Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition)

Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition)

Titel: Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Altmann
Vom Netzwerk:
ich das schriftlich und/oder per Video beweisen könnte, das Gesetz überlässt ausschließlich der Frau die Entscheidung, ob sie gebären will oder nicht. »Machen Sie keine Dummheiten«, sagte er noch und hängte ein.
    Wie löblich, dass er mich daran erinnerte. Die seltsamsten Gedanken waren mir bereits gekommen: Ich hatte früher als Taxifahrer gearbeitet, war immer nur nachts gefahren. Nicht die schlechteste Möglichkeit, um ein paar beflügelnde Individuen kennen zu lernen. Darunter auch einige Huren. Sie mochten mich, weil ich zuverlässig Kundschaft heranschaffte. Das tat uns allen gut, denn für jeden Johnny kassierte ich eine Provision. Um vier Uhr morgens holte ich die Mädels ab – vom Puff oder vom Straßenstrich – und brachte sie nach Hause. Ich denke, sie konnten mich leiden, weil ich sie nach ihren Gedanken fragte und nie auf die Idee gekommen wäre, ihnen eine Predigt vom anständigen Leben zu halten.
    Es hatte nicht lange gedauert und sie stellten mich ihren Freunden vor. Betriebswirtschaftsstudenten, Ärzte, ein paar Zuhälter, ein paar Kriminelle. Keine Totschläger, aber nervöse Typen, weniger der Kunst des geschliffenen Dialogs zugetan als dem Bedürfnis, Probleme zügig und mitunter handgreiflich zu lösen. Für Probleme, die sie nicht lösen wollten, kannten sie andere Kriminelle. Ich notierte mir damals ein Dutzend Telefonnummern.
    Jetzt, ein Jahrzehnt danach, rief ich an. Glaubte ich mich doch im Recht, fühlte ich mich doch missbraucht, ja, auf perfideste Weise hintergangen. Die Herren waren jedoch inzwischen verzogen. Wie einsichtig, nie hatten sie den Eindruck vermittelt, längerfristige Mietverträge zu unterschreiben. Als ich ein paar von ihnen schließlich ausfindig machte, waren sie nonchalant und zugänglich wie eh. Ich erklärte ihnen meinen Plan und sie redeten über den bereitzustellenden Unkostenbeitrag. Und sagten zu. Wenn es soweit wäre, sollte ich vierundzwanzig Stunden zuvor Bescheid geben.
    Bald hatte ich jeden, den ich brauchte. Auch den (angesehenen) Arzt, der bereit war, den Job zu erledigen. Ich wusste von seinen heimlichen Praktiken – cash bezahlte Abtreibungen – und ließ ihn wissen, dass ich bei etwaiger Weigerung über seine illegalen Praktiken plaudern würde. Eine miese Tour, ich weiß. Fand ich doch seine Heimlichkeiten moralisch gerechtfertigt. Aber die nächste Hälfte meines Lebens drohte dunkelschwarz zu werden. Das galt es zu verhindern, und wäre es auf skrupellose Weise. Meine Freiheit war nicht verhandelbar. Ich sah jetzt rot, ich sah jetzt nur dieses Ziel.
    Ich wartete. Wartete auf den Tag, an dem ich klar und bestimmt das Startsignal geben konnte: die drei per Handschlag angeheuerten Muskelberge auf die Frau loszuschicken, um sie – per Chloroformtuch und beulenfrei, wenn irgend möglich – in den Zustand der Bewusstlosigkeit zu befördern. Und sie lautlos und unauffällig in die Praxis zu transportieren. Zur Zwangs-Curettage, unter Vollnarkose.
    Hinterher würde ich mit ihr über den Coup plaudern. Und über meine drei neuen Freunde, ihr zugleich nahelegen, für alle Zukunft den Mund zu halten. Dann hätte sie Ruhe. Vor mir und dem stets auf Arbeitssuche befindlichen Trio.
    Der Plot war niederträchtig. Aber ich hatte gründlich abgewogen und begriffen, dass er nicht niederträchtiger war als das Vorhaben einer Frau, ein Kind in die Welt zu setzen, das nicht viel haben würde von dem, was einer braucht, um ein ganzes Leben durchzuhalten. Nur leben, nur auf der Welt sein – wie unmenschlich. Wie leben, wie auf der Welt sein , das allein entschied. Ganz abgesehen von meiner jämmerlichen Unbegabung für die Rolle des Vaters. Mir fehlte alles, auch die Bereitschaft, meine Sehnsüchte durch zwei oder – noch undenkbarer – durch drei zu teilen. Dass ich in den Augen von Lauras Freundinnen, den Stachelfrisur-Philisterinnen, nichts als nackte Ich-Sucht repräsentierte – wie unerheblich.
    Dennoch, ich zögerte. Ich hasse Gewalt. Und Gewalt gegen Schwächere hasse ich noch mehr. Ich hatte bis zu diesem Tag kein Kind und keine Frau geschlagen. Nicht ein Schatten davon. Ich fand mein Vorhaben, drei muskeldicke Hohlköpfe zu engagieren, abstoßend, armselig, ja widerlich. Auch verabscheute ich den Anblick von blauen Flecken, die von woanders herrührten als vom Eifer eines hitzigen Liebesspiels.
    Aber noch etwas störte mich: meine Eitelkeit. Ich hatte immer gedacht, dass es nichts Cooleres auf der Welt gäbe, als smart zu sein. Also mit

Weitere Kostenlose Bücher