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Dienstags ist sie nie da - Roman

Dienstags ist sie nie da - Roman

Titel: Dienstags ist sie nie da - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Bloom
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Abwärtsspirale zu drehen, schob Ben sich vor ihr Auge und verdeckte das Bild des jungen Eheglücks vor ihr.
    »Katy«, sagte er.
    »Ben«, antwortete sie.
    Er fuhr mit den Fingern durch seinen zerzausten Haarschopf, während er sich hektisch umsah, als wüsste er nicht, was er sagen soll. Dann holte er tief Luft und wischte sich über die Augen. Wenn Katy es nicht besser gewusst hätte, dann hätte sie geschworen, dass er geweint hatte.
    »Würdest du bitte mit mir tanzen?«, bat er schließlich und hielt ihr seine leicht zitternde Hand hin.
    Sie war völlig von der Rolle. Das war ja wohl nicht wahr. Tanzen war fester Bestandteil der Top-Five-Bestenliste aller Dinge, die Ben am wenigsten mochte – zusammen mit die eigene Kotze aufzuwischen und Quiche zu essen.
    Zu ihrer Überraschung nahm er sie bei der Hand, zog
sie ganz behutsam vom Stuhl hoch und führte sie zur Tanzfläche, wo er sie an seinen leicht verschwitzten Körper zog.
    »Bist du betrunken?«, fragte sie vorsichtig.
    »Warum fragst du mich das?«
    »Wir haben bisher noch nie einen Schleicher getanzt«, antwortete sie.
    »Na ja, ich wollte … nur …«, begann er, bevor er sie fest in die Arme nahm und ihr seinen schweren, bierseligen Atem ins ihr Ohr blies.
    »Ach, Katy«, murmelte er.
    Katy umarmte ihn auch fest – so fest sie nur konnte – und fragte sich, wohin das wohl führen würde. Unfähig, die Spannung auszuhalten, schob sie ihn auf Armes Breite von sich und sah ihn nervös an. »Ben, ist was passiert?«, fragte sie.
    Ben sah aus, als würde er tatsächlich gleich weinen, dann schniefte er tüchtig und straffte seine Schultern.
    »Ja, Katy, wohl schon. Mir ist gerade klar geworden, dass ich ein Arschloch war«, erwiderte er, bevor er eine kurze Pause machte, um nachzudenken.
    »Nicht, dass ich immer ein Arschloch gewesen wäre, verstehst du?«, fuhr er fort. »Eigentlich bilde ich mir sogar ein, dass meine Akte bislang so ziemlich arschlochfrei war. Erst kürzlich habe ich eine gewisse Neigung dazu festgestellt.«
    »Aber es ist mein Fehler … «, sagte sie. »Ich hätte nicht …«
    »Nein, hättest du nicht«, unterbrach er sie. »In der Tat führt uns das zu einem Patt beim Arschloch-Spielstand.«
    »Na ja, aber vergiss nicht, dass du ja immer deinen Schwengel zur Hand hast«, konnte sie es sich nicht verkneifen
zu antworten. Sie rutschte in ihren normalen Geplänkel-Modus, was, wie sie feststellte, zu ihrer eigenen Irritation immer genau dann passierte, wenn sie eigentlich ernsthaft miteinander reden sollten.
    »Wie wahr, wie wahr, stets nützlich, wie ich finde«, antwortete er ziemlich niedergeschlagen.
    Sie sahen einander unbehaglich an, die Hände fest umklammert.
    Katy konnte es nicht länger aushalten; sie musste einfach herausfinden, in welche Richtung dieses Gespräch zielte.
    »Also, ehm …, ist alles okay mit uns?«, fragte sie vorsichtig.
    »Ja«, antwortete er mit ernsthaftem Nicken und gerunzelter Stirn. »Ja, alles bestens.«
    Katy hielt die Luft an und wartete auf mehr, aber Ben schien hinter seinem verquält wirkenden Gesicht noch seine Gedanken zu verarbeiten. Schließlich, nach einer langen Pause, wurden seine Züge weicher, und ganz langsam machte sich ein strahlendes Lächeln breit. Katy erlaubte sich, wieder zu atmen, und wappnete sich für Bens nächste Worte.
    »Wir bekommen ein Baby«, sagte er mit einem leicht erstaunten Ausdruck im Gesicht, als hätte er dies zum allerersten Mal wirklich begriffen.
    »Ja, sicher«, sagte sie langsam. »Ist das in Ordnung?«
    »Das ist verdammt wunderbar«, erwiderte er, und ein vages, aber stolzes Grinsen leuchtete in seinem Gesicht auf. »Und ich werde ein verdammt wunderbarer Vater sein«, fuhr er fort, jetzt von einem Ohr zum anderen grinsend.
    Katy fühlte, wie ihr die Beine einknickten, als ihr ein
Stich schierer Freude durch den gesamten Körper schoss. Sie stolperte, aber Ben packte sie an den Armen und half ihr, das Gleichgewicht wiederzufinden.
    »Hey, alles in Ordnung mit dir?«, fragte er und sah wieder besorgt aus, während er ihr sanft übers Haar strich.
    »Mehr als in Ordnung«, antwortete sie und strahlte ihn an.
    Ben wollte Vater sein. Er wollte der Vater ihres Kindes sein. Er wollte eine Zukunft mit ihr und dem Baby. Sie war nicht allein am Rande der Tanzfläche. Sie war mittendrin auf der Tanzfläche und klammerte sich an Ben. Ihr war klar, dass sich ihre ganze Welt soeben verändert hatte, weil sie zum ersten Mal seit ewigen Zeiten nicht mehr »ich« sein

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