Sei keine Närrin. Nimm dein Schicksal selbst in die Hand.«
Katherine ging nicht auf ihren Einwurf ein. »Und was meine Meinung über Jeanne betrifft…« Sie lachte bitter. »Wenn Karl noch weiter auf ihr Gerede hört, wird sie uns irgendwann alle ins Verderben stürzen.«
»Aber es ist doch sicher sehr lobenswert«, sagte Isabella
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