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Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition)

Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition)

Titel: Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Altmann
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wie der Ex-Stricher mit sich kämpfte. Ein Heterosexueller als linkisches Liebesobjekt, das war neu für ihn. Zudem hatte er meist auf Stundenlohnbasis penetriert und den anfallenden GV als Akkordarbeiter erledigt. Die hastige Routine schien Teil der (käuflichen) Liebe.
    Dennoch, ich wollte ihn nicht überfordern. Guten Willens war er gewiss. Aber sein immer schwerer werdender Atem, Zeichen wuchernder Geilheit, die sich nun über seine gesamte Hautoberfläche ausbreitete, setzte meinen Bitten ein eindeutiges Limit.
    Ich reichte ihm die vorsorglich mitgebrachte Cremetube. Reichlich, nein, verschwenderisch wurde nun eingefettet. Gleichzeitig betätigte sich Fernando als Entspannungstherapeut. Ich solle vom Kopf aus Befehle geben, um den Muskelring zu lockern. Leicht gesagt. Ich tat, was ich konnte.
    Es war zu wenig. Wie einen glühenden Dorn registrierte ich seinen ersten Versuch. Vier Mal musste er mich wieder verlassen, kein anderer Weg half, um diesen pfeilspitzen Schmerz abzustellen. Als ich ihn beim fünften (sechsten?) Mal fragte, wie weit – ich vermutete ihn sehr weit – er schon in mich eingedrungen wäre, sprach er von zwei, drei lächerlichen Zentimetern. Ich verstummte.
    Fernando war jetzt nicht mehr zu bremsen. Mit Vehemenz stieß er sich Stück für Stück hinein. Plötzlich konnte ich nachvollziehen, warum das Wort »Penetration« bei manchen so furchterregend deutlich nach Gewalt und Willkür riecht. Ich lag mit dem Kissen zwischen den Zähnen auf dem Bett, in meinem Kopf wütete die unerbittliche Frage nach dem Sinn des Unternehmens. Ich fühlte mich pervertiert, versuchte an befreundete Männer und Frauen zu denken, die mein Tun bejahen, die diesen Trieb nach Erkenntnis nicht verurteilen würden. Zeitgenossen, bei denen ich mir Mut holen konnte, um nicht aufzugeben.
    Auf und ab, der Peruaner richtete sich ein. Mehrmaliger Stellungswechsel. Durch meine Ungeschicklichkeit in der ganz anderen Rolle als Frau verlor Fernando – nun in animalischer Hochstimmung – mehrmals den Kontakt zu mir. Und jedes erneute Eindringen stach wie ein feuriges Schwert in meinen Unterleib.
    Ich näherte mich meinen Schmerzrändern, die Grenzen tolerierbaren Leids rückten näher. Um rechtzeitig erlöst zu werden, bettelte ich um ein baldiges Ende und forderte Fernando auf, doch endlich seine Lust in mir abzuladen. Der Satz war noch nicht ausgesprochen, da erkannte ich meinen Fehler. Fernando erschrak, sein zuckendes Statussymbol schrumpfte. Sofort leistete ich Abbitte, hieß ihn einen grandiosen Liebhaber und gelobte Besserung. Meine Lügen heilten. Mächtig und stolz kehrte sein Stachel zurück. Mir selbst versprach ich, stillzuhalten und – wenn nötig – bis zur bluttriefenden Ohnmacht auszuharren.
    Dann ein neues Problem, peinlichst und schier unbeschreiblich. Fernandos schwungvolles und auf eigensinnige Weise verbogenes Lingam reizte meinen Dünndarm. Mich überkam nun das Bedürfnis, mich prustend zu entleeren. Jetzt hatte ich zwei Leiden: die Qual meiner aufgescheuerten Schließmuskeln und das hektische Verlangen, auszuscheiden. Hätte ich nicht in den nächsten Sekunden Fernandos erlösten Atem vernommen, nicht mitbekommen, dass er sich selig erschöpft auf mich legte, unsere Liebesnacht wäre in einem barbarischen Desaster geendet.
    Unbeweglich und mit pochendem Herzschlag lagen wir nebeneinander. Eine Phantasie war Wirklichkeit geworden. Eine Wirklichkeit, von der ich lange geträumt hatte und der ich nie wieder begegnen wollte. Als sich Fernando behutsam, ja sacht, mit seiner ganzen Männlichkeit aus mir löste, da signalisierten die geschundenen Nerven ein letztes Mal, was ich hinter mir hatte.
    Freundschaftlich gingen wir auseinander. Für den Augenblick unseres Abschieds taugte ein Satz von André Gide: »Ich will dabei sein, und koste es das Leben.« Und noch ein Gedanke war da, auch er jetzt unwiderruflich: dass meine Sehnsucht nur Frauen ersehnte. Und dass keiner es mit dieser Wahrheit aufnehmen konnte, keiner je versuchen sollte, sie außer Kraft zu setzen. Kein Mann, keine Frau.

DIE VERGEWALTIGUNG
    Ein kurzes Vorwort für die moralisch Tadellosen: Manche nennen das, wozu ich in dieser Story angestiftet habe, »versuchten Mord«. Laut Gesetzgebung aller europäischen Länder bin ich kein Mörder, auch kein potentieller. Hätte ich mich für eine andere Lösung entschieden als für jene, von der hier die Rede sein wird: Das Leben aller Beteiligten sähe heute trostloser aus. Dass die besseren

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