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Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Titel: Dienstanweisungen für einen Unterteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. Lewis
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Menschen legt, zu entkeimen. Lasse ihn alles tun, nur nicht handeln. Wie groß auch immer die Frömmigkeit in seiner Einbildung und Gemütserregung sein mag, sie schadet uns nicht im geringsten, solange wir sie dem Willen fernhalten können. Wie einer unter den Menschen sich ausgedrückt hat: Aktive Gewohnheiten werden durch Wiederholung gestärkt, passive aber geschwächt. Je Öfter er fühlt, ohne zu handeln, desto weniger wird er fähig sein, zu handeln und, auf die Dauer, zu fühlen.
    Dein Dich liebender Oheim
    Screwtape

XIV
    Mein lieber Wormwood,

    Das Beunruhigende in Deinem letzten Bericht über den Patienten ist, daß Dein Patient keine jener zuversichtlichen Entschlüsse mehr faßt, die seine ursprüngliche Bekehrung gekennzeichnet haben. Keine überschwenglichen Versprechen dauernder Tugendhaftigkeit, wie ich sehe; nicht einmal die Erwartung, für den ganzen Rest des Lebens mit „Gnade“ versehen zu werden, sondern nur noch die Hoffnung auf die tägliche und stündliche Durchhilfe in den täglichen und stündlichen Versuchungen. Das ist sehr schlimm!
    Für den Augenblick sehe ich nur eine Möglichkeit. Dein Patient ist demütig geworden; hast Du ihn auf diese Tatsache aufmerksam gemacht? Alle Tugenden verlieren für uns an Schrecken, sobald sich der Mensch ihres Besitzes bewußt wird; das trifft ganz besonders auf die Demut zu. Packe ihn in dem Augenblick, da er wirklich geistlich arm ist, und schmuggle in seine Gedanken die angenehme Erwägung ein: „Wahrhaftig! Ich bin demütig geworden!“, und fast unverzüglich wird sich der Stolz zeigen, der Stolz über die eigene Demut. Wenn er die Gefahr, in der er schwebt, erkennt und versucht, diese neue Form des Hochmutes zu unterdrücken, dann erwecke in ihm den Stolz über diesen Versuch – und so weiter durch so viele Stadien, als es Dir gefällt. Aber treibe das Spiel nicht zu weit, sonst weckst Du seinen Sinn für Humor und Proportion, und er wird Dich höchstens auslachen und zu Bett gehen.
    Es gibt jedoch andere, ergiebigere Möglichkeiten, seine Aufmerksamkeit auf seine Demut zu fixieren. Durch diese Tugend, wie durch alle Tugenden, sucht der Feind die Aufmerksamkeit des Menschen vom eigenen Ich weg auf Sich und die Nächsten zu richten. Alle Erniedrigung und Selbstverachtung dient letzten Endes nur diesem Ziele; nur wenn sie dieses Ziel nicht erreichen, schaden sie uns wenig. Im Gegenteil, sie können uns sogar nützlich sein, wenn der Mensch sich ihretwegen mit sich selbst beschäftigt, und vor allem, wenn die Selbstverachtung zum Ausgangspunkt wird für die Verachtung anderer und folglich für Schwermut, Zynismus und Grausamkeit. Du mußt daher das wahre Ziel der Demut vor dem Patienten zu verbergen trachten. Lasse ihn Demut nicht ansehen als das Vergessen des Ichs, sondern als eine Art Einschätzung (nämlich eine geringe) der eigenen Gaben und des eigenen Charakters. Ich sehe, er hat wirklich einige Gaben. Fixiere in seinem Gehirn die Idee, die Demut bestehe darin, zu versuchen, diese Gaben geringer zu achten, als er sie in Wirklichkeit einschätzt. Zweifellos sind sie auch weniger wertvoll, als er sich einbildet, aber das spielt keine Rolle. Die Hauptsache ist, ihn dahin zu bringen, eine Ansicht nicht nach der Wahrheit, sondern nach andern Eigenschaften zu bewerten. Damit nistet sich ein Element der Unehrlichkeit und des Scheins in das Wesen dessen, was sonst zur Tugend zu werden droht. Auf diese Weise sind schon Tausende von Menschen zu der Auffassung gebracht worden, die Demut bestehe darin, daß hübsche Frauen zu glauben versuchen, sie seien häßlich, und daß gescheite Männer sich bemühen, sich von ihrer Dummheit zu überzeugen. Weil aber das, was die Menschen zu glauben versuchen, in manchen Fällen offensichtlicher Unsinn ist, so gelingt es ihnen auch nicht, daran zu glauben. Und wir haben den Vorteil, daß ihre Gedanken sich durch die Anstrengung, das Unmögliche zu erreichen, endlos um sich selber drehen. Um den Schlichen des Feindes zuvorzukommen, müssen wir Seine Ziele betrachten. Der Feind möchte den Menschen in eine Geistesverfassung bringen, in der er die schönste Kathedrale der Welt entwerfen könnte, sich dessen bewußt ist und sich tatsächlich darüber freut, ohne daß er doch mehr oder weniger oder in anderer Weise glücklich wäre, wenn ein anderer sie gebaut hätte. Der Feind möchte ihn letzten Endes in solchem Maß befreit wissen von aller Selbstgefälligkeit, daß er sich über seine eigenen Gaben ebenso offen und

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