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Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Titel: Dienstanweisungen für einen Unterteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. Lewis
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Matrosen und Soldaten so etwas nur als bare Münze hinnehmen können. Aber wir gebrauchen die Schulmeister, um diese Geschichte in Umlauf zu setzen, denn sie haben ein wirkliches Interesse an der Keuschheit als Rechtfertigung für den Sport und empfehlen deshalb den Sport als Hilfe für die Keuschheit. Doch die ganze Angelegenheit führt zu weit, als daß sie am Ende eines Briefes noch richtig behandelt werden könnte.
    Dein Dich liebender Oheim
    Screwtape

XVIII
    Mein lieber Wormwood,

    Selbst unter Slubgob mußt Du Dir ja auf der Hochschule die technische Routine der sexuellen Versuchung angeeignet haben. Da dieses ganze Thema für uns Geister sehr langweilig ist (wenn auch ein notwendiger Teil unserer Ausbildung), so will ich darüber hinweggehen. Aber über die größeren Zusammenhänge, glaube ich, hast Du noch verschiedenes zu lernen.
    Die Forderung, die der Feind an die Menschen stellt, nimmt die Form eines Dilemmas an: Entweder vollständige Enthaltsamkeit oder kompromißlose Monogamie. Seit der Zeit des ersten großen Sieges Unseres Vaters haben wir den Menschen das Einhalten der ersten Form sehr schwer gemacht. Die letztere haben wir ihnen als Möglichkeit einer Ausflucht im Laufe der letzten Jahrhunderte mehr und mehr verschlossen. Durch ihre Dichter und Schriftsteller konnten wir sie davon überzeugen, daß eine merkwürdige und für gewöhnlich kurzlebige Erfahrung, welche sie „Verliebtsein“ nennen, die einzige achtbare Grundlage für eine Eheschließung ist, daß die Ehe diese Erregung zum dauernden Zustand machen könne und sollte und daß eine Ehe, in der dies nicht mehr der Fall ist, auch den Charakter der Unauflöslichkeit nicht mehr besitze. Diese Idee ist eine Parodie eines vom Feinde stammenden Gedankens.
    Die ganze Philosophie der Hölle beruht auf der Anerkennung des Grundsatzes, daß eine Sache nicht eine andere ist, und im besonderen, daß ein Ich nicht ein anderes Ich ist. Mein Eigentum ist mein Eigentum, und dein Eigentum ist dein Eigentum. Was der eine gewinnt, verliert der andere. Sogar ein lebloser Gegenstand ist das, was er ist, dadurch, daß er alle andern Gegenstände davon ausschließt, den Raum einzunehmen, den er einnimmt. Wenn er sich ausdehnt, so geschieht es, indem er andere Gegenstände beiseite schiebt oder in sich aufnimmt. Genauso mit dem Ich. Bei den Tieren nimmt dieses In-sich-Aufnehmen die Form des Fressens an; für uns bedeutet es das Aussaugen des Willens und der Freiheit eines schwächeren Selbst durch ein stärkeres. „Sein“ bedeutet „sein Ich behaupten“.
    Nun ist aber die Philosophie des Feindes nichts mehr und nichts weniger als ein fortwährender Versuch, dieser ganzen selbstverständlichen Wahrheit auszuweichen. Er zielt auf einen Widerspruch. Es sollen viele Dinge sein und doch irgendwie nur eines. Das Gut des einen Ich soll auch das Gut des andern Ich sein. Diese Unmöglichkeit nennt Er Liebe, und dieses selbe, langweilig-einförmige Wundermittel kann man in allem entdecken, was Er tut und sogar was Er ist – oder zu sein vorgibt. Deshalb ist Er, ja Er selbst, nicht zufrieden damit, eine reine arithmetische Einheit zu bilden; Er behauptet nämlich, Drei so gut wie Einer zu sein, damit dieser Unsinn von der Liebe in seiner eigenen Natur eine Grundlage findet. Am andern Ende der Stufenleiter führt Er in die Materie jene abgeschmackte Erfindung, den Organismus, ein, in dem die Teile ihrer natürlichen Bestimmung der gegenseitigen Konkurrenz entfremdet und auf Zusammenarbeit angelegt sind.
    Sein wahrer Beweggrund, sich auf die Geschlechtlichkeit als die Methode zur Fortpflanzung der Menschen festzulegen, verrät sich uns nur zu deutlich durch den Gebrauch, den Er davon macht. Der Geschlechtstrieb hätte, von uns aus gesehen, eine ganz unschuldige Sache sein können. Er hätte wirklich nur eine andere Weise sein können, wie ein stärkeres Ich sich eines schwächeren bemächtigt – wie es in der Tat unter den Spinnen der Fall ist, wo die Braut ihre Hochzeitsfeier damit beschließt, daß sie ihren Bräutigam auffrißt. Bei den Menschen jedoch hat der Feind grundloserweise die gegenseitige Zuneigung der Partner mit dem geschlechtlichen Trieb verbunden. Auch hat Er den Abkömmling von den Eltern abhängig gemacht und den Eltern den Antrieb gegeben, das Kind zu ernähren. Damit hat er die Familie zuwege gebracht, ähnlich dem Organismus, nur noch viel schlimmer; denn die Glieder unterscheiden sich noch viel mehr voneinander und sind doch in einer viel

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