Dienstanweisungen für einen Unterteufel
begleiten, hoch im Kurs stehen sollten. Gegenwärtig schlagen wir den entgegengesetzten Kurs ein. Das Zeitalter des Jazz hat dasjenige des Walzers abgelöst, und nun lehren wir die Männer, solche Frauen zu lieben, deren Körper vom Körper eines Knaben kaum zu unterscheiden ist. Da diese Art Schönheit noch vergänglicher ist als die meisten anderen, verschärfen wir damit den chronischen Schrecken des weiblichen Geschlechtes vor dem Altwerden (und das mit sehr gutem Erfolg) und machen es weniger willig und auch weniger fähig, Kinder zu gebären. Das aber ist nicht alles. Wir bewerkstelligen eine zunehmende ‚Freiheit, die die Gesellschaft der Darstellung der scheinbaren Nacktheit (nicht des wirklich Nackten) in der Kunst, seiner Schaustellung auf der Bühne und im Strandbad zugesteht. Natürlich ist das alles Schwindel; die Figuren in der populären Kunst sind verzeichnet, die wirklichen Frauen sind in ihrem Badekostüm oder knapp anliegenden Höschen tatsächlich eingezwängt und zusammengepreßt, damit sie strammer und schlanker und knabenhafter aussehen, als die Natur es der erwachsenen Frau erlaubt. Zur gleichen Zeit jedoch wird der modernen Welt beigebracht, zu glauben, das sei „frei“ und „gesund“ und führe zurück zur Natur. Auf diese Weise lenken wir die Begierden der Männer mehr und mehr auf etwas hin, das überhaupt nicht existiert, und geben dem Auge in sexuellen Dingen eine immer größere Rolle, während wir gleichzeitig die Erfüllung der sexuellen Ansprüche immer unmöglicher machen. Was sich daraus ergibt, kannst Du leicht voraussehen!
Das ist also die allgemeine Strategie für den Augenblick. Aber innerhalb dieses Rahmens wird es Dir immer noch möglich sein, die Wünsche Deines Patienten nach einer von zwei Richtungen anzutreiben. Wenn Du das Herz irgendeines Mannes sorgfältig erforschst, wirst Du wenigstens zwei weibliche Idealvorstellungen darin finden, eine irdische und eine dämonische Venus – und entdecken, daß seine Begierden dem Objekt entsprechend qualitativ verschieden sind. Das Verlangen nach dem einen Typ ist auch dem Willen des Feindes zugänglich, es mischt sich bereitwillig mit Nächstenliebe, ist willig zur Ehe, von jenem goldenen Lichte der Ehrfurcht und Natürlichkeit durchleuchtet, das wir so sehr verabscheuen. Es gibt aber einen andern Frauentyp, den er mit brutaler Sinnlichkeit begehrt und brutal sinnlich zu begehren begehrt. Dieser Typ ist am geeignetsten dazu, ihn vom Gedanken an eine Ehe abzuleiten, aber er würde ihn auch in der Ehe als Sklaven, Idol oder Komplizen behandeln. Auch seine Liebe zum ersten Typ kann das mit sich bringen, was der Feind „Übel“ nennt, aber doch nur nebenbei. Der Mann würde wünschen, sie möchte nicht die Ehefrau eines andern sein, und er würde es bedauern, sie nicht rechtmäßig lieben zu dürfen. Im zweiten Fall ist es gerade „das Übel“, das er erstrebt; es ist gerade dieser „besondere Reiz“, den er sucht. Im Gesicht jenes Frauentyps ist es die offenkundige Sinnlichkeit oder das Schmollen oder die Verschlagenheit oder die Grausamkeit, die ihn anzieht. An ihrem Körper gefällt ihm etwas ganz anderes, als was er für gewöhnlich „Schönheit“ nennen würde, etwas, das er bei kühlem Blut als häßlich empfinden müßte, das aber durch unsere Kunst gebraucht werden kann, auf dem empfindlichen Nerv seiner heimlichen Besessenheit zu spielen.
Die wirkliche Rolle der dämonischen Venus ist zweifellos die der Prostituierten oder der Maitresse. Wenn Dein Mann jedoch Christ und in dem Unsinn einer unwiderstehlichen und alles vergebenden „Liebe“ gut bewandert ist, dann kann er dazu gebracht werden, sie zu heiraten. Und das zu erreichen ist jede Mühe wert. Du wirst dann zwar, was die Hurerei und das verborgene Laster angeht, einen Mißerfolg verzeichnen müssen, aber es gibt noch andere, mehr mittelbare Methoden, eines Mannes Geschlechtstrieb zu seinem Verderben zu verwenden, und diese letzteren sind, nebenbei bemerkt, nicht nur sehr erfolgreich, sondern auch höchst amüsant, und das durch sie bewirkte Elend ist sehr dauerhafter und auserlesener Art.
Dein Dich liebender Oheim
Screwtape
XXI
Mein lieber Wormwood,
Ganz richtig! Eine Periode der sexuellen Anfechtung ist die beste Gelegenheit für einen Nebenangriff auf die Grämlichkeit des Patienten. Unter Umständen ist das sogar der Hauptangriff, solange er ihn nur als etwas Untergeordnetes ansieht. Aber hier wie in allen Dingen muß der Weg für Deinen
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