Dienstanweisungen für einen Unterteufel
füttere ihn mit den Werken minderwertiger Dichter und fünftklassiger Romanschreiber der alten Schule, bis Du in ihm die Überzeugung fest verankert hast, die „Liebe“ sei beides, etwas Unwiderstehliches und etwas irgendwie innerlich Verdienstliches. Ich gebe zwar zu, daß diese Überzeugung wenig geeignet ist, gedankenlose Unkeuschheit zu verursachen, aber sie ist ein unvergleichliches Rezept für länger dauernde „edle“, romantische, tragische Ehebrüche, die, wenn alles gut geht, in Mord und Selbstmord enden. Sollte dies jedoch nicht gelingen, so kann dieser Glaube immerhin dazu benutzt werden, den Patienten in den Hafen einer nützlichen Ehe zu lenken. Denn die Ehe, wenn sie auch eine Erfindung des Feindes ist, hat ihre Nutzbarkeit. Es gibt ganz gewiß mehrere junge Töchter in der Nachbarschaft Deines Patienten, die es ihm sicherlich sehr schwierig machen würden, ein christliches Leben zu führen, wenn Du ihn nur überreden könntest, eine von ihnen zu heiraten. Bitte, berichte mir doch darüber, wenn Du mir das nächste Mal schreibst. Inzwischen sei Dir ganz klar darüber, daß dieser Zustand des Verliebtseins an sich weder für uns noch für die andere Seite notwendigerweise günstig sein muß. Er ist bloß eine Gelegenheit, die wir und der Feind auszunützen versuchen. Verliebtsein ist wie die meisten andern Dinge, über die sich die Menschen aufregen, wie Gesundheit und Krankheit, Alter und Jugend oder Krieg und Friede, vom Standpunkt des geistlichen Lebens aus vor allem Rohmaterial.
Dein Dich liebender Oheim
Screwtape
XX
Mein lieber Wormwoo d ,
Mit höchstem Unbehagen nehme ich davon Kenntnis, daß der Feind, wenigstens für die nächste Zeit, unseren direkten Angriffen auf die sittliche Reinheit des Patienten ein gewaltsames Ende bereitet hat. Du hättest eigentlich wissen können, daß er das schließlich immer wieder tut, und darum hättest Du mit Deinen Angriffen beizeiten einhalten sollen. So wie die Dinge stehen, hat Dein Mann die gefährliche Wahrheit erkannt, daß diese Angriffe nicht ewig dauern werden. Folglich wird es Dir nicht mehr länger möglich sein, mit unserer besten Waffe vorzugehen, dem Glauben der unwissenden Menschen, es gebe keine Hoffnung, uns auf andere Weise loszuwerden als durch Kapitulation. Ich nehme jedoch an, Du hast versucht, ihn davon zu überzeugen, daß geschlechtliche Enthaltsamkeit ungesund ist?
Ich habe von Dir noch keinen Bericht über die jungen Damen aus des Patienten Nachbarschaft erhalten. Ich hätte ihn gern sofort. Können wir nämlich seinen Geschlechtstrieb nicht nutzbar machen, um ihn zur Unsittlichkeit zu veranlassen, so müssen wir ihn gebrauchen, um eine wünschenswerte Heirat herbeizuführen. Inzwischen möchte ich Dir einige Winke geben über den Frauentyp – ich meine den körperlichen Typ –, in den er sich verlieben soll, wenn das Verliebtsein das Beste ist, was wir unter den gegebenen Umständen fertigbringen können.
In einer derberen, doch immerhin ganz zuverlässigen Weise ist diese Frage für uns zwar längst gelöst von den Geistern, die viel tiefer in der Hierarchie der Hölle wirken als Du und ich. Es liegt im Aufgabenbereich dieser großen Meister, in jedem Zeitalter eine gewisse allgemeine, verkehrte Auflassung dessen zu schaffen, was man „sexuellen Geschmack“ nennen könnte. Sie erreichen das durch jenen verhältnismäßig kleinen Kreis von populären Künstlern, Modeschöpfern, Schauspielern und Reklamefachleuten, die den modischen Typ bestimmen. Das Ziel ist, das eine Geschlecht wegzuführen von jenen Angehörigen des andern Geschlechtes, mit denen eine geistlich hilfreiche, glückliche und fruchtbare Ehe am ehesten möglich wäre. So haben wir nun seit Jahrhunderten über die Natur insofern triumphiert, als wir das weibliche Geschlecht gewisse untergeordnete Merkmale des Männlichen (wie den Bart) als unangenehm empfinden ließen. Es liegt mehr dahinter, als Du vielleicht annimmst. Was den männlichen „Geschmack“ anbetrifft, so haben wir ihn großem Wechsel unterworfen. Einmal lenken wir ihn auf den statuarisch-aristokratischen Schönheitstyp hin, indem wir die Eitelkeit der Männer mit ihrer Begehrlichkeit mischen und dieses Geschlecht anreizen, hauptsächlich mit den anmaßendsten und verschwenderischsten Frauen Kinder zu zeugen. Zu anderen Zeiten wählen wir einen übertriebenen weiblichen Typ, zart und schmachtend, so daß Dummheit und Feigheit und jene allgemeine Falschheit und Kleinlichkeit, die sie
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