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Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition)

Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition)

Titel: Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Altmann
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senkte die Stimme und sagte, unbezahlbar und aus allererster Hand: »Lieber (beep), dieses Mal kann ich mich nicht zurückhalten, jetzt müssen Sie es erfahren: Wir alle im Verlag wissen, dass Coelho gequirlte Scheiße schreibt. Die sich jedoch bestens verkauft. Ich bitte also um Nachsicht, wenn ich ihnen auch heute wieder Mist andrehe.«

WHEN A WOMAN LOVES A MAN
    Das ist die Geschichte von O., einer Frau, die ich als gute Freundin kannte. Irgendwann fing O. zu erzählen an und irgendwann schrieb ich mit. Erst zögerlich, da ich nicht wahrhaben wollte, was ich hörte. Bis ich begriff, dass sie von ihrer Wirklichkeit sprach, von einer sagenhaften, wüsten, ja urkomischen Wirklichkeit. Und ich begriff, dass man sie aufschreiben musste. Schon aus Bewunderung für jene, die von ihrer Freiheit nicht lassen wollen. Deshalb gehört sie in dieses Buch. Damit andere Frauen sie nachlesen. Als Aufklärungsschrift, als Warnschuss, als den zum Schreien aberwitzigen Tatsachenbericht einer in die Hölle abgestürzten Liebe. Das folgende »Ich« gehört O., der Frau, die davonkam.
    Meine Geschichte soll Freude machen. Und Mut. Eine Geschichte von drei Jahren Irrsinn aus dem Leben einer Frau und eines Mannes. Ich bin diese Frau und wenn ich heute an diesen Mann denke, bleibt mir für einen Augenblick das Herz stehen. Um dann umso heftiger weiterzuschlagen. Weil ich anfange zu lachen. Weil ich platze vor Stolz. Stolz über mich, die ich so lange am Saum eines geisteskranken Männerhirns entlangtaumelte. Und alles überlebte. Nur wahrhaft reicher geworden bin um das Wissen über die Abgründe des Menschenherzens. Schon erstaunlich: Nichts ging verloren, auch nicht meine Begabung, Männer zu mögen und zu begehren.
    B . war nicht schön, nicht hässlich. Ein vierzigjähriger, fester, sehniger Körper, Normalgröße, eine gute Sprache, Dozent für Elektrotechnik. Eindrucksvoll war seine Art, ohne Umwege und Verzögerungen ordnend in mein Leben einzugreifen: Geldanlage, Steuererklärung, ein lästiger Prozess mit einem früheren Arbeitgeber wegen ausstehender Gehaltszahlungen. Was mich seit Jahren belastete, erledigte B . in wenigen Wochen. Wie beruhigend schien mir das Auftauchen eines Menschen, der zielstrebig meine Existenz aufräumte.
    So ging die ersten Monate alles gut. Nur manchmal entdeckte ich flüchtige Indizien eines wunderlichen Benehmens, denen ich aber nicht nachging. Wohl aus Trägheit, wohl in der leichtfertigen Überzeugung, mich getäuscht zu haben.
    Als wir am Ende des ersten Jahres heirateten, war die Schamfrist vorüber. Jetzt spürte ich schlagartig, welch schier übermenschliche Kraft dieser Mann investiert hatte, um den Teufel in sich zu bändigen und mit welch erlösender Genugtuung er nun aus sich herausließ, was unaufhaltsam aus ihm herausmusste.
    Ich denke nicht, dass irgendein Wesen auf unseren Breitengraden existiert, das auf radikalere und unvorhersehbarere Art als er versuchte, diesen Trieb nach materieller Keuschheit und unbedingter Entsagung auszuleben. Keiner wird mir glauben, wenn ich hier von dem uferlosen Reichtum an Fantasie, Raffinement und spektakulärem Sadomasochismus erzähle, mit dem B ., dieser nun maßlos gewordene Geizkragen, sich anschickte, unser gemeinsames Leben einzurichten auf den Grundpfeilern der Buße, des Irrwitzes und der Ekstasen der Lächerlichkeit.
    Wo soll ich anfangen? Ich weiß nicht mehr, welche seiner Misshandlungen schwer wiegt und welche schwerer. So will ich der Reihe nach aussagen und alles veröffentlichen. Sollen andere entscheiden, was noch als menschenmöglich gilt und was nicht.
    Nach dem Hochzeitsessen mit zwei Trauzeugen, einer Brezel, einem Glas Bier und einem Paar Weißwürsten pro Person zogen wir in eine seiner beiden Eigentumswohnungen, die sogleich umgerüstet wurde. Am Telefonkasten installierte B . eine Stoppuhr. Ferngespräche waren grundsätzlich untersagt. Im Stadtbereich waren jedem von uns zehn mal acht Minuten erlaubt. Das entsprach exakt der Anzahl der zwanzig kostenlosen Einheiten. So betrug unsere Telefonrechnung grundsätzlich 27 Mark Grundgebühr. War sie höher, wurde sie mit einem grimmigen, zur Begleichung der Mehrkosten zwingenden, Blick an mich weitergereicht.
    Regeln der Nahrungsaufnahme wurden festgeschrieben: der penible Zeitraum, innerhalb dessen, und die Konditionen, unter denen Lebensmittel zuzubereiten und einzunehmen waren. Nebenbei hatte ich strengstes Kochverbot und es war ausschließlich B . vorbehalten, samstags und

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