Dienerin zweier Herren
Espresso?»
«Gerne», zeitgleich kam die Antwort von Juliane und Domenico. Alle drei lachten.
«Bleibt bitte sitzen!» Antonino bestand darauf, das Geschirr alleine abzuräumen, und kehrte kurz darauf mit drei gefüllten Espressotassen zurück. Juliane rührte sorgfältig ihren Zucker um und sah von einem zum anderen, während sie Schluck für Schluck ihren Kaffee genoss. Eine merkwürdige Stille war eingetreten. Dann standen die beiden plötzlich wie auf Kommando zeitgleich auf, nahmen ihr frisch gefülltes Weinglas in die Hand und Domenico räusperte sich kurz. Fragend schaute Juliane zu den beiden auf.
«Geliebte Juliane, schon seit Längerem tragen wir uns mit dem Gedanken, dir unsere Liebe dauerhaft zu beweisen und dir gleichzeitig ein Stück Sicherheit zu schenken.» Er schaute Antonino an und dieser fuhr fort. «Deswegen möchten wir dich heute bitten, ob du unsere Ehefrau werden willst. Wir wissen natürlich, dass du offiziell nur einen von uns heiraten kannst.»
Verblüfft stockte Juliane. An eine Hochzeit hatte sie schon lange nicht mehr gedacht. So wie es im Augenblick war, so war es gut. Für ihre sichere Zukunft hatte sie ihren Juwelierladen und ein Ehering – nun, der wäre ganz nett, aber nicht ausschlaggebend, um glücklich zu sein.
«Ähm, was soll das? Seid ihr mit der Situation, so wie sie ist, nicht zufrieden? Habt ihr Angst, ich könnte euch eines Tages davonlaufen?»
«Nein, Prinzessin.» Mit wenigen Worten erläuterte Antonino, warum sie eine Heirat vernünftig fänden. Er erwähnte auch, dass sie an Kinder und einen ordnungsgemäßen gesellschaftlichen Auftritt dachten. «Wir haben eigentlich gehofft, du würdest dich freuen.»
«Nun, das ist ja richtig spießig», spottete Juliane. «Wer hätte das gedacht. Ihr erwartet aber jetzt nicht, dass ich mich für einen von euch beiden entscheide und den anderen aufgebe? Das ist ebenso absurd wie damals, bevor wir uns für ein gemeinsames Zusammenleben entschieden.»
Domenico schüttelte den Kopf. «Nicht wirklich. Wir dachten, statt es auszulosen, wirst du Schicksal spielen. Und weil es Schicksal ist, wer von uns mit dir in Zukunft auf dem Papier verheiratet ist, gibt es auch keinen Grund für den anderen, eifersüchtig zu sein.»
Juliane sollte einen von ihnen nur anhand eines Kusses und durch Tasten mit ihren Händen erkennen, ohne ihn zu sehen, ohne dass gesprochen würde.
«Damit du dich wirklich nur auf deinen Tastsinn verlässt, würde ich dir gerne die Kontaktlinsen einsetzen, du weißt schon, welche ich meine.» Er schaute sie um Zustimmung bittend an. Es kam nicht oft vor, dass die Katzenaugen zum Einsatz kamen, eher wenn sie beide alleine waren.
«Ach, komm schon, so viel Aufwand für die paar Minuten.»
«Oh, du bist dir ja ziemlich sicher, uns unterscheiden zu können!» Domenicos Stimme war eine Nuance tiefer als zuvor. Vielleicht fiel Antonino dies nicht auf, aber Juliane wusste, dies war nur die Vorstufe zu einem dominanteren Auftreten. Ob er es wohl in Gegenwart seines Bruders wagen würde, sie offensichtlicher unter Druck zu setzen? Widerstrebend willigte sie ein. «Na gut, obwohl eine Augenbinde auch ausreichen würde.»
Er nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf dem Tisch ab. Behutsam setzte er ihr die beiden Linsen ein, nachdem sie den Kopf zurückgelegt hatte, und nahm sie dann an der Hand. «Komm mit.» Er führte sie in den Flur und drehte sie mehrmals um ihre Achse. Dann nahmen die Zwillinge ihre Positionen ein, jeder an einem Ende des Flurs.
«Also gut. Lasst uns Schicksal spielen.» Juliane atmete einmal tief durch. Sie war ein wenig nervös. Mit ausgestreckter Hand ging sie langsam vorwärts. Als sie mit den Fingerspitzen die Wand ertastete, drehte sie sich ein Stück weiter nach rechts und ging weiter vorwärts, mit kleinen Schritten, weil sie Angst hatte, irgendwo anzustoßen und sich blaue Flecke zu holen. Außer ihren gedämpften Schritten und ihrem eigenen Herzschlag hörte sie kein Geräusch. Die Spannung war schier unerträglich. Sie tastete sich weiter voran, bis sie auf weichen Widerstand traf.
Es entging ihr nicht, dass er versuchte, leise und regelmäßig zu atmen, ohne dass es ihm gelang. Offenbar war er genauso nervös wie sie. Das passte eigentlich nur zu Antonino, dem zarter Besaiteten der beiden, aber vielleicht irrte sie sich ja.
Mit beiden Händen tastete sie sorgfältig sein Gesicht ab, nahm jede noch so kleine Regung seiner Mimik wahr und küsste ihn schließlich, ihre Zunge
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