Dienstags ist sie nie da - Roman
Nacht um die Ohren, nur damit du das weißt.«
»Ich melde mich bei dir, Ehrenwort«, rief Daniel über seine Schulter hinweg, als er hinter Matthew herhastete.
»Na, ich schätze, meine Arbeit ist getan«, sagte Braindead und warf einen letzten zufriedenen Blick auf Ben, der jetzt ziemlich blass aussah, als er versuchte, Katy während der Wehe zu trösten.
»Kein Grund, sich bei mir zu bedanken, Leute. Ich bin dann weg, okay? Außer ich kann sonst noch was tun.«
Katy knurrte wieder etwas, und Braindead verschwand.
Vierundzwanzig
Daniel hatte das Gefühl, als wäre er auf der Suche nach Matthew eine Million Kilometer durch zahllose Korridore getrottet. Die verschiedenen Schattierungen der grauen Standardfarbe in diesem Krankenhaus, die er dabei gesehen hatte, irritierten ihn langsam, trotzdem lag immer noch ein breites Lächeln auf seinem Gesicht. Er fragte sich, wie Katy derart heroische, kreative und hingebungsvolle Bemühungen um ihr Glück je wiedergutmachen wollte. Vielleicht war diese Uhr, auf die er ein Auge geworfen hatte, ja die passende Belohnung für einen solchen Freundschaftsbeweis. Vielleicht würde er sie zum Shoppen einladen, und dann ließen sich sicher ein paar subtile Hinweise einflechten im Stil von: »Katy. Sieh doch, diese Uhr. Du stehst noch in meiner Schuld.«
Schließlich fand er Matthew zusammengesunken auf einem Stuhl in einem Korridor; er weinte sich schier die Augen aus dem Kopf.
»Verpiss dich«, waren Matthews erste Worte, als er feststellte, dass es Daniel war, der nun neben ihm saß.
»Verpiss dich bloß.«
»Ich bin nur hier, um sicherzustellen, dass mit dir alles in Ordnung ist.«
»Warum zum Teufel sollte ich ausgerechnet dich brauchen,
um sicherzustellen, dass mit mir alles in Ordnung ist? Was kümmert dich das?«, fragte Matthew. »Was mich das kümmert?«, erwiderte Daniel, der jetzt zu müde war, um bei dieser Frage die Ruhe zu bewahren. »Ich werde dir sagen, was mich das kümmert. Ich habe die ganze Nacht damit verbracht, mich zu kümmern. Deshalb. Nein, eigentlich ist das falsch. Ich habe in den letzten neun Monaten die meiste Zeit damit verbracht, mich zu kümmern – und mich zu bemühen, euch auseinanderzudividieren. Mit Zuhören, Reden und dem Versuch, einen Sinn in diesem ganzen verdammten Durcheinander zu erkennen. Und jetzt bin ich müde. Und was ich bestimmt nicht brauche, das bist du, der mir jetzt erzählt, dass ich mich verpissen soll. Verpiss dich selbst und mach mit deinem beschissenen Leben weiter.«
Zu Daniels Schrecken verzog sich Matthews Gesicht erneut, und er begann wieder zu weinen. Verlegen drehte er sich von Daniel weg. Die Tränen liefen ihm nur so herunter, und seine Schultern hoben und senkten sich unter den tiefen, schweren Schluchzern.
Ein älteres Paar, das am anderen Ende des Flurs saß, war entweder zu unhöflich oder zu alt, um seine neugierigen Blicke zu verbergen. Daniel hörte ein Kratzen und sah, wie die ältere Frau ihren Stuhl verschob, um eine bessere Sicht zu haben.
Matthews Schluchzer wurden mit jeder Minute lauter und zwangen Daniel, etwas zu unternehmen.
»Die Vorstellung ist vorbei«, sagte er zu seinem Publikum, doch die beiden ließen sich nicht abschrecken, sondern starrten in aller Unschuld zurück.
Unbeholfen versuchte Daniel, seinen Arm um Matthew zu legen.
Matthew schüttelte ihn ab, doch Daniel blieb hartnäckig.
»Komm schon, Junge. Du weißt doch, dass du darüber hinwegkommen wirst«, sagte er ruhig.
Warum zum Teufel er immer wieder in den Tonfall seiner Mutter verfiel, wenn er versuchte, jemanden zu trösten, war ihm absolut unklar. Ihm wurde sogar bewusst, dass er soeben genau die Worte seiner Mutter wiederholt hatte, als er ihr einmal erzählt hatte, dass er sich in seinen Tutor auf der Kunsthochschule verliebt habe. Er war so frustriert von ihrer bornierten Haltung gewesen, dass er sofort scharf zurückgeschossen hatte, er wisse schon seit seinem fünfzehnten Lebensjahr, dass er schwul sei, weil ihn nämlich David Sanderson einmal bei einem Ausflug der Pfadfinder verführt habe.
»David Sanderson?«, hatte sie völlig entsetzt ausgerufen.
»Ja«, hatte er geantwortet.
»Du bist ein Lügner! Wie kannst du es wagen, so etwas über den armen David zu verbreiten!«, hatte sie gesagt.
»Nein, das war wirklich so, ehrlich, Mum«, hatte er protestiert.
»Wie kannst du es wagen, den Sohn des Vikars in diese Sache hineinzuziehen? Ich weiß nicht, was schlimmer ist: so zu tun, als wärst du schwul,
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